Rezension

 

Gaunerkomödie

Peter Schmidt: Roulette

Klein & Blechinger Verlag, Elsdorf 1997, 175 S.

 

Der Gelsenkirchner Schriftsteller Peter Schmidt, bisher dreimal mit dem renommierten Deutschen Krimi-Preis des BKA (Bochumer Krimi Archiv) ausgezeichnet, übt sich dieses Mal in einer gänzlich anderen Form des Kriminalromans. Schmidt, dem attestiert wird, daß er nicht nur den deutschen Politthriller par excellence schreibt, sondern in dieser Form auch bewiesen hat, daß deutsche Autoren dazu fähig sind und die Konkurrenz der anglo-amerikanischen KollegInnen nicht zu scheuen brauchen, legt mit seinem neuesten Krimi „Roulette“ eine köstliche Kriminalgroteske vor.

Leo Wunsch, Meister der „kleinen Form“ der Kriminalität, hat sich mit Heiratsschwindel, Betrug, Kasino- und Wettmanipulationen, Scheckfälschungen und ähnlichen „Minimalismen recht und schlecht durchgeschlagen. Erfolgreichster Trick ist seine Schabennummer. Stars dieser Nummer sind dressierte, rotbraune Periplaneta Americanan - amerikanische Schaben, die zwischen 23 und 32 mm groß werden. Diese Ekeltiere und ihr Trainer werden gerne von Gastronomen gemietet, um Küche und Kundschaft der Konkurrenz das Fürchten bzw. die Flucht ohne Wiederkehr zu lehren. Ein fieser Trick, der nicht ganz unbekannt sein dürfte. Als die „Jungfrau des Verbrechens“ Wunsch auf Ernie P. Cord, eine elegante Erscheinung der Gaunerzunft an der Còte d'Azur trifft, ändert sich sein Leben radikal.

Cord, der übrigens ein abgeschlossenes Theologiestudium vorweisen kann, ist für Wunsch die Rettung aus höchster Not, wird der sympathische Kleindarsteller des Verbrechens doch von den Detektiven der Agentur Pro-Pro durch ganz Europa gejagt.

„Glauben Sie wirklich, daß es möglich ist, mit Ihrer Hände Arbeit und einem cleveren Verstand eine Million zu verdienen?“ Natürlich nicht, denn „das geht nur, wenn Sie anderen etwas wegnehmen.“ Mit dieser höchst einfachen, aber den Kern der Sache treffenden Philosophie ködert Cord seinen zukünftigen Kompagnon Wunsch. Objekt ihrer Begierde ist der Supertresor eines neuen Spielkasinos in einem mondänen Badeort an der italienischen Küste. Verraten sei nur, daß Leo Wunsch, vom Edelklasse-Gauner Cord in Outfit und Auftreten total umgestylt, nicht nur der Detektivagentur Pro-Pro ein Schnippchen schlagen kann, sondern auch dem besagten Tresor über das Herz und durch das Bett der Kasino-Besitzerin nahe kommt. Cord aber irrt leider einmal in seinem Leben, dafür aber extrem zum eigenen Nachteil. Sein Credo „Niemals Gewalt“ erweist sich als grundlegend falsch.

Roulette ist eine witzige, ironische Gaunerkomödie, pfiffig und mit Pep sowie mit Spannung ausgestattet. Einmal eine ganz andere Seite des Thrillerautors Peter Schmidt.

Thomas Przybilka


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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