Wie auch anders: Lagerfeld geht in gutem Leinen raus! Luxus also für den Mode-Designer, der den Freunden seiner Fotokunst ein kleines, in hellbraunes Leinen gebundenes Buch hinlegt. Der Luxus ist weniger luxuriös, als das den Anschein hat. Aufmachung und Ausstattung des Bild-Bandes Escape from Circumstances sind vom ästhetischen Sinn des Fotografen bestimmt. Der bekannte Bekleider gibt den Entkleider, der von einer Entdeckung erzählt. Fein gefühlt, um nicht zu sagen feinfühlig. Fein sinnig, um nicht zu sagen feinsinnig. Es verbietet sich, von einer schlichten Fotoserie oder gar Fotosafari zu sprechen. Lagerfeld, Karl, jagt nicht mit der Kamera. Er schießt nicht Foto auf Foto. Lagerfelds Linse sucht, was er im Kopf längst gefunden hat: das Naturwesen, das Mensch heißt. Ein Wesen mit männlichen Merkmalen. Zunächst, so scheint's, ist das Wesen ganz eins mit männlichen Merkmalen. Zunächst, so scheint's, ist das Wesen ganz eins mit der sichtbaren Wald-Wasser-Landschaft. Der Natürlich-Nackte muß - am besten mit der Lupe - wie in einem Fixierbild erkundet werden. Auf diese Weise sichtbar geworden, wird der Nackte schnell zu einer torsohaften Gestalt und schließlich zu einem skulpturartigen Bestandteil der Architektur. Alles nur inszeniert? Selbstverständlich! So wie sich das für den selbstverliebten, verliebten Stilisierungskünstler gehört, der Karl Lagerfeld unabänderlich ist. Er will, daß die Schönheit des Menschen als Schönheit gesehen wird. Daß die Verschönerung des Schönen immer Gefahr läuft, eine Silhouette zu werden, nimmt der Fotograf offensichtlich gern in Kauf. Einem Lagerfeld wird soviel sinn-trächtige, inszenierte Schönheit gern abgekauft. Mit Ähnlichem konnten andere Foto-Autoren kaum ein Geschäft machen. Es stand halt nicht Lagerfeld drauf. So ist eben das Fotografenleben.

zurück zur vorherigen Seite