Eine Rezension von Sven Sagé

Talk der Tage

Walter Krämer: Modern Talking auf deutsch
Ein populäres Lexikon.
Piper Verlag, München 2000, 262 S.


Keene Furcht for Futscher. Schreib future! Auch dann nicht, wenn Portemonnai dann nicht mehr Portmonee, sondern Pottmonnes geschrieben wird. Oder gar nicht im Sprachgebrauch ist, weil die Geldbörse aut ist. Schreib out! Weil Schipp-karrts - schreib chip-cards! - die Mannäh-Prostiution - schreib money! - zwar nicht abgeschafft haben, doch die primitivste Form, den vulgären Käsch-Einstrich - schreib cash! Spätestens 2022 könnte so die Zukunft aussehen, wenn bevorzugte, spracheigenständige Gebiete Deutschlands - per Beitrittserklärung - 51. Bundesstaat der USA geworden sind. Womit sich für das Neuland, nun auch von der Euro-Fessel befreit, die Sorge erübrigt, von der Flutwelle der Revolution der Rechtschreibung mitgerissen zu werden. Die droht, seit frankophil gesonnene deutsche Universitäten die Brandfackel „Fucking the Anglizismen“ ins Internet geworfen haben. Als Rädelsführer der Äktschen - schreib action! - wurde ein Uralt-Achtundsechziger, der Jung-Konservative und Langzeit-Emeritierte der Dortmunder Universität, ein gewisser Walter Krämer (80), ausgemacht. Besagter betagter K. soll schon früher als fanatischer, renitenter Sprachreinhalter auffällig geworden sein. Es heißt, K. sei der Vorsitzende des inzwischen völlig vergessenen „Vereins Deutsche Sprache“ gewesen. Sozusagen ein pool-center der Primaten des german talking. Als Bibel der Verfolgten des Vereins gilt nach wie vor das vor cirka einem Vierteljahrhundert von dem gewissen Krämer verbreitete Buch „Modern Talking auf deutsch“. Ein, zugegeben, raffiniertes Täusch- und Tarnbuch, das sich selbstgefällig als „Ein populäres Lexikon“ anpries. Was in dem, von act - sprich äkt! - bis zipper- sprich sipper! - aufgeführt ist und so aussieht, als sei das die Sprachschule, die auch den Zurückgebliebensten den Zukunftsweg nicht versperrt, ist ein gemeines trojanisches Pferd. Der Ketzer Krämer verkackeierte alle und alles. Der deutschen Sprache - schwere Sprache! - wird das unterm Arsch gelegte Feuer ausgeblasen. Zum Lachen! Zum Totlachen! Und nie lächerlich! Da kann man nur noch helicoptern - wenn Sie verstehen, was ich meine! Laßt doch den Grufties ihren Lauf! Ihr Deutsch ist sowieso schon begraben. Aus der Sicht von 2022 gesehen. Was nur Alt-Revoluzzer Walter Krämer nicht wahrhaben will?


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08+09/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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