Eine Annotation von Helmut Eikermann

Simenon, Georges:
Die Zeit mit Anaïs
Roman. Aus dem Französischen von Ursula Vogel.
Diogenes Verlag, Zürich 2001, 224 S. Georges

Simenon ist der Meister des (schnellgeschriebenen) Krimis. Simenon ist geistvoll und zeitlos. Simenon unterhält. An derlei Sätze denkt man unwillkürlich, liest man diesen Roman aus dem Jahr 1950, der nicht einmal ein echter Krimi ist. Gewiß, da wird jemand ermordet, und es findet eine Untersuchung statt, aber der Täter, der sich auf den ersten Seiten zu dem Verbrechen bekennt, steht von vornherein fest, und die Jugendzeit mit Anaïs, der er seine ersten Liebeserfahrungen verdankt, liegt lange zurück.

Nein, das ist kein Krimi nach irgendeinem Schema. Es ist die Geschichte des beinahe hilflosen Albert Bauches, der sich einmal in seinem nichtigen Leben zu einer Tat aufgerafft hat und sich nun ebenso hilflos der Polizei und der Justiz und letztlich dem Psychologen ausgeliefert sieht.

Simenon hat neben seinen Maigrets Dutzende solcher kleinen Romane und Geschichten geschrieben, alle mit bewundernswert logischer Strenge und Klarheit aufgebaut (Fellini). Es lohnt sich noch immer, sie zu lesen.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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