Eine Annotation von Björn Berg


Loewenthal, Elena:

Ein Hering im Paradies

Eine Enzyklopädie des jüdischen Witzes.
Aus dem Italienischen von Claudia Schmidt.
Piper Verlag, München 1999, 304 S.

Ist das witzig, einem Juden nicht anzusehen, daß er Jude ist? Das sollten, wenn schon, Juden selbst entscheiden. Ist dies witzig, dann sollten, wenn schon, Juden selbst Witze darüber machen. Machen sie! Gute, mäßige, schlechte Witze. Von jeder Sorte sind einige in der Sammlung Ein Hering im Paradies, die sich akademisch „Eine Enzyklopädie des jüdischen Witzes“ nennt. Mit dem enzyklopädischen Anspruch hat sich die Sammlerin, Herausgeberin, Erzählerin und Essayistin Elena Loewenthal etwas aufgehalst. Sie läßt Witz nicht als Witz gelten und wirken wie so manche Anthologie jüdischen Humors. Loewenthal legt sich ordentlich ins Zeug, um eine erstklassige Lehrerin des Witzes zu sein. Sie verklickert der Menschheit, weshalb das auserwählte Volk der begabteste Ablacher auf dem ganzen Erdenrund ist. Juden sind die ersten, die über sich lachen. Sie „lachen, um nicht weinen zu müssen“. Scherz ist ihnen ein heilsames Mittel gegen Schmerz. Satire ein Aufputschmittel gegen Schwäche. Das jüdische Volk, das im Laufe der Geschichte wahrlich wenig zu lachen hatte, legte sich ein reiches Witz-Repertoire zu, um besser gegen Last und Leid und Widersacher gewappnet zu sein. Wird jüdischer Witz Weisheit, bringt er Leute vom Schlage eines Jakob - der Lügner - hervor und macht der Welt klar: „Das Leben ist schön.“ Dann bedarf es auch keiner Kommentare, die zudem die Lust zu lachen verderben. Elena Loewenthal kommentiert pausenlos. Ständig schreitet sie erklärend ein und entschärft mit ihren essayistischen Einschüben die Wirkung des Witzes. So werden die Leser vom Paradies des jüdischen Humors ferngehalten. In das kommt nur, wer nicht alles kapiert, aber um so genauer fühlt, was der Witz des jüdischen Witzes ist.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08+09/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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