Eine Rezension von Bernd Heimberger

Genuß ohne Gähnen

Jordan Meijas: Amerika
Ein Porträt in Porträts.
Fotos von Abe Frajndlich u. a.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 2000, 319 S.

Jedem geht's, wie es jedem geht, wenn das Stichwort Amerika fällt. Niemand denkt sofort an Kolumbien, Kuba oder Kanada. Amerika, Amerika sind die USA! Das Klischee „greift“. In jedem Grips. Den der Büchermacher nicht ausgenommen. Ohnehin haben sie enormen Anteil daran, daß das Klischee funktioniert.

Also keine allzu großen Hoffnungen hegen, wenn der Band Amerika. Ein Porträt in Porträts ins Blickfeld gerät. Wem das Klischee sowieso nicht mißhagt, dem wird die Sammlung der feuilletonistischen Personen-Porträts des Publizisten Jordan Meijas eine Genugtuung sein. Meijas' Amerika ist das flackernde, glitzernde Glamour-Amerika. Nahezu sämtliche gezeigten Gesichter sind uns in den letzten Jahrzehnten via Gazetten, Kinos, Fernsehbildschirm widerfahren. Das Buch spekuliert aufs Wiederbegegnen mit den Berühmt-Bekannten. Die arme Sau, deren Wohnort ein U-Bahn-Schacht ist, paßt so wenig in Meijas' Gruppenbild von Amerika wie jederfrau/mann von der Straße oder die Spaziergänger an den Stränden von Florida und Kalifornien. Die Sammlung stabilisiert Klischee-Ansichten von Amerika. Ein Porträt Amerikas, sprich der USA, ist das Buch nicht d a s Amerika-Porträt ?

Jordan Meijas, der mit einem prächtig entwickelten Sinn für Information und Unterhaltung schreibt, der um Ojektivität bemüht ist und Subjektivität nicht vermeidet, gönnt den Lesern kein Gähnen. Mit Genuß sind die Wort-Porträts ebenso wahrzunehmen wie die fotografischen. Feststellen wird man, die oder den noch nie so gesehen zu haben. Lassen Sie sich überraschen! Auch ein Klischee ist nicht in allem Klischee. Niemand ist genötigt, ein „Spitze. Einfach super!“ zu schmettern, wie im Liberace-Porträt artikuliert. Manchmal gibt's Klischee mit Sahne!


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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