Eine Annotation von Matthias Brockmann
Meinicke, Michael:
Dazwischen Das Letzte
Kurzgeschichten aus Deutschland.
Rubino-Verlag, Rendel 2001, 113 S.

Dazwischen. Michael Meinicke. Nicht systemkonform. Weder früher in der DDR noch später in der BRD. Und heute im vereinigten Deutschland? Er hatte Freunde und saß im Gefängnis ein. Ihm gelang die Flucht zum Klassenfeind, der nicht sein Freund war und wo er keine wirklichen Freunde fand. Seine Jugend heimlich gelebt im Arbeiter- und Bauernstaat und vor dem staatlichen Zugriff versteckt. Und heute noch immer verwurzelt im menschlichen Miteinander und im Widerstand zu Systemen, die alles gleichzumachen versuchen. In den vorliegenden Kurzgeschichten aus den späten 80ern bis heute skizziert Michael Meinicke seine Eindrücke aus dem Leben in diesen verschiedenen Welten. So bilden diese Geschichten ein kleines Mosaik deutsch-deutscher Verschiedenheiten, nicht nur im Ost-West-, sondern auch im Oben- und Unten-, Links- und Rechts-Gefüge.

Meinicke kennt dieses Deutschland von A bis Z, von Arbeitsloser bis Zelleneinsitzender (zwei Jahre aus politischen Gründen in der DDR), er kennt es als Städter (Berlin Ost und West) und als Dörfler, als Lehrender, als Theaterregisseur und als Schriftsteller, als Hilfsarbeiter und ...

Er beschreibt in virtuoser Sprache aus der Position des Unangepaßten alltägliches Gewesenes und noch immer Existierendes in Deutschland. Es gibt keine Schonung, kein Verstecken, weder für den Autor noch für den Leser. Die Geschichten rufen auf, rütteln wach, machen Mut oder zeichnen uns ein Bild der Ausweglosigkeit. Er schreibt jedoch ohne Wertung, die überläßt er uns, den Lesenden.

Und wir? Wir erkennen sie wieder, die Menschen in unserem Land Deutschland mit all den kleinen und größeren Schwächen. Erkennen in diesen alltäglichen Geschichten vielleicht auch uns darin, die eigenen Ansichten, Gefühle.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 04/01 (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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