Eine Rezension von Hans Hauser


Trauriges Kapitel Nachkriegsgeschichte

Bernd Maether:
Brandenburgische Schlösser und Herrenhäuser 1945-1952
Brandenburgische historische Hefte, 12.
Herausgegeben von der Brandenburgischen Landeszentrale für
politische Bildung, Potsdam 1999, 95 S.


Die Beschlüsse für den Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses lenken den Blick auf ein besonders trübes Kapitel Nachkriegsgeschichte in der sowjetischen Besatzungszone und der frühen DDR - die Vernichtung von Guts- und Herrenhäusern aus ideologischen Gründen. Unzählige intakte Wohn- und Wirtschaftsgebäude wurden dem Erdboden gleichgemacht, Flüchtlinge mußten sich eine neue Bleibe suchen. An Kunstwerken und Kulturgütern, an Bibliotheken und Archiven entstanden kaum zu beziffernde Schäden. Der Berliner Historiker Bernd Maether hat jetzt im Rahmen der Schriftenreihe der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung eine Dokumentation über das Schicksal brandenburgischer Schlösser und Herrenhäuser zwischen 1945 und 1952 publiziert. Die Bilanz steht im krassen Gegensatz zu seinerzeit verkündeten Zielen, die „Höhen der Kultur“ zu erobern. Was Bombenangriffe und Artilleriebeschuß nicht geschafft hatten, wurde im großen Stil unter dem Vorwand verwirklicht, Steine, Dachziegel, Holz und anderes Baumaterial für Neubauernstellen gewinnen zu wollen. Führende Funktionäre befahlen, möglichst viele dieser „Zwingburgen“ zu schleifen, koste es, was es wolle. Dieses Schicksal erlitten im Land Brandenburg unter anderem Bornsdorf, Cammer, Mückenberg und Uckro, wie Maether auch an Fotos vor und nach der Zerstörung zeigt. In Kunersdorf, wo sich im 19. Jahrhundert die geistige Elite Preußens traf, ging das Schloß in Flammen auf. Erhalten sind an einer Steinwand nur noch Epitaphien adliger Familien, gestaltet von solch berühmten Bildhauern wie Schadow, Rauch und Tieck. Abgefackelt wurde auch das Schloß in Görlsdorf bei Angermünde. Die klassizistische Kirche nebenan steht noch und wird von Gemeindemitgliedern wieder hergerichtet. Wenn wie im Falle des Schlosses Rheinsberg eine Nutzung als Krankenhaus oder in Oranienburg als Kaserne erreicht wurde, war das noch Glück im Unglück, obwohl auch dort kostbare Raumfassungen einem unverständlichen Erneuerungswahn zum Opfer fielen. Bis zur Unkenntlichkeit umgestaltet als landwirtschaftliche Lehrstätte wurde hingegen Schloß Paretz, Lieblingssitz der Königin Luise und Friedrich Wilhelms III. Erst jetzt wird es, soweit möglich, in seiner historischen Form zurückgewonnen und bekommt auch Teile seiner Ausstattung zurück, die von verständigen Kunstfachleuten gerettet wurden.

Hieß es im Befehl 209 des „Obersten Chefs der Sowjetischen Militäradministration“ vom 9.September 1947 über „Maßnahmen zur Wirtschaftseinrichtung der Neubauernwirtschaften“, es seien 37 000 Häuser neu zu schaffen, so wies die Zentrale der SED an, „den beschleunigten Abriß der Junkersitze durchzuführen ... Der Abriß darf nicht nur unter dem Gesichtswinkel betrachtet werden, Baumaterialien für Neubauernsiedlungen zu gewinnen; viel wichtiger ist, soweit als möglich die Spuren der Junkerherrschaft auf dem Dorfe zu vernichten.“ Kontrolleure achteten darauf, daß die Weisungen von Ulbricht, Ackermann und anderen ausgeführt wurden, dennoch gab es, wie Maether nachweist, auch Widerstand, und so entgingen manche Bauten dem ihnen zugedachten Schicksal. Mit ihren ohnehin nicht sehr langen Schutzlisten kam die Denkmalpflege gegen die aus politischen Gründen gewollte, kulturell und wirtschaftlich ganz und gar unsinnige Zerstörung nicht an, sie mußte sich anhören, es sei ja noch „sehr viel“ an historischer Substanz vorhanden. Jahrzehnte lang war das Thema tabu. Das Schweigen konnte erst nach der Wende beendet werden, und so ist noch vieles aufzuarbeiten. Maether hat dafür mit seiner Untersuchung, die entscheidende Dokumente auch im Faksimile zeigt, einen lesens- und nachdenkenswerten Anfang gemacht.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08+09/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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