Eine Annotation von Dorothea Körner


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Molina, Silvia:

Die Liebe, die du mir versprachst

Roman.
Aus dem mexikanischen Spanisch von Elisabeth Brilke.
Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M. 1999, 160 S.

Diesen Roman, der unter der Schirmherrschaft des Programms PROTRAD zur Förderung der Übersetzung mexikanischer Werke erschien, muß man nicht unbedingt lesen. Die Autorin Silvia Molina (geb. 1946), die auch Kinderbücher schreibt, scheint in Mexiko bekannt zu sein. Das vorliegende Buch, in dem sie laut Werbetext „über Sehnsucht und Schmerz, Leidenschaft und Schuld und über schicksalhafte Entscheidungen, die wir in unserem Leben treffen müssen“, erzählt, bleibt an der Oberfläche. Eine Frau der gehobenen Mittelklasse, etwa 40 Jahre alt, verheiratet mit dem erfolgreichsten Anwalt Mexiko-Citys, Mutter zweier pubertierender Söhne und gefragte Gebrauchsgrafikerin, erzählt von dem Seitensprung, den sie mit einem mondänen und ebenfalls sehr erfolgreichen Herzspezialisten in Mexiko-City hatte, dem Arzt ihrer Mutter. Als der zwanzig Jahre ältere Liebhaber die Beziehung abbricht, fährt sie an die Küste in die exotische Hafenstadt San Lázaro, aus der ihre Eltern stammen, vorgeblich, um die Vergangenheit ihrer Familie zu erforschen, in Wahrheit, um mit dem Kummer fertig zu werden. Ein einheimischer Historiker, der sich mit ihrer Familiengeschichte befaßt hat, zeigt ihr einen Nachmittag und eine Nacht die Stadt, wird ihr Beichtvater, macht ihr einen Beinahe-Heiratsantrag und prophezeit der jungen Frau, die von ihrem Mann sträflich vernachlässigt wird, es werde bald einen zweiten „Eduardo“ - so hieß der Liebhaber - geben. Nach ihrer Rückkehr versucht sie, in ihrer Ehe wieder Fuß zu fassen.

Wer sich für Mexiko interessiert, wird in dem Buch nebenbei manches über Landschaft und Menschen, Geschichte und Eßgewohnheiten erfahren. Im Grunde kokettiert der Roman jedoch mit Problemen - so auch der Familiengeschichte -, die nicht zu Ende gedacht sind. Man behält nach der Lektüre eher im Gedächtnis, in welchen Restaurants Marcela speist, was sie anzieht oder wie sie sich zurechtmacht. Ihr Konflikt erscheint so banal, daß man in der Mitte des Buches der Lektüre überdrüssig wird.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 12/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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