Rezension

 

Und immer vor der Nase des Gatten ...

Michael Dibdin: Schmutzige Tricks

Aus dem Englischen von Jobst-Christian Rojahn.
ECON Taschenbuch Verlag, Düsseldorf 1996, 284 S.

 

Er, der Ich-Erzähler, ist Sprachlehrer, um die Vierzig, gebildet, gutaussehend, allerdings mittellos und ohne sonderliche Karrieregelüste.

Dann lernt er das Ehepaar Dennis und Karen kennen; und damit verändert sich sein gesamtes Leben in einem atemberaubenden Tempo. Das Ehepaar ist sehr wohlhabend und führt dementsprechend ein stilgerechtes Leben in Oxford. Gleich beim ersten Abendessen verführt Karen ihn auf eine wollüstige und schamlose Weise, und nunmehr kann er gar nicht mehr von ihr lassen, obwohl sie eigentlich gar nicht so hübsch, aber sexuell ungeheuer aktiv ist. Er sagt später über sie: „Karen war als läufige Hündin großartig, aber wenn sie versuchte, menschlich zu sein, verwandelte sie sich in ein Walt-Disney-Hündchen: kitschig, vulgär und sentimental.“

Das Schlimme an der Sache ist, daß Karen nur mit ihm fremdgehen will und kann, wenn ihr Mann in der Nähe ist, wenn sie es vor der Nase ihres Mannes treiben kann. Dieses Heimliche, das Verbotene und jederzeit Entdeckbare gibt ihr den gewollten und bewußten Kick. Nach dem jähen Ende der Ehe heiratet sie der Ich-Erzähler dennoch. Aber diese ausschließlich auf Sex beruhende Beziehung bricht mehr und mehr zusammen. Schließlich geht nichts mehr. Sie werden sich immer fremder und beginnen, sich aus dem Weg zu gehen. Und mörderische Gedanken spielen zunehmend eine große Rolle. Dann trennt er sich auf eine grausame Weise von seiner Frau und wird so zu einem sehr wohlhabenden Mann.

Später lernt er noch eine begehrenswerte Frau kennen. Nun beginnt ein heilloses Verwirrspiel von Intrigen, Brutalität, von Mord, Verführung und Geldgier.

Dieses Spiel verliert der Ich-Erzähler dann auch grenzenlos. Resignierend sagt er zum Schluß: „So etwas wie die Gesellschaft gibt es im Grunde gar nicht, es gibt nur Individuen, die in einem fortgesetzten, gnadenlosen Kampf um persönliche Vorteile begriffen sind. Ich habe es nicht verdient zu verlieren, aber wenn es dazu kommen sollte, wird es ohne Klage und Bedauern geschehen.“

Der Kriminalroman Schmutzige Tricks ist im wesentlichen in einer Dreiecksgeschichte angesiedelt. Diese ist äußerst facettenreich und psychologisch sehr interessant gestaltet. Besonders die einzelnen Charaktere sind gut herausgearbeitet worden. Der Autor hat es ausgezeichnet verstanden, dem Leser den Ich-Erzähler mit all seinen Motiven und Handlungen verständlich zu machen, ihn als Hauptfigur teilweise abzulehnen oder ihn gar zu mögen. Dieses „böse Buch“, wie es der Berliner „Tagesspiegel“ bezeichnete, ist auf eine wohltuende Art und Weise ironisch und geradezu satirisch geschrieben. Es macht Freude, diesen Kriminalroman zu lesen, denn er verliert bis zum Schluß seine Spannung nicht, obwohl der Leser bereits sehr zeitig erfährt, wer da mordet und warum.

Der Autor Michael Dibdin, Jahrgang 1947, lebt heute, nach Studien in Großbritannien und Kanada sowie einer mehrjährigen Dozententätigkeit an der Universität von Perugia, in Oxford.

Bernd Sander


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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