Eine Annotation von Wolfgang Buth

Murakami, Peter und Julia:
Lexikon der Serienmörder
450 Fallstudien einer pathologischen Tötungsart.
Ullstein-Taschenbuch-Verlag, München 2000, 639 S.

Wie kommt ein Mensch dazu, in Serie zu töten, sich an seinen Opfern zu vergehen und gar ihr Fleisch zu essen? Was treibt ihn dazu, bestialisch und scheinbar ohne Motiv wieder und wieder grausam zu morden? Was ist ein Serienmörder? „Statistisch betrachtet ist der Serienkiller zu Beginn seiner Morde zwischen 16 und 24 Jahre alt, männlich, weiß, Einzelgänger, lebt zu Hause und ist meist nur bei einem Elternteil, der Großmutter oder in ähnlichen ‚Ersatzfamilien‘ aufgewachsen. Er hat Probleme in der Schule bzw. mit der Arbeit und kompensiert eine Minderleistung mit abweichendem Verhalten und Kriminalität wie Brandstiftung oder Tierquälerei. Häufig sind Serienmörder in ihrer Kindheit selbst Opfer von sexuellem Mißbrauch ... geworden.“ So versuchen die beiden Autoren Peter und Julia Murakami in der Einleitung ihres Lexikons den Typ des Serienmörders wissenschaftlich zu definieren. Im Vorwort stellt der Wissenschaftler Prof. Dr. Frank-Rainer Schurich fest, daß in einem normalen vielbändigen Lexikon Serienmörder nicht zu finden sind. Warum dieses Informationsdefizit? „Dahinter mag die moralisierende gesellschaftliche Vereinbarung stecken, daß die bestialischen Täter nicht auch noch, sozusagen als ‚Lohn der Grausamkeit‘ ..., einen Platz im Wissensolymp der Menschheit beanspruchen dürfen.“

Das Interesse an den blutigen Taten ist aber trotz dieser Lücken in den Nachschlagewerken ungebrochen und wird durch die moderne Informationsindustrie permanent wachgehalten bzw. angestachelt. Das Ergebnis: Serienmörder wie Fritz Haarmann, Jürgen Bartsch, Jeffrey Dahmer oder Marc Dutroux sind Millionen Menschen bekannt, und die Verbrechen, die sie begingen, gab es schon immer. Das Lexikon der Serienmörder dokumentiert sachlich und jenseits aller Verherrlichung die Straftaten von 450 Serienmördern weltweit. Dabei werden soweit wie möglich die Biographie, die Motive sowie forensische Eigenheiten des Täters wiedergegeben und auch soziologische, kriminalpsychologische sowie Fahndungsmethoden sowie das Erstellen von Täterprofilen berücksichtigt. Neben mysteriösen Mordserien, die bislang nicht identifizierten Tätern zugeordnet werden, sind auch historische Serienmörder aufgeführt.

Die Aufteilung nach Kontinenten ermöglicht es, das Vorkommen des jeweiligen Tätertyps lokal und auch zeitlich einzuordnen und die soziokulturellen Aspekte wie auch die Rechtssysteme mit einzubeziehen. Hier zeigen sich große Unterschiede beim Strafmaß: Straffreiheit bzw. Einweisung in eine psychiatrische Klinik; lebenslängliche Freiheitsstrafe; Todesstrafe.

Peter und Julia Murakamis Lexikon der Serienmörder dürfte vor allem Kriminalisten und kriminalhistorisch-psychologisch interessierte Leser ansprechen.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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