Eine Rezension von Helmut Caspar


Neues Leben im alten Postmuseum

Sigrid Randa-Campani (Hrsg.): „... einfach würdiger Styl!“
Vom Reichspostmuseum zum Museum für Kommunikation Berlin.

Umschau Braus, Heidelberg 2000, 230 S.

 

Einhundert Jahre nach der Eröffnung als Reichspostmuseum empfängt wieder das von Dach bis Keller renovierte Museum für Kommunikation Berlin an der Ecke Leipziger Straße/Mauerstraße im Berliner Bezirk Mitte Besucher aus aller Welt. Errichtet zwischen 1893 und 1897 nach Plänen von Ernst Hake, stellt der Postpalast mit einer riesigen Gigantengruppe auf der Attika ein bemerkenswertes Zeugnis gründerzeitlichen Selbstbewußtseins dar, wurde er doch in einer Zeit gebaut und eingerichtet, als die Schaffung moderner Kommunikationsstränge und effektiver Verkehrsverbindungen fürs wirtschaftliche Überleben und übrigens auch in militärischer Hinsicht wichtig waren.

Das vorliegende Buch zu einer bis August 2000 laufenden Ausstellung über die Biographie des zum Museum für Kommunikation umgestalteten alten Postmuseums beschreibt die Aufgaben, die ein solches Institut heute und morgen hat, und erzählt von Glanzzeiten und Niedergang, von Förderung und von Gefahren in den letzten einhundert Jahren. Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, galt der Bau aus der Gründerzeit in der frühen DDR-Zeit als verzichtbar und sollte in einer Periode des Neubeginns dem Erdboden gleichgemacht werden, da Stadtplaner und Architekten ihre Visionen einer neuen, grünen, sonnendurchfluteten Stadt zu verwirklichten suchten und fleißig die Abrißbirne in beiden Stadthälften geschwungen wurde. Daß dies im Falle des Postmuseums unterblieb und die Kriegsruine inwendig „nur“ ihres üppigen Dekors beraubt und in der späten DDR-Zeit Objekt denkmalpflegerischer Mühen war, ist ebenso zu erfahren wie Einzelheiten der umfassenden Sanierungsarbeit innen und außen seit der Wiedervereinigung. In deren Gefolge wurde das mittlerweile durch ein Glasdach über dem Lichthof geschützte Haus samt Sammlungen von der finanzkräftigen Museumsstiftung Post und Telekommunikation übernommen. Sie kam für die erheblichen Sanierungskosten auf, was den Berliner Senat um so mehr freute, als er keinen Pfennig in dieses neue Zugpferd der hauptstädtischen Museumslandschaft stecken mußte. Dargelegt wird auch, was es mit dem opulenten Bildprogramm des Bauwerks auf sich hat, dem Kaiser Wilhelm II. bescheinigte, es verkörpere „einfach würdigen Styl“, ein Urteil, das auch im Titel dieses informativen Bild-Text-Bandes steht. Von den Reliefs und vollplastischen Figuren, die in einer speziellen Dokumentation aufgelistet sind, ist manches nicht mehr erhalten. Bilder und Aufzeichnungen aus der Nachkriegszeit beweisen, daß vieles noch existierte, wenn auch beschädigt. Während etwa das im Lichthof aufgestellte Denkmal des Museumsgründers Stephan bilderstürmerischem Eifer zum Opfer fiel und jetzt auch nicht mehr rekonstruiert wird, obwohl es entsprechende Anstrengungen in den achtziger Jahren schon gab, konnten Stuckdecken und allegorische Figuren anhand von Originalbefunden und nach Fotos wieder hergestellt werden.

Der Leser findet neben solchen Informationen auch Darlegungen über die Sammlungsgeschichte vor und nach 1945 und einzelne Bestände, von denen besonders wertvolle und lichtempfindliche Exponate in der neu erstandenen Schatzkammer unterhalb des Lichthofs gezeigt werden. Hier sind historische Briefe sowie Postwertzeichen wie die Blaue Mauritius oder bundesdeutsche Olympiamarken zu sehen, die offiziell nie ausgegeben wurden, außerdem urtümliche Geräte zur Übermittlung von Nachrichten und Bildern.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 05/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
www.luise-berlin.de

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