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Peter Wruck

Welches Preußen?

Fontanes Auseinandersetzung mit seinem Liebling Friedrich August
Ludwig von der Marwitz*

Marwitz - ein Name, dem man nicht selten begegnet, wenn preußische Traditionen heraufzubeschwören sind. Er hat sogar Prominenz erlangt; die höchsten Repräsentanten der Bundesrepublik haben sich auf ihn berufen - Theodor Heuss, Richard von Weizsäcker und jüngst wieder Johannes Rau. Auch das Haus Hohenzollern, vertreten durch den Prinzen Wilhelm-Karl, steht nicht zurück.1

Eigenartig, daß sie sich alle an ein und denselben Punkt halten: Sie zitieren die Inschrift eines Grabsteins, der sich in der Kirche von Friedersdorf befindet, einem Dorf am Rande des Oderbruchs, wo die Marwitze seit dem Ende des 17. Jahrhunderts ansässig waren. Der Stein hat dort die Zeiten und die Kriegszerstörungen überdauert. Die Worte, die er trägt, gelten einem der vielen Offiziere - Fontane spricht von mehreren hundert, darunter acht Generale - , die das uradlige Geschlecht von der Marwitz den brandenburgisch-preußischen Monarchen stellte. Sie lauten: „Er sah Friedrichs Heldenzeit und kämpfte mit ihm in allen seinen Kriegen. Wählte Ungnade, wo Gehorsam nicht Ehre brachte.“

Dies ist das Fazit aus einem Vorgang von anekdotischem Zuschnitt, den Fontane wiedergibt, als er im Band Oderland seiner Wanderungen durch die Mark Brandenburg auf Schloß Friedersdorf und dessen Besitzer eingeht. Der Streitfall trug sich im Siebenjährigen Kriege zu; man schrieb das Jahr 1760.

„Der König hatte nicht vergessen, daß es sächsische Truppen gewesen waren, die das Jahr vorher Schloß Charlottenburg geplündert hatten, und voll Begier nach Revanche gab er beim Einrücken in Sachsen sofort Befehl, Schloß Hubertusburg (dasselbe, das später durch den Friedensschluß berühmt wurde) als Repressalie zu zerstören; das Mobiliar des Schlosses sollte dem plündernden Offizier zufallen. Der Befehl zur Ausführung traf unsern Marwitz, der damals Oberst war. Dieser schüttelte den Kopf. Nach einigen Tagen fragte ihn der König bei Tisch, ob Schloß Hubertusburg ausgeplündert sei? ,Nein‘, erwiderte der Oberst. Eine andere halbe Woche verging und der König wiederholte seine Frage, worauf dieselbe lakonische Antwort erfolgte. ,Warum nicht?‘ fuhr der König auf. ,Weil sich dieß allenfalls für Offiziere eines Freibataillons schicken würde, nicht aber für den Commandeur von Seiner Majestät Gendarmes.‘ Der entrüstete König stand von der Tafel auf und schenkte das Mobiliar des Schlosses dem Obersten Quintus Icilius, der bald darauf alles rein ausplünderte.“ Die Konsequenzen blieben nicht aus. „Bei allen Revuen nach dem Frieden war nun der König immer höchst unzufrieden, andere Offiziere wurden dem tapfern Gendarmenobersten vorgezogen, und Marwitz forderte seinen Abschied.“ Aber die Sache zog sich hin, und die Kränkungen hörten nicht auf, bis sich der standhafte Ehrenmann endlich doch durchsetzte.2

Man hat es mit einem Griff nach dem Widerstandsrecht zu tun. Theodor Heuss erblickte darin nicht weniger als die „moralische Substanz Preußens“. In diesem Sinne ist der Denkspruch des Grabsteins, der vermutlich durch Fontane in Umlauf gesetzt wurde, dann von einem zum anderen weitergereicht worden. Die Genugtuung verleugnet sich nicht, mit der hier eine eklatante Befehlsverweigerung auf die höchste sittliche Rangstufe gehoben und einem notorischen Einzelfall exemplarische Bedeutung für das Ganze beigemessen wird. Unverkennbar tritt darin der Wunsch nach einem „anderen Preußen“ zutage. Der Ausdruck wurde eingeführt von Hans-Joachim Schoeps3, der auf einen Topos zurückgriff, welcher im Hinblick auf ein „anderes Deutschland“ oder „anderes Amerika“ nichts Ungewöhnliches hatte, aber immer noch gehörige Überraschungskraft entwickelt, wenn mit seiner Hilfe, wie jüngst gesehen, sogar „Der andere Geist von Potsdam“ herbeizitiert wird.4 Das „andere“ meint in solchen Fällen stets ein besseres, das geeignet und dazu gedacht ist, einer pauschalen Verurteilung den Boden zu entziehen und sie ihrer Einseitigkeit wegen zu disqualifizieren. Insoweit harmoniert der Ruf nach dem anderen mit dem Ruf nach dem ganzen Preußen, die beide den Tenor der ungehemmten Preußen-Renaissance bilden, die gegenwärtig um sich greift und tendenziell Erinnerung mit Vergessen paart. Das heißt, sie verhält sich überwiegend, wenn auch nicht ausschließlich revisionistisch zu jenem gewiß einseitigen Bild, das eine Preußenkritik hinterlassen hat, die mittlerweile ebenso wie die Sozialgeschichte dieses Staatsgebildes zurückgedrängt worden ist. Obrigkeitsstaat und Untertanengeist, Feudalismus, Militarismus und Borussismus - mit diesen Schlagworten sind auch die fundamentalen Sachverhalte von Macht und Herrschaft, auf die sie hinweisen, in der öffentlichen Darstellung und Wahrnehmung weit ins Hintertreffen geraten, während sich die wissenschaftliche und publizistische Aufmerksamkeit der Leistungsfähigkeit zuwendet, die von den Künsten und Wissenschaften, von Technik und Industrie, Verwaltung und Sozialpolitik samt deren Protagonisten und Einrichtungen im Lande Preußen an den Tag gelegt wurde. Von den Bemühungen um eine Kodifizierung der diffusen preußischen Tugenden ganz zu schweigen, die sich schon jahrzehntelang hinziehen, einer ideologiekritischen Identifizierung aber meistens aus dem Wege gehen.

Nolens volens wird man sich zu fragen haben, welche Stellung bei derartigen Umschichtungen des Geschichtsbewußtseins, die sich seit der Frühzeit der Bundesrepublik in wiederholten Schüben und damals noch gegen heftigen Widerspruch angebahnt hatten, dem „in der Wolle gefärbten Preußen“ zufällt, als der Fontane sich selber bezeichnete.5 Bereits in den sechziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts ist angenommen und erörtert, aber wohl nicht erwiesen worden, daß es gewisse Koinzidenzen zwischen der vielberufenen Fontane-Renaissance und der Preußen-Renaissance gab, die damals schon so genannt wurde.6 Die einschlägigen Jubiläen der jüngsten Vergangenheit waren angetan, dieser Annahme erneuten Vorschub zu leisten. Nehmen wir das Jahr 1998, in dem zwei hundertste Todestage zu begehen waren, der Fontanes und der Bismarcks. Aber während vom Fontane-Jahr alles widerhallte, dachte niemand daran, ein Bismarck-Jahr auszurufen. Daß die Ungleichbehandlung der beiden herausragenden literarischen und politischen Größen Zusammenhänge mit der Preußen-Renaissance aufweist, hat nur an der Oberfläche den Anschein des Widersinnigen. Denn um jenes andere Preußen zu repräsentieren, das es ja gab7 und um das es derzeit hauptsächlich zu tun ist, ist Fontane im Gegensatz zu dem „Urpreußen und Reichsgründer“8, den er bewunderte und verabscheute, geschaffen wie kein zweiter. Er fungiert in dieser Eigenschaft freilich auf affirmative, der Rehabilitierung des Staatswesens dienliche Weise, was es verbietet, ihn etwa in eine Parallele mit dem „anderen Deutschen“ Heinrich Böll9 setzen zu wollen. Diese Beobachtungen und Überlegungen drängen sich auf; es wäre angezeigt und der Mühe wert, sie bei Gelegenheit weiträumig auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen.

Doch zurück zu Marwitz - nicht ohne anzumerken, daß Fontane der Begebenheit, die er schildert, keinen Vorrang einräumt. Er läßt sie unkommentiert für sich sprechen, so daß sie lediglich als markanter Teil einer Lebens- und Familiengeschichte erscheint. Fontanes Marwitz nämlich, dem er ein Höchstmaß an Interesse und Bekenntnisfreude entgegenbringt, ist ein jüngerer, ein Neffe des „Hubertusburg-Marwitz“, dem er den berühmten Grabstein gesetzt und die Inschrift verfaßt hat. Für diesen seinen Marwitz nahm sich, wenn man so will, Fontane der entsprechenden Aufgabe an und widmete seinem Andenken das große Kernstück des Friedersdorf-Kapitels, das lapidar mit dem Namen „Friedrich August Ludwig von der Marwitz“ überschrieben ist.10

Der spielt in dem gegenwärtigen Preußen-Gedenken nun wiederum keine Rolle. Aber ein Grund, auf ihn zurückzukommen, wäre das nicht. Hat doch vor gut zehn Jahren, an der Wende der achtziger zu den neunziger Jahren, Günter de Bruyn sich seiner auf das sorgsamste angenommen. In der Reihe Märkischer Dichtergarten brachte er eine quellengestützte Neubearbeitung der Marwitzschen Memoiren unter, die den märkischen Edelmann als einen Erzähler von Rang ausweisen.11 Fontane bewahrte diesem Lebenszeugnis, obwohl ihm nur eine bruchstückhafte Veröffentlichung vorlag, bis zuletzt die höchste Wertschätzung.12 Der Herausgeber hat seine Neubearbeitung zudem mit einer wohlinformierten Lebensdarstellung versehen, bei der das biographisch-historische Interesse auf seine Kosten kommt. Und dem eher literarhistorisch interessierten Leser Fontanes steht de Bruyns Aufsatz „Mein Liebling Marwitz oder die meisten Zitate sind falsch“ zur Verfügung, der bis ins letzte Detail hinein Fontanes Beziehungen zu seinem Favoriten nachgeht.13 Er könnte also getrost den Spezialhistorikern überlassen bleiben, die sich mit der Geschichte des ostelbischen Junkertums, der preußischen Reformen oder mit den Anfängen der deutschen Parteiengeschichte befassen, in die er verwickelt war.14 Im Unterschied zu seinem Oheim entzieht er sich der Instrumentalisierung für aktuelle Zwecke.

1860, als Fontane über ihn den „Wanderungen“-Aufsatz schrieb, der hier zur Debatte steht, war das völlig anders. An Marwitz, der 1837 im Alter von sechzig Jahren verstorben war, schieden sich die Geister. Fontane war sich dessen bewußt; es verleiht seinem Text einen außerordentlichen Wert für seine Positionsbestimmung, über die wir für den besagten Zeitpunkt erst im großen ganzen verfügen. Der Marwitz-Aufsatz ist das Zeugnis einer Lebenswende, wie sie folgenreicher kaum gedacht werden kann; er markiert geradezu punktgenau Fontanes Eintritt in die Redaktion der sogenannten „Kreuzzeitung“, der einem politischen Frontenwechsel gleichkam. Die „Kreuzzeitung“ war das Organ der hochkonservativen preußischen Junkerpartei, die dementsprechend den Namen Kreuzzeitungspartei führte. Als „kleine, aber mächtige Partei“ hatte sie nach 1848 die Umgebung, die Kamarilla Friedrich Wilhelms IV. gebildet und entscheidenden politischen Einfluß ausgeübt. Jetzt sah sie sich durch die sogenannte „Neue Ära“ - den Kurswechsel seines Nachfolgers hin zu den liberalen Kräften - in die Opposition gedrängt und geriet (man kennt das ja) in eine kritische Lage; bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus mußte sie Verluste hinnehmen, die man heutzutage erdrutschartig nennen würde.

Daß Fontane sich für die Partei engagierte und dabei keineswegs gegen seine Überzeugungen handelte, ist eine ausgemachte Tatsache.15 Wie sich seine Positionsbildung zu seinem Stellungswechsel verhielt, wie sich währenddessen seine Anschauungen und Einstellungen gestalteten, bedarf hingegen der weiteren Aufklärung. Bevor ihm nach Friedersdorf zu folgen ist, um hierbei einen Schritt weiterzukommen, bleibt aber nochmals, Station zu machen. So verfuhr seinerzeit auch Fontane selbst, als er von Kriescht aus, wohin ihn das Begräbnis seines Bruders Max hingeführt hatte, zunächst den Weg nach Gusow einschlug, das wie Friedersdorf am Rande des Oderbruchs gelegen ist. Fontane suchte dort das Schloß des alten Derfflinger auf, der es unter dem Großen Kurfürsten zum Feldmarschall gebracht hatte, und vor allem die Kirche, in der er beigesetzt war.

Von den ärgerlichen Zuständen, auf die er stieß, gibt ein Passus des Kapitels „Gusow“ Nachricht, der in keiner späteren Ausgabe der „Wanderungen“ wieder gedruckt, erwähnt oder sonstwie berücksichtigt worden ist. Der Sarg und das Gruftgewölbe waren unter Verschluß genommen worden und unzugänglich, weil damals schon Andenkenjäger den Leichnam bis auf die Haut ausgeplündert hatten. Fontane nahm das zum Anlaß für folgende Bemerkungen: „Der Besucher an dieser Stelle hat ein Gefühl, daß nicht alles so ist, wie es sein sollte. Der alte Derfflinger müßte in Gusow deutlicher, leibhaftiger zu dem Reisenden sprechen, wenn nicht als Mumie (worauf wir Verzicht leisten), so doch in Erz oder Stein. Was da ist, genügt nicht. Die schöne, monumentenreiche Kirche im benachbarten Friedensdorff /!/ (einem Besitzthum der alten Familie von der Marwitz) zeigt am besten, wie man eine historische Vergangenheit zu conserviren hat. Ein Volk, dessen beste Kraft in seinem Patriotismus steckt, hat in gewissem Sinne ein Anrecht an seine großen Männer, und es ist Pflicht, eine Empfindung zu pflegen und zu nähren, an die der Ernst kommender Zeiten immer wieder sich wenden wird.“16

Der märkische Wanderer tritt uns entgegen im Habitus des Geschichts- und Gedächtnispolitikers und gibt zu erkennen, welche Anliegen er verfolgt. Seine Programmatik ist eine volkspädagogische, sie richtet sich auf die Kanonisierung der preußischen Helden, um die preußische Gesinnung zu bestärken und für die Zukunft zu gewährleisten. Die Keimform dieser Gedanken liegt übrigens bereits den „Männern und Helden“, den Feldherrnballaden der Vormärzzeit, zugrunde.17 Auch der Artikel „Preußen - ein Militär- oder Polizeistaat“ von 1849 greift auf das Volk und seine Helden zurück; in ihrer Verbundenheit bilden sie eines von Fontanes dauerhaften Denkmotiven.18

Es ist diese Gedächtnispolitik, durch die Fontane in den konzeptionellen Anfängen seiner „Wanderungen“ in Beziehung steht zu der Preußen-Renaissance unserer Tage. Natürlich mutatis mutandis; heute geht es - ausgesprochen oder nicht - um die Rückgewinnung statt um die Bekräftigung historischer Orientierungsgrößen, sei es im guten oder (weit weniger) im bösen.

Was nun Friedersdorf und Marwitz betrifft, so widmet ihnen Fontane ungleich mehr Interesse und Raum, Gründlichkeit und geistigen Aufwand als Derfflinger und Gusow. Und das, obwohl die Hauptperson alles mögliche war, nur kein volkstümlicher Held. So weit brachte es der Herr auf Friedersdorf nicht, wenn er auch ein hochverdienter Reiteroffizier war, der als Generalleutnant seine Laufbahn beendete. Wie es der Familientradition entsprach, trat er noch als ein halbes Kind in das Regiment Gensdarmes ein, das vornehmste der alten Armee, tauschte später nach Fontanes blumigem Ausdruck das Schwert gegen den Pflug, um in den bewegten napoleonischen Zeiten jedesmal, wenn für das Vaterland Gefahr im Verzuge und ein Krieg in Sicht war, opfermutig wieder zu den Waffen zu eilen. 1813 drängte er den Staatskanzler von Hardenberg, dessen Reformpolitik er verbissen bekämpfte, vergebens zum Losschlagen. Wie es dann soweit war, zog er als Kommandeur der heimatlichen Landwehrbrigade abermals zu Felde, nicht ohne sich hier und da hervorzutun, doch mit den berühmten Heerführern nicht zu vergleichen.

Fontane muß also andere Gründe gehabt haben, diesen Marwitz zur Hauptgetalt zu machen. Maßgeblich dürfte gewesen sein, daß er in seinen Augen der preußischen Gründungsgeschichte angehörte. Darauf ist ein Blick zu werfen, bevor seine Verwendung als Medium der Selbstverständigung und öffentlichen Stellungnahme Fontanes weiter verfolgt wird. Fontane datierte die Gründungsgeschichte des Staatswesens, dem er in unverbrüchlicher Verbundenheit anhing, ein wenig anders als die Historiographen. Die Krönung des Kurfürsten Friedrich III. zum König Friedrich I., auf die wir zur Zeit fixiert sind, kam darin bei ihm gar nicht vor. Fontane hielt sich an staatliche Akte von einer grundverschiedenen Art, denen er größte Bedeutung zuschrieb. Zu Beginn seiner Darstellung der „Katte-Tragödie“, eines später entstandenen Textes im Band „Oderland“, führt er sie an. Er geht aus von der Hinrichtung des Leutnants von Katte, der dem Kronprinzen Friedrich zur Flucht vor seinem despotischen Vater, dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., hatte verhelfen wollen.

Dieser Tag, an dem in der Festung Küstrin Kattes Haupt fiel, wiegt Fontane zufolge „schwerer als die Gesamtsumme dessen, was vorher und nachher an dieser Stelle geschah, und mag als das Gegenstück zu dem 18. Juni 1675 gelten, zu dem Tage von Fehrbellin. Mit diesen beiden Tagen, dem heiteren 18. Juni und dem finsteren 6. November, beginnt unsere Großgeschichte. Aber der 6. November ist der größere Tag, denn er veranschaulicht in erschütternder Weise jene moralische Kraft, aus der dieses Land, dieses gleich sehr zu hassende und zu liebende Preußen, erwuchs.“19

Am Tage von Fehrbellin hatte der Große Kurfürst unter Mitwirkung Derfflingers (und des Prinzen von Homburg) die schwedischen Truppen geschlagen und aus Brandenburg vertrieben. Dieser Sieg steht bei Fontane für die Begründung des Militärstaates. Die Hinrichtung Kattes, auf die er den größeren Wert legt, steht für den Rechtsstaat, der ohne Ansehen der Person dem Gesetz Geltung verschafft. Das Kriegsgericht wollte Gnade vor Recht ergehen lassen; der König stieß den Spruch um und bestand auf der Todesstrafe. Er erklärte:

„,Wenn das Kriegsrecht dem Katten die Sentenz publizieret, so soll ihm gesagt werden, daß es Seiner Königlichen Majestät leid täte; es wäre aber besser, daß er stürbe, als daß die Justiz aus der Welt käme.‘ Ein großartiges Wort, das ich nie gelesen habe (und ich habe es oft gelesen), ohne davon im Innersten erschüttert zu werden. Wer will nach dem noch von Biegung des Rechtes sprechen! / Es war ein grades Recht, freilich auch ein scharfes.“20

Natürlich greift Fontane beide Male zur symbolischen Überhöhung der Ereignisse. In ihrer Substanz, zu der er sich ebenfalls schon früh bekennt, werden sie dadurch jedoch nicht beeinträchtigt. Der friderizianische Militärstaat habe den Rechtsstaat nicht ausgeschlossen, heißt es 1849 in dem erwähnten Artikel über „Preußen: ein Militär- oder Polizeistaat.“21 Es sind dies offensichtlich die Grundpfeiler seiner „durchgehenden altpreußischen Gesinnung“, mit der die „Dresdener Zeitung“ ihre Ablehnung des Artikels begründete.22

Innerhalb dieser geschichtlichen Rahmenvorstellung war sein Marwitz, opfermutiger Verteidiger des Vaterlands und unbeirrter Streiter für das Recht, mithin als Altpreuße von echtem Schrot und Korn ausgewiesen und legitimiert.

Seinen historischen Rang sieht Fontane jedoch für gegeben an, weil es damit nicht sein Bewenden hat, sondern sein „Auftreten einen Wendepunkt in unserem staatlichen Leben bedeutet. Erst von Marwitzs Zeiten ab existirt in unserem Lande ein politischer Meinungskampf, eine principielle Opposition. Das achtzehnte Jahrhundert mit seinem rocher de bronze hatte in märkischen Landen überhaupt keinen Widerstand, keine Auflehnung irgend welcher Art gekannt, und die Opposition, die während der drei vorhergehenden Jahrhunderte, von den Tagen der Quitzows an bis zum Regierungsausgang des Großen Kurfürsten existirt hatte, war einfach eine Opposition des Rechts oder der Selbstsucht gewesen. Ein Ideenkampf auf politischem Gebiete lag jenen Tagen fern. /.../ Erst die französische Revolution (die englische war ohne Einfluß auf unser Land geblieben) schuf politische Ideen und aus der Auflehnung gegen den siegreichen Strom derselben, aus dem ernsten Unternehmen (allerdings von einem bestimmten Rechtsfundament ausgehend), Idee mit Idee und geistige Dinge mit geistigen Waffen bekämpfen zu wollen, gingen wahrhaft politische Parteien und ein wirklich politisches Leben hervor. / Derjenige, der vielleicht zuerst den Muth hatte, diesen Kampf aufzunehmen, war Marwitz.“23

Mit der Einreihung des Herrn von der Marwitz zwar nicht gleich unter die weltgeschichtlichen Individuen, aber immerhin unter die vaterlandsgeschichtlichen, blieb Fontane hinter seinen neuen konservativen Parteifreunden nicht zurück. Denn Marwitz war zu ihrer Leitgestalt avanciert, seit Marcus Niebuhr, der zur Kamarilla gehörte, 1852 die beiden Bände Aus dem Nachlasse Friedrich August Ludwigs von der Marwitz auf Friedersdorf, Königlich Preußischen General-Lieutenants a. D. herausgegeben hatte - nicht ohne sie zweckdienlich zu retuschieren.24 Sie wirkten, wie Günter de Bruyn bemerkt, als eine Art Parteischrift, die zeitweilig in konservativen Kreisen eine fast kanonische Bedeutung besaß.25

Es fällt auf, daß sich Fontane sogleich auf diesen Gegenstand einließ, bei dem er in seinem neuen Wirkungskreis mit einem ausgeprägten Vorverständnis und ausgeprägten Erwartungshaltungen zu rechnen hatte. Nichts war geeigneter, um sich bei der ersten Gelegenheit womöglich zu empfehlen, aber zugleich seine eigenen Standpunkte geltend zu machen. Die Daten legen solche Vermutungen nahe. Fontanes Fahrt nach Friedersdorf fiel auf den 26. Mai. Am 30. nahm er seine Tätigkeit bei der „Kreuzzeitung“ auf. Im Juli vertiefte er sich in Marwitz' Memoiren; das war zu der Zeit, als er Paul Heyse „den Sinn für das Historisch-Politische“ und „für das Preußische und seinen besondern Beruf“ absprach, ohne den man sich in Berlin nicht wohl fühlen könne.26 Am 17. September reiste er nochmals nach Friedersdorf; man hatte ihm das reichhaltige Familienarchiv zugänglich gemacht. Bis Dezember währte die Arbeit am Manuskript.

Das punktgenaue Zusammentreffen mit dem Eintritt bei der „Kreuzzeitung“ erstreckte sich jedoch vor allem aufs Inhaltliche. In bestimmtem Maße bestätigt sich Fontanes Beteuerung, er nehme eine „völlig freie, nur allzuoft gegnerische Stellung unsrem Adel gegenüber“ ein.27 Eine Abgrenzung gegen die Ultras, an denen in der Partei kein Mangel war, bedeutete es, wenn er an Marwitz die restaurativen Bestrebungen und aristokratischen Züge zurückwies, ihm aber gleichwohl bescheinigte: „nicht ein reaktionäres Wesen schuf er, nicht ein albernes Junkerthum /.../ Er war kein Reaktionär, der eifersüchtig und mißmuthig auf jeden Fortschritt geblickt hätte, er war nur mißtrauisch gegen das alleinige Recht der Neuerungen, er war der Mann des Rechtsbodens, der loyalen Opposition. Nach dieser Seite hin ihn gezeichnet, seinen hohen Werth auch seinen politischen Gegnern dargelegt zu haben, war der Zweck dieser Zeilen.“28 Sie waren den tonangebenden Konservativen ins Stammbuch geschrieben, die sich in Verkennung ihrer Interessenlage mit der 1849 oktroyierten Verfassung und dem Parteiensystem nicht abfinden wollten, für die sich Fontane mittelbar gerade stark machte. Er griff zu einem altvertrauten Bild: „Wir wünschen frischen und freien Wind in den Segeln unseres Staatsschiffs, aber wir brauchen auch den rettenden Anker, der auf tiefem Grunde mit seinem Eisenzahn uns festhält, so oft die frische Brise zum Sturme zu werden droht. Mit solchem Anker und solchem Eisenzahne haben wir es in Nachstehendem (d. h. bei Marwitz, P. W.) zu thun.“ 29

Wenn Fontane meinte, mit den moderaten Tönen, die er dem politischen Gegner gegenüber anschlug, dessen Verständnis zu finden, sah er sich freilich getäuscht. Sein Kritiker Adolf Stahr hielt ihm zwar zugute, der Wanderungsband über das Oderland sei keine eigentliche Tendenzschrift. Aber nicht zufällig löste eben der Marwitz-Aufsatz seine Entrüstung aus:

„Das Bild, welches Herr Fontane von diesem ältern Marwitz entwirft, der im guten wie im schlimmen Sinne, ,jeder Zoll ein Adelsaristokrat‘, ein Vollblutsjunker reinster Race, ein spezifischer Gegner aller und jeder Idee eines freien, selbstbewußten, nach Rechtsgleichheit und Rechtsstaat ringenden und gegen alles und jedes Geburtsvorrecht ankämpfenden Bürgertums, ein ausgesprochner Feind der bürgerlichen ,Bildung‘ und der ,Gebildeten‘ war, bezeichnet zugleich durch die Art und Weise, wie dies Verhältnis des Mannes zum ,Bürgertum‘ als teils ,erklärlich‘, teils ,entschuldbar‘ dargestellt wird, die Stellung, welche der Verfasser selbst zu diesen Dingen einnimmt.“ 30

Fontane hingegen erblickte in Marwitz die Inkarnation der besten Wesenszüge preußischen Adels. Er rühmt an ihm „die höchsten Kräfte des Menschenherzens, Treue, Pietät und Opferfreudigkeit“ und schließt mit der Mahnung: „An ernstem Streben, an Ringen nach der Wahrheit, an selbstsuchtsloser Vaterlandsliebe sei er Vorbild und Muster auch uns.“31

Die gedächtnispolitische Hochschätzung allein - das muß noch hinzugefügt werden - erklärt jedoch nicht die ungeteilte Sympathie, die Fontane Marwitz lebenslang bewahrte. Es kamen Vorzüge hinzu, die den Dichter anzusprechen und zu fesseln vermochten. Das menschliche Format war das eine, die poetische Qualität das andere, unter dessen Eindruck er an die Mutter schrieb, als er aus Friedersdorf zurückkam:

„In Gusow und Friedersdorff fand ich sehr interessante Ausbeute, besonders in letztrem Dorf. Die Friedersdorffer Kirche ist geradezu der Sanspareil unter allen Dorfkirchen die ich bis jetzt gesehen habe, nicht an Schönheit aber an historischem Interesse. Es verlohnt sich doch eigentlich nur noch ,von Familie‘ zu sein. Zehn Generationen von 5oo Schultze's und Lehmann's sind noch lange nicht so interessant wie drei Generationen eines einzigen Marwitz-Zweiges. Wer den Adel abschaffen wollte, schaffte den letzten Rest von Poesie aus der Welt.“32 Um der Verteidigung der Poesie willen, die ihm am Herzen liegt, gesellt sich in dieser oftmals angeführten Bekundung der Dichter dem Adel. Daß ihn dabei das Historische lebhafter bewegt als das Ästhetische, vermag zur Erhellung seiner poetischen Konzeption in ihrer Eigentümlichkeit beizutragen.

Die Frage bleibt, welches Preußen denn nun in Fontanes Auseinandersetzung mit Marwitz zu identifizieren ist. Die Hohenzollern-Monarchie versteht sich von selbst. Für ihr historisches Schicksal bedient sich Fontane eines statisch und katastrophisch beschaffenen Bildes, das mit dem die Zukunft ansteuernden Staatsschiff seiner Tage korrespondiert und kontrastiert. Dessen innewohnender Mobilität steht in der Vergangenheit, um zu einem Wortspiel zu greifen, eine Immobilie gegenüber, die gleichfalls dem Sturm ausgesetzt war. Jedoch:

„Der alte ständische Staat hatte dem Sturm nicht widerstanden und ein neues Haus mußte bezogen werden, wenigstens auf Probe. Möglich, daß der Zusammensturz nicht an der Schlechtigkeit des alten Baus, sondern an der Heftigkeit des Sturmes gelegen hatte; möglich das alles, aber die Verhältnisse gestatteten damals nicht, solche Möglichkeiten in Frage zu ziehen oder ruhig darüber zu discutiren. Rasche Hülfe war nöthig.“33

Gemeint sind der preußische Zusammenbruch von 1806 und die nachfolgende Regeneration des Hohenzollernstaates. „Der Untergang des alten und das Wiedererstehn eines neuen Preußen waren Weltereignisse ...“34 Mit diesen Ereignissen erledigten sich Fontane zufolge die althergebrachten und verbrieften ständischen Rechtsverhältnisse und Ansprüche, für die der vom Gegenteil überzeugte Marwitz 1810/11 ein für allemal den Kampf aufnahm. Indem Fontane dessen persönliche Untadeligkeit und die juristische Unanfechtbarkeit seiner Rechtsposition verteidigte, sicherte er dem Konservatismus, den er davon herleitete, die Legitimationsgrundlage. Dagegen setzte er seinen Helden politisch ganz und gar ins Unrecht, indem er sich ungeachtet der Schwächen Hardenbergs auf die Seite des von Marwitz und seinen Gesinnungsgenossen gehaßten Staatskanzlers stellte und das bekämpfte Reformwerk zur Rettung in der Not erklärte. Eingedenk der ungemeinen Reserviertheit, die Fontane den preußischen Reformern sonst entgegenbrachte, wird man bei dieser Ausnahme von aktuellen Absichten und einem mahnenden Beispiel auszugehen haben, mit dem er sich von den restaurativen Bestrebungen in der Kreuzzeitungspartei distanzierte. Für den gewohnten Vorabdruck wählte er allerdings nicht das eigene, sondern das „Cottasche Morgenblatt“ für gebildete Leser in Stuttgart. Scheute er zu guter Letzt vielleicht doch davor zurück, der Leserschaft des Parteiorgans nach wenigen Monaten und außerhalb seines Ressorts mit mißliebigen Grundsatzerklärungen aufzuwarten? Oder dachte er an seinen schriftstellerischen Namen beim größeren deutschen Publikum und an dessen Erwärmung für das Brandenburgisch-Preußische? Man kann es nicht wissen.

Was sich mit dem Umbruch vom alten zum neuen Preußen jedoch nicht erledigt hatte, waren der Militär- und der Rechtsstaat. Fontane teilte die Meinung, die „... von Staaten und regierenden Häusern so oft gesagt worden ist, daß sie sich nur halten und an Machtfülle wachsen können, wenn sie dem Gedanken und der Richtung treu bleiben, die ihnen zuerst zum Siege verhalf. Mit dem Fall der schöpferischen Idee fällt auch die Sache selbst, vielleicht ohne Schuld, weil die Zeit einen neuen geistigen Inhalt verlangt, aber gleichviel - sie fällt.“35

Die militär- und rechtsstaatlichen Gründungsprinzipien mußten in das neue Staatsgebäude hinübergerettet werden, ebenso wie jener Patriotismus, der das Lebenselement des neuen wie des alten Preußen bildete.

Dieses neue Preußen hatte indes eine weitere, neuartige Existenzbedingung: Um sich die Zukunftsfähigkeit zu erhalten, bedurfte es seiner Modernisierung. Dafür griff Fontane auf das englische Beispiel zurück, den Verfassungsstaat und das Zweiparteiensystem. In dem öffentlichen Vortrag über „Whigs und Tories“, den er Anfang 1860 in Berlin hielt, überläßt er es zunächst dem Publikum, die Anwendung auf eigene Verhältnisse zu machen, wenn er bemerkt: „Mögen diese Parteien einen Namen haben, welchen sie wollen, und mögen sie einem Wahlgesetz ihre Entstehung verdanken, das an Umfassendheit alle Wünsche ... befriedigt, gleichviel - die Wiederherstellung zweier Parteien, die sich bekämpfen und ablösen, wird dem Lande Ruhe, Gesundheit, Festigkeit wiedergeben.“ Er schließt mit dem bekannten Leitsatz: „Sei jeder von uns ein Whig auf dem Wege zu fortschreitender Erkenntnis, aber in des Herzens Liebe und Treue ein Tory.“36

Wie es scheint, gingen diese Vorstellungen grundlegend und dauerhaft in Fontanes Auffassung vom preußischen Staatswesen ein.37 Als er sich später mit Borussismus, Militarismus und Aristokratismus konfrontiert sah, pflegte er sie als ein Abfallen von den Grundlagen zu interpretieren. Er empörte sich, weil er in ihnen eine Degeneration der staatstragenden Kräfte und den verheerenden Verlust der Fähigkeit erblickte, im Wandel die Zeichen der Zeit zu erkennen und ihnen Rechnung zu tragen.

Anmerkungen:
* Etwas erweiterte Fassung des am 16.Juni 2001 auf dem Fontanetag des Theodor-Fontane-Kreises Zeuthen in der Theodor-Fontane-Gesellschaft e.V. gehaltenen Vortrags.
1 Vgl. die Beiträge in: Karl-Günther von Hase und Reinhold Appel (Hrsg.): Preußen 1701/2001. Köln 2001, S.11f., 23, 49
2 Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Zweiter Teil. Das Oderland. Barnim- Lebus. Berlin 1863, S. 353 f. (fortan: Oderland). Nach der Erstausgabe wird zitiert, weil die späteren Auflagen und die heutigen Editionen ihr gegenüber z. T. beträchtliche Veränderungen aufweisen. Vgl. Peter Wruck: Stichproben die Editionen und den Status der Fontaneschen Wanderungen durch die Mark Brandenburg betreffend. In: Berliner Hefte zur Geschichte des literarischen Lebens 2 (1998), S. 95- 101
3 Hans-Joachim Schoeps: Das andere Preußen. Konservative Gestalten und Probleme im Zeitalter Friedrich Wilhelms IV. Stuttgart 1952
4 Günter Wirth: Der andere Geist von Potsdam. Zur Kulturgeschichte einer Stadt 1918- 1989. Frankfurt/M. 2000
5 An Wilhelm Hertz, 27. Mai 1894. In: Theodor Fontane: Briefe. 4. Bd. Herausgegeben von Otto Drude und Helmuth Nürnberger unter Mitwirkung von Christian Andree. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1998 (fortan: Briefe)
6 Vgl. die Angaben bei Kenneth Attwood: Fontane und das Preußentum. Berlin 1970, S.11- 14. Den Gedanken an einen solchen Zusammenhang streift auch Helmuth Nürnberger: Theodor Fontane. Märkische Region und europäische Welt. Ausstellungskatalog Bonn 1993, S.113
7 So äußerte sich der DDR-Historiker Horst Bartel in der Vorbemerkung zu der Aufsatz-Sammlung: Preußen. Legende und Wirklichkeit. Berlin 1983, S. 8
8 Untertitel der Biographie von Ernst Engelberg: Bismarck. Berlin 1985
9 Heinrich Vormweg: Der andere Deutsche. Eine Biographie. Köln 2000. Der Propyläen Verlag verwendet in seiner Herbstvorschau 2001 für die Ankündigung von Gregor Schöllgen: Willy Brandt. Die Biographie ebenfalls die Überschrift „Der andere Deutsche“.
10 Es wird flankiert von einem einleitenden Teil, der sich der Lokalität und Familiengeschichte zuwendet, und einer Darstellung des hochbegabten jüngeren, in Kreisen der Berliner Romantik verkehrenden Bruders Alexanders von der Marwitz, dessen kurzen Lebensweg Fontane mit ähnlicher Eindringlichkeit nachzeichnet. Darauf kann hier ebensowenig eingegangen werden wie auf die Gestalt des Berndt von Vitzewitz in Fontanes Roman „Vor dem Sturm“, die der Autor seinem Marwitz unter den andersartigen Bedingungen einer epischen Welt teils angeähnelt, teils entfremdet hat.
11 Günter de Bruyn (Hrsg.): Friedrich August Ludwig von der Marwitz: Nachrichten aus meinem Leben 1777- 1808. Berlin 1989 (Märkischer Dichtergarten)
12 1889 und nochmals 1894 führt er auf eine Umfrage hin unter 71 Büchern, die für ihn die besten und wichtigsten waren, die Memoiren des Generals von der Marwitz an und versieht sie mit dem Vermerk „ganz vorzügliches Buch“. Theodor Fontane: Die besten Bücher. In: Ders.: Sämtliche Werke. Bd. 22, 1. Literarische Essays und Studien. 1. Teil. Nymphenburger Verlagsbuchhandlung, München 1963, S. 498 (fortan: NFA)
13 Günter de Bruyn: Mein Liebling Marwitz oder Die meisten Zitate sind falsch. In: Theodor Fontane. Herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold. Edition text und kritik, München 1998, S. 11- 29
14 Soeben ist erschienen Ewald Frie: Friedrich August Ludwig von der Marwitz 1777- 1837. Biographien eines Preußen. Paderborn u.a. 2001
15 Diese Auffassung wurde zuerst eingehend entwickelt in Peter Wruck: Preußentum und Nationalschicksal bei Theodor Fontane. Zur Bedeutung von Traditionsbewußtsein und Zeitgeschichtsverständnis für Fontanes Erzählungen „Vor dem Sturm“ und „Schach von Wuthenow“. Humboldt-Universität zu Berlin, Diss. (masch.) 1967. Zu den faktischen Umständen vgl. jetzt vor allem Hubertus Fischer: „Mit Gott für König und Vaterland!“ Zum politischen Fontane der Jahre 1861 bis 1863. In: Fontane Blätter 58- 59 (1994- 1995), S.62- 88 und 59- 84, sowie: „Zur Einführung“ von Heide Streiter-Buscher (Hrsg.): Theodor Fontane: Unechte Korrespondenzen 1860- 1865. Berlin, New York 1996 (Schriften der Theodor-Fontane-Gesellschaft 1.1), S. 1- 66
16 Gusow. (Land Lebus). In: Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Berlin 1862, S.317- 327. Hier 326 f.
17 Fontane erklärte dem Redakteur des Stuttgarter Morgenblattes für gebildete Leser: „Meine Aufgabe beim Niederschreiben aller dieser Gedichte war nur die, den poetischen Ausdruck für das zu finden, was bereits im Munde des Volkes lebt, und in diesem bescheidenen Sinne wag' ich sie volksthümlich zu nennen. Das Volk weiß vom Derffling weiter nichts, als daß er Schneider war; den alten Dessauer betrachtet es als den eigentlichen Repräsentanten der Zopfzeit; /.../ auf diese, im Volk lebenden Vorstellungen hab' ich mich gestützt; ich habe das Bild erweitert aber kein fremdes untergeschoben.“ An Hermann Hauff, 18.Mai 1847. In: Briefe. 1. Bd., S. 34
18 In dem Artikel heißt es von dem friderizianischen Preußen: „Es war die Zeit militärischen Dünkels und militärischer Übergriffe. / Und doch war das Volk glücklich; doch hing es in Liebe und Begeisterung an seinen großen Männern ...“ Preußen: Ein Militär- oder Polizeistaat? In: NFA Bd. 19. Politik und Geschichte. S. 73
19 Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Zweiter Teil. Das Oderland. Barnim- Lebus. Herausgegeben von Gotthard Erler und Rudolf Mingau (†). Große Brandenburger Ausgabe. Berlin 1996, S.299
20 Ebd. S. 339
21 Wie Anm. 17
22 An Wilhelm Wolfsohn, 11. Dezember 1849. In: Briefe Bd. 1, S. 100
23 Oderland S. 360
24 An ihre Stelle trat nach mehr als einem halben Jahrhundert eine umfangreiche Edition, die (Vorwort S. VI) „zum ersten Mal Marwitz' Denkwürdigkeiten, Tagebücher, Briefe und politische Schriften in ursprünglicher Gestalt“ ans Licht zu bringen versprach: Friedrich August Ludwig von der Marwitz. Ein märkischer Edelmann im Zeitalter der Befreiungskriege. Herausgegeben von Friedrich Meusel. Bd. 1- 2, 2. Berlin 1908- 1913
25 Günter de Bruyn (wie Anm. 10), S. 340
26 An Theodor Storm (Mitte Juli 1860). In: Briefe, S. 710
27 An Wilhelm Hertz (8. Dezember 1863). In: Briefe Bd. 2. 1860- 1878, S. 112
28 Oderland, S. 379
29 Ebd. S. 361
30 Zitiert nach dem Abdruck in: Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Erster Teil. Die Grafschaft Ruppin (wie Anm. 18), S. 591
31 Oderland, S. 386
32 An die Mutter Emilie Fontane, 28. Mai 1860. In: Briefe, S. 706
33 Oderland, S. 381 f.
34 Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg (wie Anm. 29), S. 102
35 Theodor Fontane: Whigs und Tories. In: NFA Bd. 19. Politik und Geschichte. S. 253
36 Ebd. S. 263
37 Im „Schlußwort“ zu den „Wanderungen“ sollte er 1881 Front machen gegen den „Pseudokonservatismus unseres Adels“ und dessen „naives Überzeugtsein von seiner Herrscherfähigkeit und Herrscherberechtigung, /.../ das, zum Schaden des Ganzen wie der einzelnen Teile, noch auf lange hin das Zustandekommen einer auf Prinzipien und nicht bloß auf Vorurteil und Interesse basierten Tory-Partei verhindern muß. Eine solche bedarf eben durchaus des dritten Standes.“ Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Vierter Teil. Spreeland (wie Anm. 18), S. 441


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 06+07/01 (c) Edition Luisenstadt, 2001
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