Eine Rezension von Gerhard Keiderling
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Zur 45jährigen Geschichte der Berliner Akademie

Werner Scheler:
Von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin zur
Akademie der Wissenschaften der DDR
Abriß zur Genese und Transformation der Akademie.
Karl Dietz Verlag Berlin, Berlin 2000, 480 S.

Das Buch liefert eine informative Überblicksdarstellung zur Geschichte der bedeutendsten Forschungsinstitution der DDR. Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland verfügte mit Befehl Nr. 187 die Wiedereröffnung der ehemaligen Preußischen Akademie der Wissenschaften mit Wirkung vom 1. Juni 1946 als „Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin“. Diese DAW stand in der Nachfolge der 1700 gegründeten Kurfürstlich Brandenburgischen Societät der Wissenschaften, die im Laufe der Zeit mehrfach ihren Namen änderte, und fühlte sich von Anbeginn derem progressiven Erbe verpflichtet. Mit ihrem Statut von 1946 schlug sie neue Wege ein, die von der traditionellen Gelehrtengesellschaft zu einer staatlichen Forschungsinstitution führten, die ihre Tätigkeit auf ihr bisher fremde, vor allem naturwissenschaftliche und technische Gebiete ausdehnte. Wie der zentralistische und planwirtschaftliche Charakter des DDR-Staates verlangte, erfolgten wiederholt Anpassungen an die „gesellschaftspolitischen Bedürfnisse des Sozialismus“. Den entscheidenden Einschnitt brachte die Reform von 1968-1970, die die Akademie als zentrale Wissenschafts- und Forschungsinstitution der DDR ausgestaltete und somit direkt in die Herrschaftsstruktur der SED integrierte. Am 7. Oktober 1972 wurde die DAW in „Akademie der Wissenschaften der DDR“ (AdW) umbenannt. Am Ende der DDR verfügte die Akademie über 58 Forschungseinrichtungen auf sieben großen Wissenschaftsgebieten mit ca. 20 000 Beschäftigten. Der Einigungsvertrag zwischen der BRD und der DDR vom 31. August 1990 bedeutete das „Aus“ der AdW. Die politisch gewollte „Abwicklung“ wurde Ende 1991 abgeschlossen.

Werner Scheler, von 1979 bis 1990 der letzte Präsident der AdW, unternimmt in der vorliegenden Arbeit eine umfassende Analyse der Entwicklung, Strukturen, sich wandelnder Paradigmen und Leistungen der Akademie zwischen 1945 und 1990. In zehn Kapiteln werden behandelt: Wiedereröffnung, Tradition, Auftrag und Aufgaben; die Akademie in Gesellschaft und Staat; Status, Organisation, Struktur und Leitung; die Gelehrtengesellschaft; die Forschungsinstitution; die innerstaatliche Zusammenarbeit; inner- und zwischendeutsche Wissenschaftsbeziehungen; internationale Wissenschaftsbeziehungen; Publikationen, Veranstaltungen, Patente, Bildung und Qualifizierung; Institute und Einrichtungen. Im letzteren Kapitel werden die 58 Forschungseinrichtungen sowie zentrale wissenschaftlich-technische und Verwaltungseinrichtungen nach dem Stand von 1990 im Detail vorgestellt: Gründung, Direktoren, Personal, Finanzen, Forschungsprofil. So entsteht ein beeindruckendes wissenschafts- und institutionsgeschichtliches Gesamtbild.

Das Buch will zu einem unvoreingenommenen Eindringen in die Geschichte der DAW/AdW auffordern, die - wie Scheler hervorhebt - ungeachtet ihrer Hineinstellung in den Ost-West-Konflikt jener Zeit und ihrer Dienstbarmachung für SED- und Staatsführung „exemplarisch für die Genese einer komplexen Wissenschafts- und Forschungseinrichtung mit betonter Zielfunktion“ stand. Für eine solche noch zu schreibende Gesamtdarstellung bietet die vorliegende Arbeit eine solide Grundlage. Zahlreiche Schautafeln, Strukturschemata, Tabellen und Diagramme sowie ein Personenregister ergänzen diese kompakte Darstellung.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 04/01 (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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