Eine Rezension von Bernd Heimberger

Geschmäcklerisches genießen

Patrick Remy (Hrsg.): Desire
Gerhard Steidl Verlag, Göttingen 2001, 224 S.

Das ist klassische fotografische Stilkunde. Das heißt, Motive, Modelle werden arrangiert. Dem Detail wird Vorzug vor der Totale gegeben. Licht und Schatten werden eingerichtet, um das schöne Spiel von Licht und Schatten zu inszenieren. Alle technischen Tricks werden aufgewandt, um Aufnahmen zu ermöglichen, die mit malerischen Bildern konkurrieren wollen und können. So entstehen Fotobilder, die an fotorealistische Bilder denken lassen. Gut geeignet für eine Fotogalerie.

Zusammengebracht hat sie Patrick Remy, der als Herausgeber von Fotobüchern fürs Gefallen eine glückliche Auswahlhand hat. Desire heißt eine neue, von ihm angelegte Sammlung, an der achtzig Fotografen aus aller Welt beteiligt sind

Desire heißt Verlangen. Verlangen muß man nicht zuviel von diesen Fotos vom Verlangen. Außer man ist auf das Kunstvolle im Sinne des Künstlichen aus. Auf das, was aus der Fotokunst nicht unbedingt das Kunstfoto macht, das als künstlerisches Foto Furore machen will. Manches in dem Band läßt sich genießen, wie Geschmäcklerisches genossen wird. Gewissermaßen als Nachspeise, die nicht sein muß, doch das Ganze abrundet.

Manchem wird vermutlich schon beim ersten Ansehen das Nachsehen gegeben, indem kein großer Wert auf Nocheinmalsehen gelegt wird. Das Verlangen, das Phantasie besser auszulösen vermag als Wirklichkeit, bleibt öfter auf der Strecke. Die Phantasiefotos machen eine Wirklichkeit möglich, die Wirkliches schöner macht als es schön ist. Wer will leichtfertig auf Schönes verzichten, das das Verlangen nach noch mehr Schönem steigert? Schön, wer nicht mehr verlangt und das kritische Verlangen runterschluckt wie übersüßen Kaffee! Schmucke, schöne Fotos schmecken süß.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

zurück zur vorherigen Seite