Annotation von Alfred Büngen


 

Belletristik


Amberg, Alexander:
Aufs Kreuz gelegt
Ein Thomas M. Marderbange-Krimi.
Klaus Bielefeld Verlag, Friedland Kr. Göttingen 1999, 114 S.

Alexander Amberg hat einen Hang für kriminalistische Unternehmen. Angelehnt an die klassischen Kriminalromanmuster - der Kritiker fühlt sich hier an jene Jahre erinnert, in denen er, ein Groschenheft in der Hosentasche, jede freie Minute seines Gelegenheitsjobs mit rascher Lektüre verbrachte -, erzählt er seine Geschichte. Ein verschwundener Journalist, ein Landstreicher als Zeuge, ein machtbewußter Bundestagsabgeordneter, kriminelle Verwicklungen, Mord, aber keine Leiche. Der Detektiv, ein alkoholisierter „Versager”, der mit seinen eigenen, unkonventionellen Methoden den Fall mehr oder weniger unglaubwürdig löst. Da geht es um Leichen, die sich in Reinigungsmitteln auflösen, um ein Bundestagsmandat, untergeschobene Potenzmittel und inszenierten Kaufhausdiebstahl. Jede Geste des Helden, jedes Wort erinnert an die großen amerikanischen Vorbilder, deren verfilmte Fassungen zur nachtschlafender Zeit als Wiederholungen für Liebhaber über Bildschirme flackern. Die Vermischung mit deutschen Verhältnissen ist gelungen, die Wirklichkeit erscheint wie eine Ironie ihrer selbst. Der Held aus vergangenen Zeiten wirkt auf dem Hintergrund deutscher Beamtenbürokratie und perfektionierter Musterfahndung deutscher Wirklichkeit als menschliche Fiktion. Amberg gibt dem Verbrechen einen Zug von Menschlichkeit, angesichts aktueller Kriminalitätsstruktur angenehm, doch leider unwirklich und zugleich doch lebensnotwendig, um Verbrechen zu verstehen, aufzuklären und verhindern zu können.

Auch das Ende bietet die Moral amerikanischer Kriminalromane aus den 60er Jahren: „,Sei vorsichtig, Tom. Dr. Fels ist zwar erledigt. Aber er ist nicht allein. Der Apparat ist mächtig, und manchen Leuten spuckt man besser nicht in die Suppe.` Ich sagte: ,Ich weiß! Aber was soll ich tun?` und stieg ein.”

Dem Autor gelingt es - konventionelle Formen und Sprache in ein lebendiges Buch umzusetzen, dessen Unterhaltungswert bemerkenswert ist. Thomas M. Marderbange kann seinen Fall gar nicht anders, als auf diese unkonventionelle Weise lösen. Er gerät nicht aufs Glatteis „moderner/realistischer” Kriminalromane. So bekommt der Schlußsatz des Buches, wie das Buch selbst, eine doppelte Bedeutung: „Ich hob den Daumen zum Zeichen, daß ich verstanden hatte, und trat aufs Gas, ganz sacht, weil die Straße höllisch glatt war.”

Ein unterhaltsamer Lesespaß für Krimifans.



Berliner LeseZeichen, Ausgabe 04/2000 © Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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