Duve, Karen/Völker, Thies:
Lexikon der
berühmten Tiere
Piper Verlag, München 1999, 750 S.
Vielleicht ist Schnatterinchen wirkliche keine ausgewachsene Ente. Sicher ist Bummi wirklich kein großer, starker Bär. Was spielte das für eine Rolle? Kinder haben Schnatterinchen so geliebt wie Bummi. Millionen Kinder. Zwanzig, dreißig Millionen Kinder mehrerer Generationen, die in der DDR lebten. Wer aus jener deutschen Ecke stammt, wird im Lexikon der berühmten Tiere möglicherweise sofort nach Schnatterinchen und Bummi Ausschau halten. Kein Wort zu Bummi. Fehlanzeige auch unter dem Stichwort Schnatterinchen. Die Altkluge und Vorwitzige hat sich in den Reihen der kollektiv auftretenden Abendgrußtiere hinter Herrn Fuchs, Frau Elster und Pittiplatsch versteckt. Kein Halbsatz über die Schöpferin von Schnatterinchen, die im November 1998 verstorbene Schriftstellerin Ingeborg Feustel. Dafür tun die Verfasser des Lexikons - Karen Duve und Thies Völker - so, als wüßten sie was über die Bedeutung des Symbolvogels Friedenstaube, der in der DDR verdächtig war. Zu jung, kennen sie offenbar nicht den berühmten Vorhang des Berliner Ensembles. Die Brecht-Bühne wählte Picassos Friedenstaube als Symbol, das ein unverdächtiges Programm war. Das Tierlexikon hat seine weißen Flecken genau dort, wo es das Terrain betritt, das DDR hieß, das ein unverlierbares Teil deutscher Geschichte ist. In den Auslassungen ist das Lexikon der berühmten Tiere so gut wie viele Lexika zur deutschen Historie und Literatur, die in den neunziger Jahren im Lande auftauchten. Eine westdeutsche Biographie reicht halt nicht aus, um alle berühmten Tiere dieser Welt im Blick zu haben. Augen auf für die Welt und was da kreucht und fleucht in Asien, Lateinamerika und anderswo. Und so weiter!