Schamlos stehlen die Strategen der Werbung. Politiker lassen plündern, so oft es geht, um als Gescheite zu gelten, wenn sie einen Aphorismus, ein geflügeltes Wort, eine Weisheit fehlerlos zitieren. Alle klauen wie die diebischen Elstern, die sich auf alles stürzen, was glänzt. Auch, wenn es kein Gold ist. Ist hochkarätiges Gold zu erwarten, wenn ein Buch mit dem Titel daherkommt Aphorismen der Weltliteratur? Die erste erfreuliche oder erstaunliche Feststellung ist: Peter Handke und Botho Strauß haben endlich den Ritterschlag erhalten. Nun sind auch sie Weltliteraten! Oder doch nicht? Friedemann Spicker, der Herausgeber der anspruchsvollen Sammlung, gibt zu, einen eigenen Anspruch für den „oft vorschnell“ gebrauchten Begriff Weltliteratur geltend zu machen. Handke und Strauß zum Vorteil. Zum Nachteil des ständigen kräftigen „Sprücheklopfers“ Heiner Müller. Weil der nicht auf Linie zu bringen war? Nicht auf die, die von Schopenhauer über Nietzsche bis Strauß führt? Wenn der Herausgeber da man nicht Müller zu wenig und zu ungenau gelesen hat. Spicker unterstellen, er will einen tendenziellen geistigen Geschmack protegieren? Um das Apodiktische des Aphorismus wissend, tut der Sammler den Apodiktikern unter den Aphoristen einen Gefallen. Und somit auch der Stärkung seiner Sammlung. Wiederholtes wird nicht wiederholt. Es kommt zu überraschenden Begegnungen, wenn sich Autor und Autor, Aphorismus und Aphorismus gegenüberstehen, obwohl die meisten aus europäischen Literaturen kommen. „Alle Sprachen setzen Gold in Umlauf“, gibt uns der zu Lebzeiten unveröffentlichte Franzose Joseph Jobert mit auf den Weg. Friedemann Spicker bunkert eine Menge Gold in seinem Buch. Nicht das aller Sprachen. Nicht das aller Kontinente. Nicht das der ganzen Weltliteratur.
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