Rezension

 

Hart bleibt hart

Jürgen Hart:
Felix aus der Asche - Satirische Texte aus der Spielkiste der
„academixer“

Eulenspiegel Verlag, Berlin 1996, 127 S.

 

Auf dem Bild, das die Titelseite ziert, schaut er aus, als könne er kein Wässerchen trüben. Dabei hat er's faustdick hinter den Ohren, der Erzkabarettist und Erzschelm Jürgen Hart. „Seine“ Leipziger „academixer“ gehörten zum Besten, was die DDR-Kabarett-Szene aufzuweisen hatte. Wer ihn vom Brettl nicht kannte, lernte ihn spätestens als reiselustigen Sachsen kennen, dessen Lied „Sing, mei Sachse, sing“ in manch höheren Ohren schon subversiv klang. In dem Bändchen Felix aus der Asche hat Hart tief in die Spielkiste der „academixer“ gegriffen und Texte aus den Jahren 1980 bis 1996 zusammengestellt. Über dreißig Programme und 200 Lieder hat der Nimmermüde für die spottlustige Truppe geschrieben. Eine kleine Alltagschronik ist das Buch geworden - „... für den West-Leser eine Art Nachhilfestunde in Landeskunde Ost und für den Ost-Leser ein Tagebuch der Wendungen und Wandlungen unter dem Motto: Heraus aus der Mangelwirtschaft - hinein in die Wirtschaftsmangel!“ Einer der Unterschiede ist zum Beispiel: Früher konnte ein Kabarettprogramm von der Bezirksleitung - heute kann es von der Steuer abgesetzt werden.

In sieben Kapitel ist die vergnügliche Unterweisung gegliedert. Da wird Klartext geredet, wie es war, „Als wir noch die Vorwende hatten“, bilanziert, „Wie wir die Vergangenheit bewältigten“ und „Wie wir die Demokratie erlernten“, es gibt Kunde „Wie wir den ökonomischen Aufschwung wagten“, „Wie wir unsere Verkehrsprobleme lösten“ und „Wie wir Rechtsstaatlichkeit erlangten“. Zum guten Ende der Ausblick „Wie wir Europäer wurden“. Da sieht man doch gleich, worüber sich Hart so seine Gedanken macht. Und Aufklärung tut not. Noch dazu, wenn sie mit soviel Witz und Biß betrieben wird. Hart ist hart geblieben. Der Spiegel, in den er uns schauen läßt, ist blank geputzt. Ob Anpassertum, Parteienkungelei, blühende Landschaften, deutsche Überheblichkeit oder Ausländerhaß - Themen, bei denen der Leser ganz schön ins Nachdenken kommen kann. Beliebigkeit ist seine Sache nicht. Und an Stoff für Satiren herrscht hierzulande kein Mangel. Im Gegenteil: Manchmal läßt sich die Realität kaum durch Satire überbieten. Ein Glanzlicht die Szene „Treulich geführt“, ein hintersinniger Dialog zwischen Frau Greul und Herrn Beul um die Sanierung eines Betriebes. Ein Schelm, der Arges dabei denkt! Wenn von Leipzig die Rede ist, läßt es sich kaum vermeiden, daß auch Pleitier Schneider und die Banken ins satirische Visier genommen werden. Schier unerschöpflich scheinen die Geschichten um den Trabbi zu sein, der durch die Wende zum Kultauto des Ostens avancierte.

Es liegt in der Natur der Sache, daß Pointen von Kabarettexten, oft auf einen aktuellen Anlaß geschrieben, von der Zeit überholt sind. Hart versucht dem zu entgehen, indem er bisweilen zu Texten und Liedern aus der Vorwendezeit eine Fortsetzung schreibt. Über die Unterschiede „Was der DDR-Bürger braucht“ von 1986 und „Was der Ossi braucht“ im Jahre 1991 sollte sich jeder seinen Reim selber machen. Aufgelockert wird das Bändchen durch flotte Sprüche, so in der Art: „Der Optimismus in Ostdeutschland ist allgemein größer geworden: Früher dachten wir, daß es uns in fünf Jahren besser geht, heute denken wir, der Aufschwung kommt in zehn Jahren. Nun, das ist doch ein wesentlich größerer Optimismus.“

Gudrun Schmidt


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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