Annotation von Bernd Heimberger


 

Hottinger, Mary (Hrsg.):
Mord. Mehr Morde. Noch mehr Morde
Diogenes Verlag, Zürich 2000, detebe Bd. 20030-32

Jeder mordet. Nicht nur einmal. Mal spontan. Eine Spinne oder Fliege. Mal vorsätzlich. Eine Mücke oder Maus. Manche morden professionell. Profis dürfen sich Jäger, Schlächter, Soldaten nennen. Professioneller Mord ist nicht kriminell. Kriminelle Mörder sind Laien. Die meisten Laien morden nie. Nicht ihre Frau, ihren Mann, ihre Nachbarn, ihre Kollegen, ihre Widersacher. Auch, wenn sie nicht abgeneigt sind. In Gedanken bringt jeder Mensch Menschen um. Mehr Mord muß nicht sein. Nicht im eigenen Leben. Nicht in den eigenen vier Wänden. Morde kommen täglich via Television oder Druck ins Haus. Weil's sich so angenehm lebt mit angesehenem oder angelesenem Mord, ist der Bedarf an Mord nie zu decken. Deshalb gibt's Mehr Morde. Und dann Noch mehr Morde. Sucht macht halt süchtig. Mary Hottinger hat 'ne Menge Mords-Geschichten zu den Buchakten gelegt, die sich vor Fingerabdrücken kaum retten können und niemals Staub ansetzen. Die „Kriminalgeschichten aus England und Amerika”, die sich in drei Bänden drängeln, haben die Mords-Lust der Leser derart angestachelt, daß sie wieder und wieder hemmungslos nach der Sammlung verlangen.

Die gesamte Mord-Serie ist ein Anschlag auf alle Lese-Zeit der Leser. Die Abmurksgeschichten töten mit Sicherheit auch die Stunden, die man sich fürs mordlose, aktive Leben freigehalten hat. Wie bloß von dem Mordskram Abstand halten, wenn man sich die Liste der Schreib-Feder-Maschinen-Täter ansieht: Nur keine Namen nennen?! Alle Krimi-Autoren Angelsachsens stehen eng beieinander, von Edgar Allen Poe bis Roald Dahl, die genug Leichen in den Lettern begruben. Was solide Schriftsteller animierte, schleunigst auch eine Leiche in ihren literarischen Keller zu tragen. Mord macht man leicht möglich - auf'm Papier! Wenn das kein Psycho-Mord ist, soviel Mord auf einmal!



Berliner LeseZeichen, Ausgabe 04/2000 © Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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