Annotation von Helmut E. Günter


 

Mäckler, Andreas:
Tödlich kreativ
Ein Designerkrimi.
av Edition, Stuttgart/Ludwigsburg 1999, 208 S.

Zu einer Zeit, in der Rowohlt seine traditionsreichen schwarzen rororo-thriller sterben läßt und Ullstein sich samt wiedererweckter Gelber Reihe aus dem Krimi-Geschäft verabschiedet, startete die Stuttgarter/Ludwigsburger av Edition, ein kleiner und feiner Verlag für Architektur, Gestaltung und Fotografie, art & crime, eine beachtlich ausgestattete Hardcover-Reihe in ungewöhnlichem Format. Jan Eiks Architektur-Krimi Ausschreibung für einen Mord liegt inzwischen in zweiter Auflage vor, Uta-Maria Heym gibt einen Band mit passenden Kriminalgeschichten heraus, und der promovierte Kunsthistoriker Andreas Mäckler steuerte den ersten Designerkrimi bei.

Mäckler, der in München eine Agentur für neue Medien betreibt, ist für den Mord an dem berühmt-berüchtigten Design-Sammler mit dem anagrammatischen Namen Delsing tief ins gediegene Milieu eingetaucht, in dem raffinierte Lichtregie, edle Materialien und beinahe ungebremste Kreativität vorherrschen. Aber weshalb sollte jemand, der die schönen Dinge des Alltags entwirft (oder fälscht), nicht auch einen relativ plump ausgeführten Mord - immerhin mit einer Designer-Leuchte - vollbringen und anschließend gleich noch die Familie des Opfers auf sehr viel raffiniertere (und eben deshalb nicht sonderlich glaubwürdige) Art umbringen?

Dabei geht es unter Designern auch nur zu wie in jedem richtigen Krimi: Die zahlreichen Verdächtigen haben sich beim Opfer, dem niemand nachtrauert, in dessen letzten Stunden anscheinend die Klinke in die Hand gegeben. Die beinahe liebevoll gestalteten Herren Kommissare von der K 111, die erstaunlicherweise weder technischen noch Zeit- und Personalaufwand scheuen müssen, haben alle Mühe, sich in dieser fremdartigen Fauna von abseitigen Persönlichkeiten zurechtzufinden. Daß nicht die Designstudentin und weißblonde Amateursängerin von den „Brutalen Blondinen” Eva Dorn die Täterin sein kann, müssen auch sie relativ schnell erkennen, obwohl ihnen die Dame mit ihrem internetkundigen Freundeskreis bis hin zum filmreifen Showdown im Knopflager einigen Ärger bereitet. Die abschließende Be-Bop-Session der Bavarian Cops (mit einem Designer am Schlagzeug) tröstet einen über manche vordergründige Action hinweg.

Tödlich kreativ ist solide und ein bißchen zu geradlinig konstruiert, dafür in erfreulich korrektem Deutsch geschrieben, wobei die Dialoge stellenweise etwas gedrechselt (oder designet?) daherkommen. Die ganzseitigen Fotos von Volker Schrank erhöhen den Reiz des leuchtend gelben Buches. Auf jeden Fall wird man gut unterhalten und erfährt eine Menge über eine Branche, von der man immer geahnt hat, daß es dort wahrscheinlich zugeht wie in Mäcklers Krimi.



Berliner LeseZeichen, Ausgabe 04/2000 © Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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