Eine Annotation von Wolfgang Buth
cover Links, Christoph/Härtel, Christian (Hrsg.):
Über unsere Bücher läßt sich streiten
Zehn Jahre Ch. Links Verlag.
Christoph Links Verlag, Berlin 1999, 208 S.

Im Dezember 1999 gab der Christoph Links Verlag - zu seinem 10. Geburtstag - ein Buch in eigener Sache heraus: Über unsere Bücher läßt sich streiten. Es gibt in seiner Gesamtheit einen Überblick über die ersten zehn Jahre eines jungen Berliner Verlagsunternehmens, das heute aus der Verlagslandschaft nicht mehr wegzudenken ist und das die Höhen und Tiefen einer neuen Verlagsgründung im Osten selbst erfahren hat.

In dem Eingangsbeitrag „Zeitgeschichte als Programm“ erzählt der Verlagsgründer Christoph Links vom schwierigen Überleben der Kleinen in einem Markt der Großen und von den dabei gesammelten Erfahrungen bei der Entwicklung verschiedener Reihen. Das Credo von Christoph Links: „Unabhängig von der jeweiligen Reihenzuordnung sind zu allen Zeiten bei uns Bücher erschienen, die sich in aktuelle Auseinandersetzungen einmischen, über die sich im besten Sinne des Wortes streiten läßt. Von Anfang an war es erklärtes Ziel des Verlages, gesellschaftliche Prozesse kritisch zu begleiten, Mythen zu hinterfragen und Fakten an die Stelle von Verklärungen zu setzen.“ So setzte Links auf das gesellschaftliche Sachbuch. Der Lektor Christian Härtel unternimmt einen kleinen, kenntnisreichen Streifzug durch die Sachbuchgeschichte und begründet, warum bei Links keine Lyrik erscheint. Dann kommt mit „Mein Verlag“ der Autor Christoph Dieckmann zu Wort, der vom Glück und Unglück eines Autors erzählt. Bei Links hatte Dieckmann ausgesprochenes Glück, erschienen von ihm doch My Generation (1991), Oh! Great! Wonderful! (1992), Time is on my side (1995) und Das wahre Leben im falschen. Geschichten von ostdeutscher Identität (1998). Der Rechtsanwalt Christian Schertz informiert in seinem Beitrag „Über Bücher läßt sich streiten - am Ende vor Gericht“ über die juristischen Auseinandersetzungen des Christoph Links Verlages, was bei sehr brisanten Titeln auch nicht verwunderlich ist. Beispiele dafür waren u. a. Treuhand-Poker. Die Mechanismen des Ausverkaufs (von Martin Flug), Der Sektenkonzern (von Liane von Billerbeck und Frank Nordhausen) sowie Sicherungsbereich Literatur. Schriftsteller und Staatssicherheit in der DDR (von Joachim Walther). Saubere Recherchen der Autoren, entsprechende Nachprüfung durch den Verleger sowie die allseitige Beachtung der Rechtsgrundsätze lassen hoffen, daß gerichtliche Auseinandersetzungen in Zukunft immer seltener werden.

Noch viele andere sind in dieser zehnjährigen Bilanz versammelt: Teilhaber, Hersteller,Vertreter, Buchhändler, Praktikanten, Journalisten. Anschaulich beschreiben sie, warum sie als Stille Teilhaber dem Verlag ihre 5000 Mark anvertraut haben, wie sie versuchen, schöne Bücher zu gestalten und auch zahlreich zu verkaufen, wie sie diese in ihrer täglichen Arbeit nutzen. Daneben ziehen auch die Verlagsmitarbeiter Bilanz, jeder für seinen Bereich: von der Programmplanung über das Lektorat und die Pressearbeit bis zum Vertrieb, den Finanzen und dem täglich wechselnden Küchendienst - sehr ehrlich und auch mit einer gehörigen Portion Berliner Humors gewürzt.

Die Verlagschronik 1989-1999 (ausgestattet wie das gesamte Buch mit interessanten Fotos zur Verlagsgeschichte) liest sich spannend. Die komplette Bibliographie aller bisher erschienenen mehr als 200 Titel informiert auch über Preise, Neuauflagen und Lizenznehmer.

Das Besondere des kleinen gelben Bändchens Über unsere Bücher läßt sich streiten ist, daß es offen und ehrlich geschrieben ist. So ist der dritten, langsam wachsenden Links-Mannschaft (Christoph Links, Edda Fensch, Christian Härtel, Andreas Krauß, Margit Stragies und Susanne Heerdegen) in ihrem neuen Domizil in der Kulturbrauerei Prenzlauer Berg zum nunmehr Elfjährigen herzlich zu gratulieren und noch viel Kraft, Elan und Streitbarkeit zu wünschen - im Sinne ihrer vielen interessierten Sachbuchleser.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 02/01 (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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