Eine Rezension von Helmut Caspar


Bodenaltertümer in Brandenburg

Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland
Band 37: Potsdam, Brandenburg und Havelland.
Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2000, 286 S.


Der Bauboom hat auch im Land Brandenburg zu großen Erdbewegungen geführt. Zahllose Bodendenkmäler, die oft seit Jahrtausenden in märkischem Sand schlummerten, kamen ans Tageslicht, oftmals waren den Archäologen nur Rettungsgrabungen möglich, weil schon die Bauleute anrückten und keine Zeit war für umfassende Untersuchungen. Was beim Verlegen von Trassen oder beim Hausbau freigelegt wurde, wirft ein interessantes Licht auf frühe Siedlungen und Gräberfelder, auf mühevollen Lebensunterhalt in karger Landschaft, beweist, daß unsere Vorfahren ein kurzes, von Mangel und Krankheit überschattetes Leben hatten. Die nunmehr 37. Folge der Schriftenreihe Führer zu archäologischen Denkmälern Deutschlands macht, verbunden mit geologischen und landesgeschichtlichen Darlegungen, mit rund 50 „Bodenurkunden“ in Potsdam und der Stadt Brandenburg sowie dem dazwischenliegenden Havelland bekannt. Das für einen weiten Leserkreis bestimmte Taschenbuch will die Akzeptanz dieser Grabungen erhöhen und zugleich das allgemeine Interesse an der Vorgeschichte fördern und außerdem neue freiwillige Helfer mobilisieren.

Die von 28 Autorinnen und Autoren verfaßte Dokumentation beginnt mit einem steinzeitlichen Rastplatz bei Friesack und endet mit mittelalterlichen Steinkreuzen, die als Sühnezeichen aufgestellt wurden, und einem Münzfund, der nach 1755 verborgen wurde und wegen des hohen Anteils an Goldstücken auf einen wohlhabenden Besitzer deutet und zu den bedeutendsten Schätzen dieser Art gehört, die je in der Region gehoben wurden. Vorgestellt werden auch Funde, die in Dallgow-Döberitz und bei der Erweiterung des Flughafens Schönefeld gemacht wurden, beschrieben sind ferner Grabungsergebnisse auf dem Güterverteilungszentrum Wustermark oder entlang der Bahntrasse Berlin-Hannover sowie Erkenntnisse, die bei der Anlage von Ortsumgehungen und in Altstädten gewonnen wurden. Aus der Landeshauptstadt Potsdam wurden der slawische Burgwall und die unter der barocken Stadt verborgenen Reste mittelalterlicher Bebauung beigesteuert, aus Brandenburg an der Havel Untersuchungsergebnisse in der Alt- und der Neustadt sowie auf der Dominsel.

Einige Objekte kennt man schon aus dem 23. Band der Reihe von 1991, der die Bodenaltertümer in Berlin und Umgebung erfaßte. Ein Vergleich mit dem das westliche Umland Berlins, auch Speckgürtel genannt, umfassenden Band 37 zeigt indes, daß die Forschung seither das Bild vom Leben unserer Vorfahren erheblich erweitern konnte. Der Verlag hofft, die Auflage von 2500 Exemplaren so bald wie möglich absetzen zu können, eine Aktualisierung des Handbuchs allerdings ist nicht geplant. Neue Ausgrabungen werden in dem Jahrbuch Archäologie in Berlin und Brandenburg dokumentiert, das im gleichen Verlag erscheint.

Nach wie vor fehlt dem Land Brandenburg ein großes Museum für die archäologischen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren. Abhilfe soll mit dem Ausbau der Ruine des Pauliklosters in Brandenburg (Havel) kommen. Das Archäologische Landesmuseum möchte sich nach seinem Auszug aus dem Schloß Babelsberg in dem gotischen Gemäuer einrichten und dort seine Grabungsergebnisse ausstellen. Das kriegszerstörte Kloster braucht unbedingt ein Dach und muß von Grund auf saniert werden, sonst ist der Verfall nicht aufzuhalten. Jedes Warten mindert die Aussicht auf EU-Mittel. Das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und das Archäologische Landesmuseum mit Sitz in Wünsdorf bei Berlin hoffen, daß Veröffentlichungen wie die neue, pünktlich zu einer Tagung des Mittel- und Ostdeutschen Verbandes für Altertumsforschung in Potsdam erschienene Nachschlagewerk der Reihe Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland hilft, die für die Mittelbereitstellung verantwortlichen Politiker für den zügigen Ausbau des Pauliklosters zu gewinnen.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08+09/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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