Analysen · Berichte · Gespräche · Essays

Joachim Biener

Clownhafte Züge in späten Romanen Theodor Fontanes

Die Hinwendung zu diesem Thema ergab sich aus der Literaturerfahrung, aus dem Erleben literarischer Traditionsbeziehungen, nicht etwa aus literaturtheoretischen oder spekulativ-ästhetischen Motiven. Der eigentliche Ausgangspunkt war die Gestalt Christian Buddenbrooks, des sympathischen clownhaften Außenseiters der Lübecker Patrizierfamilie. Weitere Anlässe waren Heinrich Bölls melancholischer Clown Hans Schnier und Clowngestalten Thomas Bernhards, der in einem Fernsehinterview am 19.02.1989 mit der ARD selbst clownhafte Züge trug, ähnlich wie der späte Heinrich Böll. Unterschwellig wirkten motivierend die Sympathie für clownhafte Künstler wie Heinz Erhardt als Sprechclown, Heinz Schenk als clownhafter Showmaster, Michael Heltau als Schauspieler mit clownhaftem Potential und den Theatermann August Everding als künstlerische Vollnatur, als Regieclown.

Am Anfang der Beschäftigung mit dem Thema „Clownhaftes bei Fontane“ stand auch Verwunderung darüber, daß Fontane als Mensch und sein Werk, besonders Romane der 1890er Jahre, bisher noch nicht unter dem Aspekt der Clownerie gesehen wurden. Dies liegt offenbar auch daran, daß bislang keine Fontane-Biographie diesen Charakterzug betont hat. Auch ich kann jetzt nur auf einzelne Belege aus Leben, Autobiographie und Lyrik verweisen. Obenan stehen als wichtige Beweisstücke Altersgedichte aus der zweiten Hälfte der achtziger Jahre, an der Spitze „Was mir fehlte“:

    „Wenn andre Fortunens Schiff gekapert,
    Mit meinen Versuchen hat's immer gehapert,
    Auf halbem Wege, auf der Enterbrücke,
    Glitt immer ich aus. War's Schicksalstücke?
    War's irgendein großes Unterlassen?
    Ein falsches die Sach-am-Schopfe-fassen?
    War's Schwachsinn in den vier Elementen,
    In Wissen, Ordnung, Fleiß und Talenten?
    Oder war's - ach, suche nicht zu weit,
    Was mir fehlte, war: Sinn für Feierlichkeit.“

So weit die erste Strophe des Gedichts. Es schließt mit dem Zweizeiler:

    „Suche nicht weiter. Man bringt es nicht weit,
    Bei fehlendem Sinn für Feierlichkeit“1.

Das Bekenntnis zum „fehlenden Sinn für Feierlichkeit“ ist poetisch eine Grundlage für Nüchternheit, Skepsis, Understatement (fast hemingwayhaft in „John Maynard“), Antipathos, für soupçon, um mit Stendhal zu reden, der an der Zeitenwende um 1830 erklärt hatte:

„Le génie poétique est mort, mais le génie du soupçon est venu au monde“ („das poetische Genie ist tot, aber auf die Welt gekommen ist das Genie des Argwohns, des Verdachtes“). Fontane steht also auch in der Reihe der mit Stendhal und Balzac, Heinrich Heine und Georg Büchner beginnenden Reihe der Genies du soupçon, in die sich auch Friedrich Nietzsche stellte. Seine Lieblingsbegriffe „Argwohn“ und „Verdacht“ sind sehr wahrscheinlich Anleihen bei Stendhal, den er auch sonst schätzte, als raffinierten Psychologen und wegen des realistischen Schönheits- und Glücksbegriffs.

In den clownesken Bereich verweisen auch Fontanes Verse „So und nicht anders“, besonders das Verspaar:

    „Entsagen und lächeln bei Demütigungen,
    Das ist Kunst, die m i r gelungen.“2

Damit ist die selbstironische und resignative Seite der Clownerie berührt, das Bajazzo-Lachen unter Tränen, mit dem sich Thomas Mann damals in seiner Novelle Bajazzo befaßte. Ein treffliches Beispiel für selbstironisches Mitlachen liefert Theodor Fontane jun. aus dem Alltag des Vaters. Der Sohn spricht zunächst davon, „daß mein Vater, der im Straßen- oder gar Gesellschaftsanzug recht gut aussah, im Grunde auf seinen äußeren Eindruck wenig Wert legte.“ Er fährt dann konkretisierend fort: „Eines Tages mochte sich das hintere Schnürband (der Hosenträger) aus der Schnalle gelöst haben, jedenfalls rutschten meinem Vater beim plötzlichen Aufstehen die Unaussprechlichen herunter. Über das immerhin etwas Peinliche half ich sofort mit dem Hinweis hinweg: ,Abfall der Niederlande‘! - der dankbarste Lacher war natürlich mein Vater.“3 Irgendwo, möglicherweise bei Ernst Heilborn, las ich einst, daß Theodor Fontane Lachanfälle hatte.

Ein stilisiertes Bekenntnis des alten Fontane zur Clownerie ist schließlich das Bild des Vaters, das er in Meine Kinderjahre zeichnet. Louis Henri Fontane habe einen „unvertilgbar humoristischen Zug im Gesicht“4 besessen. Mit Christian Buddenbrook teilt er die Neigung zum unpassenden Wort bei festlichen Anlässen wie zum Beispiel zu Weihnachten. Die „sokratische“, anekdotenhafte, causeriehafte Erziehungsmethode des Vaters, welcher der Sohn das Beste zu verdanken glaubt, während ihr die Mutter skeptisch gegenüberstand, grenzt an pädagogische Clownerie, wobei der „Bildling“ (Jean Paul) kräftig ulkhaft mitwirkt. Ob Louis Henri Fontane wirklich so war, wird von der neueren, „postmodernen“ Forschung bezweifelt. Der alte Fontane hat aber offenkundig den Vater als humane und clownhafte Existenz gesehen, vielleicht sogar als eigenes „eigentliches“ Wunschbild.

Bei der Ausbildung der clownhaften Tendenz spielt wahrscheinlich die rasante, zum Imperialismus hinjagende gesellschaftliche Entwicklung in den 1890er Jahren eine Rolle, die sich in den Briefen Fontanes in diesem Jahrzehnt als zunehmende Radikalisierung direkt und empört äußert. Hatte Fontane noch 1891 vorgeschlagen, den Schriftsteller staatlich zu „approbieren“5, so ist diese Illusion 1896 völlig verflogen, wenn er zum Beispiel am 17. November an Ernst Heilborn schreibt: „... Kunst ist nichts, Geheimerat ist alles. Eine Mißachtung liegt hierlandes über dem ganzen Metier, und man läßt es nur dann notdürftig gelten, wenn es sich zur Parteischuhputzerei herabwürdigt“.6

Der Imperialismus mit seiner umfassenden Verdinglichung und Anonymisierung des Lebens richtet sich vor den Künstlern und Schriftstellern wie eine riesige, undurchdringliche Mauer auf. Katastrophenstimmung erfaßt die humanistische Intelligenz. Man glaubt, auf einer „Versuchsstation des Weltuntergangs“ (Karl Kraus) zu leben. Die Welt wird zum Alpdruck. Man denke an die Künstlerbilder Picassos aus dieser Zeit, besonders an den Absinthtrinker von 1901, dem der Mund auf ewig verschlossen worden zu sein scheint (wie später Ernst Barlachs verschütteten Soldaten im Magdeburger Dom). Die sensibelsten literarischen Zeugnisse liefern aus der Zeit der Jahrhundertwende Hugo von Hofmannsthal und Rainer Maria Rilke. Hofmannsthal bekennt 1901 im „Chandos“-Brief, angesichts der abstrakt gewordenen Welt nicht mehr zusammenhängend denken und schreiben zu können. Die Worte sind ihm unbrauchbar geworden, sie zerfallen ihm im Munde „wie modrige Pilze“7.

1907 beklagt er deutlich das Ausgeschlossensein des Dichters aus der Gesellschaft. Er lungere, ohne Auftrag und Amt, im Bau der Gesellschaft „unter der Stiege, bei den Hunden“8. Rilke beklagt, „wie unpersönlich, wie über alle hin das Leid (der Entfremdung, Bie.) geschah“9. Rilkes Malte Laurids Brigge wittert „die Existenz des Entsetzlichen in jedem Bestandteile der Luft“10. Er glaubt, neu sehen lernen zu müssen. Thomas Mann definiert wohl nicht zufällig 1910 im Essay über den alten Fontane den zeitgenössischen Künstler als „Kreuzung aus Luzifer und Clown“11, der an den Rand der Gesellschaft gedrängt ist. Der Expressionismus wollte die als unüberwindbar erscheinende imperialistische Mauer durchstoßen, und zwar durch „Simultanismus im Stile“ (Theodor Däubler, Der neue Standpunkt, 1916), d. h. durch höchste formal stilistische Angespanntheit auf der Grundlage hoher moralistischer Energie, auf der Basis von Neopathetik. Poetisch überzeugender und wirksamer „Simultanismus im Stile“ trat besonders bei nicht ausschließlich expressionistischen Autoren wie Alfred Kerr, Franz Kafka und Alfred Döblin auf, in deren Werken sich naturalistische, impressionistische, expressive oder auch neusachliche Elemente mischten. Ohne konsequente Historizität war freilich die imperialistische Wand ideell nicht zu durchbrechen, wie die Dichtungen Bertolt Brechts oder der Anna Seghers beweisen. Und Fontane selbst hat in den 1890er Jahren offenkundig nicht nur das Vorgefühl, sondern bereits den Eindruck radikaler gesellschaftlicher Kunstfeindlichkeit.

Fontane ist von seiner Mentalität, von seinem künstlerischen Temperament, vielleicht sogar von seinem Vater her zum „kleinen Stil“, zur „Unfeierlichkeit“ prädestiniert; aber zur stärkeren Entfaltung der clownhaften Tendenz bedurfte es offenbar der herannahenden imperialistischen Provokation (um das Modewort „Herausforderung“ zu vermeiden). Mit dem Porträt des Vaters in Meine Kinderjahre in seiner „Eigentlichkeit“, der sich der Sohn in seiner „Eigentlichkeit“ offenbar sehr verwandt fühlte, beginnt innerhalb von Fontanes Spätschaffen eine letzte und neue Etappe.

Nach dem empirischen Ausgang von clownhaften Persönlichkeiten und literarischen Gestalten und nach der Frage nach den subjektiven und objektiven Grundlagen für die clownhafte Tendenz bei Fontane ist nun aber doch ästhetische Theorie zu befragen, speziell Theorie des Clownesken, da das Clownhafte innerhalb der Ästhetiken des Komischen als Rahmen für unser Thema bisher kaum vorkam. Dafür wurden die folgenden Untersuchungen ausgewählt:

Die Abhandlung von Fritz Usinger über „Die geistige Figur des Clowns in unserer Zeit“, als Vortrag gehalten am 25.04.1964 vor der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz. (In diesen Vortrag setzte ich große Hoffnungen, zumal er ein Jahr nach Erscheinen von Heinrich Bölls Roman Ansichten eines Clowns dargeboten worden war.) Unumgänglich war das materialreiche und zugleich konzentriert geschriebene grundsätzliche Buch Faszination Clown von Annette Fried und Joachim Keller über geschichtliche Entwicklung und Typologie des Clownwesens, das 1996 im Düsseldorfer Patmos-Verlag erschienen war.

Fritz Usinger schreibt: „Der Clown ist überhaupt nicht literarisch“,12 er habe kein Verhältnis zur Sprache. So ist es nicht verwunderlich, daß er Bölls Ansichten eines Clowns ignoriert. Dennoch spricht er preisend vom „clownischen Geist“13 in einem englischen Roman, in Lawrence Sternes Tristram Shandy: „In diesem Roman ist keine der auftretenden Personen ein Clown. Der clownische Geist ist vielmehr durch den Autor selbst vertreten, der alle Geschehnisse des Buches mit einer grotesken Unsinnigkeit durchsetzt, mit derselben, die auch das Wesen der Clowns von Bühne und Film unserer Zeit ausmacht, der Rivels, Fratellinis, des Grock, Noni, Charlie Chaplin und vieler anderer.“14

Nun hat Fontane aus dem Jahre 1873 Aufzeichnungen über den Tristram Shandy hinterlassen. Er bewundert ihn als originelle schriftstellerische Leistung, als Ausnahmebuch. Obgleich Fontane in den 70er Jahren höchstens auf dem Wege zu seiner unverwechselbaren epischen Spätentfaltung ist, so ist dennoch zu fragen, ob die starke dichterische Subjektivität, die den Tristram Shandy durchwaltet, nicht vielleicht später den subtilen und objektiveren Fontane-Ton mitgeprägt hat, vielleicht auch die „verantwortungsvolle Ungebundenheit“15, die erstaunliche Vorurteilslosigkeit des alten Fontane; Sternes „clownischer Geist“ in gehobener, sublimierter Gestalt.

Von Fried-Kellers Buch Faszination Clown führt kein unmittelbarer Weg zu Fontane. Die Typologie des Buches läßt jedoch überraschende Tangenten an Fontanes Ästhetik zu. Sie ergeben sich selbstverständlich nicht aus den Typen des sog. „Urclowns“ oder des „Maximalclowns“, diesen naiven, unreflektierten, hemmungslosen Formen der Clownerie, sondern, wie Fontane sentimentalischer Dichter im Schillerschen Sinne war, aus sentimentalischen Varianten der Clownerie, des Clownwesens wie dem sog. „Großen Clown“, dem „aufrechten Clown“, dem Sprechclown oder dem „Minimalclown“. (Die gewählten Begriffe mögen bisweilen spekulativ und gewollt wirken, sie überzeugen aber durch das in ihnen enthaltene Unterscheidungs- und Differenzierungsvermögen.)

Der „Große Clown“, der nicht mit dem körperlich entfesselt agierenden „Maximalclown“ identisch ist, ist der souveräne Clown, der auch Wünsche und Sehnsüchte des Publikums verkörpert, gleichsam wie der perspektische Poet. Er vertritt besten clownischen, ja poetischen Geist. Der „aufrechte Clown“ wird als humaner, von Melancholie erfüllter Bewahrer und Traditionalist definiert. Auch in diesem Falle sind Entsprechungen gegeben. Der Sprechclown tendiert, abgesehen von der Unmittelbarkeit und Improvisation aller Clownerie, zur Sprachbewußtheit, zur sprachlichen Virtuosität und zur Causerie in ihrer großen Spontaneität. Sogar der „Naturclown“, der naturwüchsige Clown, taucht in Fontanes Romanen in Gestalt von Originalen wie dem alten Briest, Apotheker Alonzo Gieshübler oder dem gespenstischen Royalisten Vogelsang auf, obgleich das Originelle in diesen Fällen das Ergebnis der Reibung an der Gesellschaft und nicht naturwüchsig ist.

Die größte Affinität zwischen Faszination Clown und Fontane ergibt sich indessen durch die Umschreibung des „Minimalclowns“, die wie eine Beschreibung von Fontanes demokratischem, sittenbildlichem, letztlich komödischem „kleinen Stil“ wirkt: „Die Minimierung jeder äußeren Aktivität ist mit dem gleichzeitigen Maximum seelisch-geistigen Eingelassenseins auf den Augenblick gekoppelt. Nur dann entfaltet der Minimalclown seine spezifische Wirkung: In der von ihm geschaffenen Stille, gleichsam einem Vakuum innerhalb einer von akustischem und visuellem Signalsmog vernebelten Umgebung, vermag der Zuschauer einen Entspannungszustand zu erfahren, in dem sich seine Wahrnehmungsfähigkeit schärft und seine Aufnahmebereitschaft regeneriert. Die Sensibilisierung für kleine und kleinste Regungen entfaltet sich auf der Grundlage, daß keiner etwas von ihm verlangt, ihn nicht mit netten Worten hierin lockt oder mit bösen nach dorthin vertreibt. Komisch wirkt beim Minimalclown gerade das, was alles nicht passiert, und dieses Nichts kann zu einem erholsamen Bad für das Gemüt werden ...“16

Aus Geringfügigem, scheinbar Unerheblichem etwas Bedeutendes zu machen ist ja geradezu ein clownhaftes künstlerisches Prinzip. So arbeitet Fontane in seinen späten Romanen, besonders in Die Poggenpuhls und im „Stechlin“, mit einem Minimum an äußerer Handlung. Diese dramatische Stille ermöglicht ein Maximum an epischer, geistiger, gewissermaßen minimal-clownhafter Freiheit zur diskursiven, causeriehaften Erörterung der augenblicklichen gesellschaftlichen Übergangslage. (Fontanes Romane sind eben primär präsentistische, impressionismusnahe gesellschaftliche Querschnittsromane.) In der noch offenen geschichtlichen Situation wirkt Fontane vorurteilsfrei durch maßvolle, nicht-drastische Mittel wie lebensähnliche Psychologie, Causerie, Nuancierung, Humor und Ironie, Andeutungen und Symbole sensibilisierend und befreiend. Seine späten Romane bedeuten in der Zeit zunehmender imperialistischer Tendenzen noch einmal eine Möglichkeit zum Innehalten, zum Durchatmen. Darüber hinaus gelten folgende von A. Fried und J. Keller herausgestellte Grundzüge clownhafter Motivation und Antriebe für kritisch-realistische Literatur und speziell für Fontane: 1. Rückbindung der Clownerie an ideelle Werte, 2. „aufklärerischer Impetus“17, 3. das Spielerische, 4. die außerordentliche Bandbreite des Clownesken.

Die Funktion des Clowns definieren Fried/Keller aus der historischen Erfahrung heraus so: „Seine wesentliche Funktion besteht darin, das Heilige, das Unberührbare, die Tabus anzutasten, um einer Verabsolutierung der Macht der Götter und insbesondere ihrer irdischen Platzhalter entgegenzuwirken. Hierdurch wird die Relativität jeder Norm, jeder Regel, jeden Wertes und der sogenannten Wahrheit als Interpretation von Welt evident ...“18 Der Clown erfüllt eine „klassische Gegenteilerfunktion zum Heiligen“19. Voraussetzung für seinen „aufklärerischen Impetus“ ist (Rück-)Gebundenheit an ideelle Werte, z. B. an das Ideal der Natürlichkeit. Das Natürliche ist nun auch für Fontane ein, ja das entscheidende Kriterium für Menschlichkeit. In seinen moralisch überlegenen, oft plebejischen Frauengestalten wie Lene Nimptsch, Witwe Pittelkow oder Effi Briest ist es überzeugend inkarniert.

Der Name Rousseau kommt im Buch Faszination Clown nicht vor, bei Fontane offenbar nur im Reisebuch Aus den Tagen der Okkupation. Von Rousseau-Enthusiasmus ist aber auch da nichts zu spüren. Rousseau ist offensichtlich im Werk Fontanes nicht zur bewußt wirkenden geistigen Substanz geworden, im Unterschied zu August Strindberg,20 Leo Tolstoi, Frank Wedekind und Hermann Hesse, die freilich stärkere moralistische Selbstbekenner oder gar Selbstentblößer als Fontane waren. Auch Erich Kästner ist noch von Rousseau gestreift. Vielleicht war Fontane als Dialektiker, vor allem im Unterschied zu Heinrich von Kleist, nicht unbedingt genug, um den Aufklärer aus Genf aneignen zu können.

Fried/Keller betonen immer wieder das spielerische, antiillusionistische Wesen der Clownerie. Sie ist gewissermaßen der aristotelischen organischen Einfühlungsästhetik entgegengesetzt. Sie hat verfremdenden Charakter. So sympathisierte Bertolt Brecht mit Charlie Chaplin und Karl Valentin. Fontane dagegen gilt weitgehend als Vertreter der lebensähnlichen, mimetischen Darstellung, der Gestaltung des Lebens in dessen Proportionen. Dennoch gibt es auch in seinen Werken modellhafte, parodistische, ja clownhafte Einlagen, die allerdings nicht direkt abgesetzt sind. Es seien zwei Episoden dieser Art angeführt.

Im 4. Kapitel von Irrungen, Wirrungen führt Botho von Rienäcker seiner Lene überzeugend, ja spielerisch, virtuos den Verlauf wesenloser, nichtssagender Saloncauserie vor. Es ist das, was Martin Heidegger „Gerede“ nennt. Lene Nimptsch folgert auch daraus: „Ach, das arme bißchen Leben.“

Hans-Heinrich Reuter, in den 1950er Jahren mein Kollege, sagte mir damals: Wenn er Irrungen, Wirrungen lese, müsse er stets „heulen“. Mir ging und geht es ähnlich. Dennoch war ich damals ob der Unmittelbarkeit des Bekenntnisses überrascht und zugleich erfreut. Alfred Kerr, als Theaterkritiker Nachfolger Fontanes, allerdings mit dem Ehrgeiz, die Kritik als vierte Dichtgattung zu etablieren, hatte eine Aversion gegen Epik überhaupt und gegen Thomas Mann im besonderen, speziell gegen Buddenbrooks. Aber zwei Erzählwerke ließ er voll als „Schicksalsbücher“ gelten: Flauberts Éducation sentimentale und Irrungen, Wirrungen. Sein Gedicht „Konstanze“ ist ein Hymnus auf Fontanes poetischen Resignationsroman.

Die zweite Episode vermutet man noch weniger, weil sie in die Gestalt des seriösen Innstetten verwoben ist. Der Adelsrepräsentant, der Vertreter der preußischen Haltungsmoral imitiert und parodiert nach dem inneren Bankrott seines Lebens, nach menschlicher Auflockerung seiner starren „Haltung“ durch den sinnlosen Duelltod Crampas‘ und nach dem Scheitern seiner Ehe die „Haltung“, die „Büstenplastik“ seines zu ihm aufschauenden Dienstmädchens Johanna (im 35. Kap. des Romans): Gegenüber Wüllersdorf bekennt er: „... Sehen Sie sich hier um; wie leer und öde ist das alles. Wenn die Johanna eintritt, ein sogenanntes Juwel, so wird mir angst und bange. Dieses Sich-in-Szene-Setzen (und Innstetten ahmte Johannas Haltung nach), diese halb komische Büstenplastik, die wie mit einem Spezialanspruch auftritt, ich weiß nicht, ob an die Menschheit oder an mich - ich finde das alles so trist und elend, und es wäre zum Totschießen, wenn es nicht so lächerlich wäre.“21

Das ist körperlich-mimisch-gestisch, das ist hinreißend filmisch, ja stummfilmisch und damit clownesk, obgleich sich gerade der Stummfilm, auch wegen der Causerie, mit Recht nicht für Fontane interessiert hat. Aber auch den vorliegenden vier Verfilmungen von Effi Briest ist dieses spezifisch filmische Detail entgangen, im Unterschied zu Verfilmungen von Anna Karenina, die den bei ernsthaftem Gespräch Motten fangenden Staatsrat Karenin entsprechend optisch-visuell ins Bild brachten. Innstetten als Parodist, als Komiker, das ist eine äußerste, extreme Position seiner Katharsis. Vielleicht fand Fontane Innstetten auch deshalb nicht so übel. Er war ja ob der starken Anteilnahme der Leser am Schicksal Effis und ob ihrer Aversion gegenüber dem Baron überrascht gewesen. Bleibt noch zu fragen: Warum ignorierten die Filmschaffenden Innstettens optische, clownhafte Selbstrevision? Vermutlich einmal wegen der Filmlänge, wegen der Notwendigkeit der Raffung und Kürzung des Filmtextes und sicherlich auch aus der Erkenntnis heraus, daß diese Form der Selbstkritik, des „Haltungs“-Verlustes für einen preußischen Adligen und Beamten nicht typisch sei.

Schließlich heben Fried/Keller die außerordentliche Bandbreite des Clownesken hervor, die es eben auch erlaubt, Clownhaftes auch dort zu suchen und zu ermitteln, wo man es zunächst nicht vermutet.

Die Bedeutung von Franz Schüppens großem Fontane-Essay besteht auch darin, daß er innerhalb des Spätwerkes scharf unterscheidet. Als eigentliche Erfüllung von Fontanes Erzählkunst werden die vollständig verwesentlichten, wirklich schlackenlosen Spätwerke Frau Jenny Treibel, Der Stechlin, Mathilde Möhring und Die Poggenpuhls angesehen. Mathilde Möhring und Die Poggenpuhls werden gar - und m. E. nicht zu Unrecht - als Gipfelwerke betrachtet, in denen Fontane sowohl inhaltlich durch Beschränkung auf preußischen Alltag als auch stilistisch durch letzte Sublimierung seiner Dialogkunst völlig zu sich selbst gekommen ist.22 In dieser letzten Phase begegnen uns auch am ehesten Gestalten mit clownhaften Zügen. Die inhaltliche, menschenbildliche und stilistische Sublimierung verbindet sich offenbar mit der Tendenz zur Einfachheit des Clownesken als einer Form auch von Altersreife.

Ralf Schnell hat Frau Jenny Treibel umfassend unter dem Aspekt des Spielerischen interpretiert. Da wird zunächst der Erzähler als Spieler, als Artist gesehen (man könnte an den „clownischen Geist“ im „Tristram Shandy“ denken). Auch die Hauptfiguren werden von Schnell als Spieler aufgefaßt. Jenny Treibel spiele „das Spiel der kühl kalkulierenden Bourgeoise“, Kommerzienrat Treibel „das Spiel der Politik“, Corinna „das Spiel der Liebe“. Wilibald Schmidt gebe den Ironiker. Zudem spiele der Gymnasialprofessor den Ankläger seiner Tochter, die angeblich den jungen Leopold Treibel verführt haben soll. Hinzu kämen als übergreifendes spielerisches Element die ironischen Sprachspiele.23

Das Spielerische ist jedoch noch nicht das Clowneske. Unmittelbar clownhaft wirkt in meinen Augen Wilibald Schmidt durch die Apologie der Selbstironie. Die Selbstironie als „denkbar höchster Standpunkt“24, den der Mensch erreichen könne. Diese Position des Gymnasialprofessors und wohl auch des Autors Fontane entspricht clownhafter Selbstrelativierung, clownesker Selbstherabsetzung.

Darüber hinaus ist Wilibald Schmidt in Opposition zu seinem preußisch-konservativen Lehrerkollegen Distelkamp ein leidenschaftlicher Verfechter eines nachrevolutionären und zugleich demokratischen, kulturbildlichen „kleinen Stils“ der vielsagenden, repräsentativen kleinen Dinge und der nur scheinbaren Nebensächlichkeiten. Die kritisch eingestellte Hofdame Ebba Rosenberg wendet sich in Unwiederbringlich gegen „großen Stil“ : „Großer Stil heißt soviel wie vorbeigehen an allem, was die Menschen eigentlich interessiert.“25 Wilibald Schmidt liefert dazu die positive Ergänzung, die positive Bestimmung des „kleinen Stils“, wenn er zu Distelkamp sagt: „Das Nebensächliche, soviel ist richtig, gilt nichts, wenn es bloß nebensächlich ist, wenn nichts drin steckt. Steckt aber was drin, dann ist es die Hauptsache, denn es gibt einem dann immer das eigentlich Menschliche.“26

„Kleiner Stil“ bedeutet bei Fontane in Abgrenzung von Klassik, Romantik und Vormärz, Verzicht auf revolutionäre Hoffnungen und Illusionen. Es ist ein resignierendes, clownhaft-resignatives Element eingeschlossen. (Das Nachmärzlich-Resignative ist übrigens bei Wilibald Schmidt auch sonst unübersehbar.) „Kleiner Stil“ bedeutet ferner Absage an monumentalistische Geschichtsbetrachtung. Er bedeutet positiv Konzentration auf Darstellung des Alltags, der Lebensweisen in realistischer Wesentlichkeit. Er hat demokratischen Charakter, kontemplativ-demokratischen Charakter (wie sich kritischer Realist und Clown meist kontemplativ verhalten), nicht revolutionär demokratisches Gepräge. Er besitzt eine gewisse Nähe zum nachrevolutionären Positivismus. Aber im Unterschied zum konsequenten und radikalen Naturalismus zum Beispiel des Arno Holz verabsolutiert Fontanes „kleiner Stil“ den Positivismus nicht zum mechanischen Determinismus, zu unumschränkter Macht des Milieus, der Verhältnisse und zur Ohnmacht der Menschen.

Vom alten Dubslav von Stechlin stammt das Wort: „Wer am meisten red't, ist der reinste Mensch.“27 So könnte man vielleicht den überschäumenden Sprechclown definieren. Die Umformung jedoch „Wer am besten redet, ist der reinste Mensch“28, wirkt geschmacklos. Aber es betrifft ja nur den Titel eines sonst hochinteressanten Fontane-Buches.

Mathilde Möhring wollen wir unter dem Aspekt des Gegensatzes von Prosa des Lebens und Poesie sehen, Die Poggenpuhls unter dem Widerspruch von Nazarenertum und Hellenentum und dabei clownhafte Züge aufzuspüren suchen.

In Hugo Großmann und Mathilde Möhring ist der Widerspruch zwischen Poesie und Prosa des Lebens verkörpert. Sie vertritt das prosaische, „vernünftige“ utilitaristische Prinzip; er und sein Freund Rybinski haben künstlerische Neigungen. Hugo liebt die Literatur, er hat Calderon, Schiller und Ibsen gelesen, auch englische realistische Romane. Er hat Freude an ästhetischen Finessen und sogar an Mathildes pädagogischen Nuancen, die er offenbar genießt und zugleich durchschaut. Er schwärmt für die „Tochter der Luft“, die „Luftkünstlerin“ in den „Reichshallen“29. Er hält sich für einen „ästhetisch fühlenden und mit einer latenten Dichterkraft ausgerüsteten Menschen“30 und meint sogar: „Ich hätte doch wohl so was werden müssen, ausübender Künstler oder Luftschiffer ...“31 Er ist Sensualist, Eudämonist und Illusionist. Doch nach dem Examen wird ihm von Mathilde die Poesie ausgetrieben, wird seine immer wieder aufflackernde Kunstliebe endgültig ausgelöscht. Die „Rybinski-Wege“32 sind durch ausschließliche Orientierung auf die juristisch-berufliche Praxis jäh abgeschnitten.

Hugo ist Vorstufe zu Christian Buddenbrook. Beide teilen das passive, nicht entfaltete Künstlertum, die Neigung zur Clownerie. Aber während Christian zum bewußten Clown tendiert (Weihnachtsbescherung mit „O Tantebaum“!), ist Hugo infolge seiner Energielosigkeit eher unfreiwilliger Clown. Während Christian aus der Gesellschaft an deren Rand herausstrebt, wird Hugo von Mathilde in sie hineinlanciert. Aber am Ende anerkennt sie seine geistige Überlegenheit, seine höhere Natur.

Mathilde wirkt als ästhetische Figur geradezu bestechend, hinreißend: inhaltlich durch die Art, wie sie Hugo „durchschaut“ und lenkt, und formal durch die Art ihrer Rede, durch deren Einfachheit, Lakonik und Prägnanz, ja Volksliedhaftigkeit, wenn dieser Ausdruck nicht der gesellschaftlichen Konformität und Angepaßtheit ihrer Strategie und Worte widerspräche. Allein schon die Prägung „Rybinski-Wege“ als Formulierung für künstlerische und „unmoralische“ Abwege ist in ihrer Ellipsenhaftigkeit köstlich, nicht übertreffbar. Mathilde besitzt als Gestalt geradezu eine hörspielhafte oder dramatischeAbgelöstheit vom Autor (abgesehen vom übergreifenden Fontane-Ton), ein unglaubliches figurales Eigenleben, das Cornelia Froboes in der ARD-Verfilmung von 1967 glanzvoll realisierte.

Ein Schlüsselkapitel der „Poggenpuhls“ ist das siebente, das länger ist als die meisten des Romans und das zudem zwei Nachgespräche zur Folge hat. Es bezeugt die Bedeutung von Nebenfiguren in Fontanes Romanen. Die Nebenperson, die hier zur Hauptfigur, ja zur Perspektivgestalt wird, ist Manfred von Klessentin, der unter dem Künstlernamen „Herr Manfred“ am Schauspielhaus als Kleindarsteller mitwirkt. Er ist mit Leo Poggenpuhl befreundet und wird nach dem Familienbesuch der „Quitzows“ im Theater mit Onkel Eberhard von Poggenpuhl, dem Generalmajor a. D., und ohne die Mutter Albertine in der Theatergaststätte in der Charlottenstraße an den Tisch der Poggenpuhls geholt. Hier entfaltet er, nachdem sich der Onkelgeneral an seinem Sezessionsversuch interessiert gezeigt hat, sein Programm des „kleinen Stils“ in theatralisch-schauspielerischer Hinsicht: „Sie greifen immer noch um etliche Stufen zu hoch, Herr General. Es gibt allerdings ein paar Ausnahmefälle, so zum Beispiel heute abend, wo ich mich als Quitzowscher Bannerträger von dem eigentlichen Gros um ein geringes abheben durfte; im ganzen aber dürfen mich der Herr General immer nur da suchen, wo Sie Gruppen und Rubriken finden: Erster Bürger, zweiter Mörder, dritter Pappenheimer; so sind mir die Würfel gefallen ...“ Er spricht dann davon, „daß auch die kleinen Existenzen ihre großen Momente haben, so ganz besonders auch auf dem Theater“. Schließlich charakterisiert er seine Begabung als eine solche „nach der Seite des Grotesken hin“, also in Richtung auch auf das Clowneske.33

Manfred von Klessentin findet den Beifall des relativ liberalen Generals, der sich schon vorher auf seine Weise zum „Kleinen Stil“ bekannt hatte: „... nach meinen Erfahrungen umschließt die sogenannte Makulatur einen ganz bedeutenden Geschichtsfond, mehr als manche Geschichtsbücher.“34 Über die Reaktion Leos auf das ästhetische Credo Manfreds sagt seine Schwester Manon: „... Er ist ja ganz in bewunderndem Zuhören aufgegangen, und ich wette, er hat die ganze Zeit überlegt, welche Rollen ihm am besten passen würden.“35

Klessenthin hat die Sezession in die Kunst, in das Groteske, in die Tendenz zur Clownerie vollzogen. Leo sympathisiert mit ihr. Beide sind, um mit der Typologie aus Heinrich Heines Börnebuch zu reden (Fontane war ja auch von Heine beeinflußt, vor allem in der sprachstilistischen Geschmeidigkeit und Elastizität), „hellenische“ Naturen, die auch bei begrenzten künstlerischen oder pekuniären Mitteln aus der Fülle leben, während die Mutter als Pfarrerstochter, Therese als älteste Tochter, die wie Toni Buddenbrook streng über die Familientradition wacht, und der streberische Offizier Wendelin sparsame, asketische „nazarenische“ Charaktere sind.

Der „kleine Stil“, das Bekenntnis zu ihm, scheint hier (in Die Poggenpuhls) stärker als sonst bei Fontane historisch gebunden zu sein an Endzeit-, Auflösungs- und Übergangstendenzen. Die Poggenpuhls ist, wie wenig später Buddenbrooks, ein Buch des Endes, der Auflösung hier des Adligen ins Bürgerliche (Sophie, Manon, Bartensteins, Esther Blumenthal) und ins Künstlerische (Klessenthin, Leo, Sophie mit ihren „Talenten“). Die Auflösungserscheinung gilt hier auch in formaler, gestalterischer Hinsicht als Wandlung des Romanhaft-Erzählerischen ins Reisebildliche (die Briefe Sophies aus dem Riesengebirge an die Mutter, Reise zur Beerdigung des Onkels). Auch in Buddenbrooks vollzieht sich im Verlaufe des Romans ein Stilwandel vom Erzählen und Gestalten von Ereignissen zum Beschreiben seelischer Zustände;36 nur daß hier der Formwandel nicht so auffällig hervortritt.

Zu den literarischen Nachfahren Theodor Fontanes gehört Hugo von Hofmannsthal, vor allem durch subtile causeriehafte Gesprächskunst. In der Komödie „Der Schwierige“ hat der „schwierige“ Hauptheld, Hans Karl Bühl, ein entschlußarmer Österreicher, fast ein „Mann ohne Eigenschaften“, eine Vorliebe für einen offenbar Wiener Clown namens Furlani: „Wenn man dem Furlani zuschaut, kommen einem die geschicktesten Clowns vulgär vor. Er ist förmlich schön vor lauter Nonchalance - aber natürlich gehört zu dieser Nonchalance genau das Doppelte wie zu den andern ihrer Anspannung.“ Darauf erwidert seine spätere Frau Helene Altenwyl, vielleicht Fontanes Melusine vergleichbar: „Ich begreif, daß Ihnen der Mensch sympathisch ist. Ich find auch alles, wo man eine Absicht merkt, die dahintersteckt, ein bißl vulgär.“37 Das von den Hofmannsthal-Figuren Gesagte gilt auch für Fontane, für die Bewußtheit seines Kunstwollens (bei gelegentlicher Rauschhaftigkeit im Schaffensprozeß), für die Objektivität seiner Darstellung und nicht zuletzt für die sublime Clownerie in seinen späten, letzten Romanen aus den 1890er Jahren, aus der Zeit des fin-de-siècle.

Die clownhaften Tendenzen bei Fontane sind eine Vorstufe zum ausgeprägten Künstler-Bürger-Antagonismus am Beginn des 20. Jahrhunderts, wie er besonders von Thomas und Heinrich Mann, von Hermann Hesse und Frank Wedekind gestaltet worden ist. Paradigmatisch sind dafür in erster Linie Thomas Manns Novellen Tonio Kröger und Tristan und Hermann Hesses Peter Camenzind oder auch Franz Kafkas Ein Hungerkünstler. Auch in diesem Zusammenhang erweist sich also das antizipatorische Vermögen des alten Fontane.

Quellen:
1 Theodor Fontane, Gedichte, herausgegeb. von Joachim Krueger und Anita Golz, Berlin 1989, Bd. 1, S. 31 f.
2 Ebenda S. 34
3 Theodor Fontane jr., Beziehungen zu meinem Vater, veröffentlicht mit Zustimmung von Ursula von Forster, Fontane-Blätter, Potsdam, Heft 20/1974, S. 259
4 Theodor Fontane, Meine Kinderjahre, Leipzig 1955, S. 207
5 Theodor Fontane, Die gesellschaftliche Stellung der Schriftsteller, in: Th. Fontane, Schriften zur Literatur, Berlin 1960, S. 117 ff.
6 Theodor Fontane, Von Dreißig bis Achtzig, Leipzig 1959, S. 470
7 Hugo von Hofmannsthal, Ausgewählte Werke, Leipzig 1975, S. 100
8 Hugo von Hofmannsthal, Der Dichter in dieser Zeit, ein Vortrag, 1907
9 Rainer Maria Rilke, Ausgewählte Werke in 2 Bänden, Leipzig 1948, Bd. 1, S. 166
10 Ebenda, Bd. 2, S. 66
11 Thomas Mann, Adel des Geistes, Berlin 1956, S. 482
12 Fritz Usinger, Die geistige Figur des Clowns in unserer Zeit, Mainz 1964, S. 6
13 Ebenda, S. 4
14 Ebenda
15 Thomas Mann, Adel des Geistes, S. 494
16 Annette Fried - Joachim Keller, Faszination Clown, Düsseldorf 1996, S. 99
17 Ebenda S. 24
18 Ebenda
19 Ebenda S. 23
20 Der starke gesellschaftskritische antipreußische Gehalt von August Strindbergs „Friedensnovelle“ Gewissensqual ist von marxistischer Literaturwissenschaft (Gerhard Scholz im Nov. 1961 auf einer Konferenz in Berlin über „Krieg, Frieden und Militarismus im kritischen und sozialistischen Realismus“; vgl. den entsprechenden Rütten- und Loening-Band von 1963) weitgehend aus der Einflußnahme der schwedischen Sozialdemokratie erklärt worden. Die Beschäftigung mit dieser auch impressionistisch getönten Erzählung hinterläßt jedoch den Eindruck intensiver Rousseau-Rezeption. Rousseau war offenbar um 1900 lebendiger, als vielfach angenommen wird. Vgl. auch seine starke Wirkung auf pädagogische Literatur der Zeit, so auf Ellen Key: Das Jahrhundert des Kindes (1900) und auf Hermann Hesses Schulerzählung Unterm Rad (1906)
21 Theodor Fontane, Effi Briest, Berlin 1960, S. 311
22 Franz Schüppen, Paradigmawechsel im Werk Theodor Fontanes. Von Goethes Italien- und Sealsfields Amerika-Idee zum preußischen Alltag, Stuttgart, Freiburg/Br. 1993, S. 242
23 Ralf Schnell, Die verkehrte Welt. Literarische Ironie im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1989, über Frau Jenny Treibel S. 101 ff.
24 Theodor Fontane, Frau Jenny Treibel, Berlin 1926, S. 67
25 Th. Fontane, Unwiederbringlich/Unterm Birnbaum, Leipzig 1952, S. 187
26 Th. Fontane, Frau Jenny Treibel, S. 81
27 Th. Fontane, Der Stechlin, Leipzig 1952, S. 23
28 Walter Jens, Wer am meisten redet, ist der reinste Mensch, Weimar 2000
29 Th. Fontane, Mathilde Möhring, Berlin 1995, S. 61
30 Ebenda S. 41
31 Ebenda S. 62
32 Ebenda S. 42
33 Th. Fontane, Die Poggenpuhls, Berlin 1952, S. 86 ff.
34 Ebenda S. 81
35 Ebenda S. 89
36 Vgl. dazu Inge Diersen, Th. Manns „Buddenbrooks“, Weimarer Beiträge, Weimar, Heft 1/1957, S. 58 ff.
37 Hugo von Hofmannsthal, Ausgewählte Werke, Leipzig 1975, S. 813


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 05/01 (c) Edition Luisenstadt, 2001
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