Eine Rezension von Helmut Caspar

Was Münzfunde zu erzählen haben

Hans-Dieter Dannenberg:
Die Denare der Nachbarn Brandenburgs im 13. und 14. Jahrhundert
Anhalt, Sachsen-Wittenberg mit Brehna, Magdeburg.
Typenkatalog, Prägezeiten, Historische Zusammenhänge.
Numismatische Gesellschaft zu Berlin, Berlin 2000, 223 S.

Der Potsdamer Münzforscher Hans-Dieter Dannenberg hat seinem 1997 zum XII. Internationalen Numismatischen Kongreß in Berlin publizierten Band Die brandenburgischen Denare des 13. und 14. Jahrhunderts. Typenkatalog, Prägezeiten, Historische Zusammenhänge jetzt einen mit umfangreichen münz- und landesgeschichtlichen Erläuterungen versehenen Katalog jener Silbermünzen folgen lassen, die in den Nachbarregionen der Mark Brandenburg geprägt wurden und sich eng an die zeitgleichen Denare Brandenburgs anschließen. Aufgrund genauer Untersuchungen des Münzmaterials, der Auswertung zahlreicher Funde sowie von Urkunden, Wappen und anderen Quellen gelingt es dem Verfasser, die fraglichen Gepräge wesentlich genauer als bisher bestimmten Herrschaften außerhalb Brandenburgs zuzuordnen und damit bisherige Zuschreibungen zu korrigieren. Dannenberg versteht seine Untersuchungen als Aktualisierung und Ergänzung der Forschungen von Emil Bahrfeldt, des Altmeisters der mittelalterlichen Münzkunde der Mark Brandenburg, sowie der eigenen Arbeiten über die brandenburgischen Denare und der vor einigen Jahren veröffentlichten Forschungen von Heinz Thormann über die anhaltischen und herzoglich-sächsischen Denare. Nach Auswertung der Funde, einer sehr aufwendigen Überprüfung der metrologischen Daten der einzelnen Denartypen und der eingehenden Analyse der Münzbilder kommt der Autor nicht umhin, abweichend von bisherigen Zuweisungen bestimmten Stücken, die bisher als brandenburgisch galten, „ein neues Geburtsland und Geburtsjahr ins Stammbuch“ zu schreiben. Jetzt könne auch die Frage beantwortet werden, warum auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt so umfangreiche Schatzfunde mit brandenburgischen Denaren zutage gekommen sind.

Dem eigentlichen Katalogteil hat Dannenberg einen umfangreichen allgemeinen Teil vorangestellt, in dem er auf Münzstände, Münzherren und Münzstätten sowie auf münzgeschichtliche Fragen eingeht und seine Erkenntnisse durch Karten, Wappendarstellungen, Urkundenauszüge und anderes untermauert und mehrere bedeutende Funde neu sichtet und interpretiert. Außerdem hat er sich unter anderem mit der auf den Münzen erkennbaren Kleidermode sowie Attributen und Beizeichen befaßt und zieht daraus Schlüsse, die ihm bei der Zuordnung helfen. Allerdings weist Dannenberg auf die Gefahr einer Überinterpretation bestimmter Ornamente hin, die sich nur als Füllsel für die Münzbilder erweisen, nicht aber zu einem bestimmten Wappen und also zu einem bestimmten Münzherren oder Territorium gehören.

Bevor Dannenberg im Typenkatalog die Denare der Brandenburg benachbarten Territorien beschreibt und auch abbildet, faßt er die Argumente für die von ihm schon früher aufgestellte These zusammen, es habe posthum auf bestimmte Landesherren geprägte Denare gegeben. Im Gegensatz zu anderslautenden Meinungen bleibt der Verfasser bei seiner Auffassung, daß nach dem Tod oder Ausscheiden des Landesherren „Gedächtnisdenare“ geprägt wurden. Doch läßt Dannenberg Vorsicht walten, seine Annahme gelte „vermutlich“ sowohl für einzelne brandenburgische Denartypen als auch für solche angrenzender Münzstände. Die Wiedergabe der Namen von Landesherren stelle unter der Vielzahl stummer Denar- und Brakteatentypen, die man ab dem zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts prägte, eine Besonderheit dar. Es müsse daher nach den Gründen der Herausgabe solcher Namensmünzen gefragt werden. Alles in allem könnte durch die Interpretation bestimmter Stücke als Geschichtsmünzen die Mittelalternumismatik zusätzlich interessant werden und zur weiteren Datierung von Münztypen beitragen.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 02/01 (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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