Eine Annotation von Licita Geppert

cover Guillou, Jan:
Die Krone von Götaland
Ein Roman aus der Zeit der Kreuzfahrer.
Aus dem Schwedischen von Holger Wolandt.
Piper Verlag, München 2001, 479 S.

Dieser Roman ist der dritte Teil einer Romanfolge des schwedischen Autors und Journalisten Jan Guillou, deren erste beiden Titel Die Frauen von Götaland und Die Büßerin von Gundhem der Rezensentin leider noch nicht bekannt waren, die sie aber nunmehr unbedingt lesen wird.

Den zeitlichen Rahmen bildet die zweite Hälfte des zwölften Jahrhunderts, eine Epoche, während der in Nordeuropa die Grundlagen für die heute bekannten Staatsgebilde entstehen sollten. Es ist gleichzeitig die Epoche der Kreuzzüge, eine Etappe, in der das Heer Sultan Saladins die Christen vernichtend schlägt und zurückdrängen kann.

Zwanzig Jahre hatte der Held der Trilogie, der legendäre Tempelritter Arn Magnusson, im Orient bekannt als Arn von Gothia, auf Kreuzzug im Orient verbracht, als er 1192 zu seiner Geliebten Cecilia Algotsdotter zurückkehrte, um sie zu heiraten. Die Jahre des Kampfes im Heiligen Land waren seine Buße für sein Liebesverhältnis zu Cecilia, dem der gemeinsame Sohn Magnus entstammte. Die Liebe zu Cecilia hatte er über die gesamte Zeit im Herzen bewahrt und jeden Abend die Heilige Jungfrau um Schutz und Beistand für sie alle drei angefleht. Anscheinend lag wirklich der Segen der Jungfrau über ihnen, denn auch Cecilia erwartete Arn nach so vielen Jahren noch immer sehnsuchtsvoll.

Aus der bunten, lauten, quirligen, aber auch grausamen und blutigen Welt Arabiens kommend, trifft Arn in Götaland auf ebenso heftige Machtkämpfe und politische Intrigen. Die kleine Welt seiner Kindheit hat sich verändert. Zwar ist mit Knut Erikson sein alter Jugendfreund aus dem Geschlecht der Eriker König, dessen Berater aber ist der mächtige Jarl Birger Brosa aus dem Geschlecht der Folkunger, der Onkel von Arn Magnusson. Die Hochzeit mit Cecilia soll nach Birger Brosas Willen politischem Kalkül zum Opfer fallen, Cecilia selbst ihr Leben als Äbtissin im Kloster verbringen. Aber die Liebenden, die ihre Liebe über zwanzig Jahre hinweg bewahren und verteidigen konnten, schaffen es mit Hilfe ihrer Freundin, der Königin Cecilia Blanka, und einiger Raffinesse, ihre Verbindung endlich zu legalisieren.

Die Machtkämpfe jener Zeit entwickelten sich in einem ständigen Hin und Her zwischen den beiden mächtigen verfeindeten Sippen: den Sverkern und den Erikern. Nach seiner Rückkehr baut Arn Magnusson auf dem abgelegenen Hof Forsvik, seiner Morgengabe für Cecilia, eine schlagkräftige leichte Reiterei auf. Arnäs, die Burg seines Vaters, läßt er erweitern und befestigen, so daß sie notfalls der ganzen Sippe über lange Zeit als Zuflucht im Kriegsfall und bei Belagerung dienen kann. Mit Arn kamen zahlreiche Fremde an den Vättersee, die sich für einige Zeit seinem Schutz anvertraut hatten und ihm als Gegenleistung beim Aufbau von Arnäs und Cecilias Hof Forsvik zu einer eigenen Siedlung halfen. Sie brachten zahlreiche neue, in Götaland völlig unbekannte Techniken und Gewerke mit. Der Festungsbau orientierte sich an dem modernsten Wissen der Zeit, das nicht zuletzt das Ergebnis der ein Jahrhundert währenden Kreuzzüge war. Arabische Heilkunst half zahlreiche Leben zu retten, Glasbläserei, Filzherstellung, Stahlbearbeitung und Waffenherstellung waren nicht nur zur eigenen Versorgung wichtig, sondern sorgten auch für wertvolles Handelsgut. Arns Vorstellung, daß Handwerk und Handel für die Erhaltung des Friedens ebenso wichtig seien wie eine gut ausgerüstete und geschulte Ritterschar, setzte sich in seinem Heimatland nur langsam durch, aber der Erfolg gab ihm recht. Auf diese Weise erstarkte die Folkungersippe in ungeahntem Maße.

Birger Brosa hatte nach dem frühen Tod König Knuts dessen schärfstem Widersacher Sverker Karlsson die Krone versprochen unter der Zusicherung, daß dieser die Macht nach seinem Tode an den rechtmäßigen Thronerben Erik Jarl, den Sohn von König Knut, weitergebe. Dies war solange ungefährlich, wie Sverker ohne eigene Nachkommen blieb. Daher war es ein großer Fehler, daß Birger Brosa kurz vor seinem Tode aus unerfindlichen Gründen seine eigene Tochter Ingegerd mit Sverker vermählt hatte, die diesem einen Sohn und Erben gebar, womit die Karten im politischen Intrigenspiel neu gemischt werden mußten. Es kam zu den unvermeidlichen kriegerischen Auseinandersetzungen, in denen die Folkunger ihre Überlegenheit selbst gegenüber dem dänischen König Waldemar dem Sieger beweisen konnten. König Eriks Krone war gesichert. Der Sieg aber war teuer erkauft. Viele Kämpfer der Folkunger und ihrer Verbündeten hatten auf dem Schlachtfeld das Leben gelassen. Der große Tempelritter Arn starb an einer zunächst scheinbar unbedeutenden Verletzung einen schleichenden Tod. Seinem Enkel Birger Magnusson nahm er auf dem Totenbett das Versprechen ab, die neue Hauptstadt des Reiches von der entlegenen Burg Näs im Vättersee an einen zentralen Ort zu verlegen. So wurde Birger Jarl später bekannt als der Gründer Stockholms.

Leider ist nicht ersichtlich, inwieweit die Fakten verbürgt sind, obwohl davon ausgegangen werden kann, daß der Handlungsrahmen den historischen Überlieferungen entspricht. Die einprägsam gestalteten Figuren, lebendige Darstellungen, pointiert-knappe Schilderungen, Gefühl für Details und Szenerie machen das Buch zu einem Leckerbissen für die Freunde des historischen Romans.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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