Eine Rezension von Bernd Heimberger

Schimpf mit Schande

Jutta Falke/Ulrich Kaspar (Hrsg.): Politiker beschimpfen Politiker
Reclam Verlag Leipzig, Leipzig 2001, 266 S.

Nicht jede Aktualisierung macht das Aktuellste aktuell! Vorausgesetzt, aktuell wird das Gelungen-Beständige genannt und nicht das Beliebig-Gegenwärtige. Die mit Schadenfreude verschlungene Publikation Politiker beschimpfen Politiker nimmt mit jeder Aktualisierung mehr Schaden. Schön schimpfen muß man schon können. Nicht jede Kratzbürste bringt’s zum Meister und wird ein Klassiker der Schimpfkanonade. Die Wehners, Strauß’, Lambsdorffs, Blüms haben sich an ihren eigenen Bonmots aus dem Morast der Politik gezogen und die Ausbildung des Nachwuchses in den parlamentarischen Niederungen sträflich vernachlässigt; keiner, der eine Beschimpferschule begründet oder gegründet hätte.

Die nach- und aufgerückten Beschimpfer und Beschimpften sind schwach im Fach Schlagabtausch. Witzig sind sie als unfreiwillige Komiker, deren Witz aus einem Mangel an Unlogik gemacht ist. Kein gutes Haar am gefärbten Haar des aktuellen Kanzlers zu lassen, heißt, Haarspalterei zu betreiben, doch auch die Kunst zu vernachlässigen, auf einer Glatze eine Locke zu drehen. Zu viele Sätze der Neuen und über die Neuen, die meist gar nicht so neu sind, sind schwätzerische Sätze. Schimpf und Schande über die Schwätzer, die ihre glattgeschliffenen Sätze in die Tages-Talk-Shows absondern. Ausgenommen die eine deutsche Politikerin der Neuzeit, die niemand in zehn Sekunden in den Griff bekommt, weil sie in zehn Sekunden alles und alle im Griff hat. Die Rede ist von Regine Hildebrandt. Die kann schimpfen. Über die kann geschimpft werden. Den Leuten streift’s die Hausschuhe von den Füßen. Regine, die schnellste politische Schnauze des Landes, wird rausgehalten aus dem Band.

Ach ja, er ist ja aktualisiert, der Band, und Hildebrandt keine politische Gefahr mehr. Mit Empfehlung: „Die undamenhafte Dame wäre der einzige aktuelle weibliche Klassiker der Ausgabe, falls mal wieder etwas aktualisiert wird.“


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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