Eine Annotation Bernd Heimberger

Vietta, Silvio (Hrsg.):
Das literarische Berlin im 20. Jahrhundert
Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 2001, 275 S.

Dieses junge Buch – Ausgabe März 2001 – sieht alt aus! Nicht erst heute, veraltete Angaben (Deutsches PEN-Zentrum-Ost) und Adressen (Neue Gesellschaft für Literatur), nicht nur im ohnehin bescheidenen Informationsteil, machen den Band Das literarische Berlin im 20. Jahrhundert wenig nützlich. Hinter dem enormen Anspruch des Titels hinkt der Inhalt hoffnungslos hinterher. ‚Literarisches im 20. Jahrhundert in Berlin‘ wäre ein halbwegs akzeptabler Titel für das tatsächlich Gelieferte gewesen. Auf einzelne Ereignisse und Ergebnisse des „literarischen Berlin“, während der ersten drei Jahrzehnte des Jahrhunderts konzentriert, wird eine wacklige Chronik gezimmert. In den nachfolgenden Kapiteln hat die Chronik keine Chance mehr. Kläglich und kärglich sieht aus, was aus der zweiten Nachkriegsgeschichte geklaubt wurde. Fallbeispiele - Brecht und Müller, Ch. Wolf und Johnson – müssen herhalten, damit was zur Literatur in Berlin nach 1945 abgesondert werden kann. Das literarische Berlin is ausjeblend! Nix von Fuchs bis Schnurre, Kunert bis Knobloch. Keen Kreuzberg, keen Prenzlauer Berg. Zusammengekratztes aus den neunziger Jahren. Vergessen Sie Brussig!

Als Berlin-Literatur-Buch ist das Buch ein einbruchsicheres Eis. Das Buch sieht zwar besser aus, ist jedoch nur eine Sammelmappe seminaristischer Arbeiten „des Studiengangs Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis an der Universität Hildesheim“. Alles Ansätze für Aufsätze oder Aufsätze für Ansätze. Die Frage ist offen: Wat is’n dit, dit literarische Berlin? Schöne Sache? Gut für’n schnieken Schmöker? Läßt sich was machen aus den studentischen Spickzetteln? Der Band sieht nach Ach und Krach aus. Sage keiner, das sei nicht typisch Berlin!


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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