Eine Rezension von Eberhard Fromm


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Fontane als Kriegsbuchautor

Theodor Fontane:
Der Schleswig-Holsteinsche Krieg im Jahre 1864
Baltica-Verlag, Flensburg 1999, 405 S.

Aus der Geschichte der Reichseinigung unter der Führung Bismarcks wissen wir, welche Rolle die drei Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 in diesem Prozeß gespielt haben. Theodor Fontane hat alle drei Kriege in großangelegten Kriegsbüchern beschrieben. Dabei mußte er sich sputen, denn kaum hatte er das eine Werk beendet, war der neue Krieg schon wieder ausgebrochen: Das Buch über den Krieg von 1864 erschien 1866, die zweibändige Arbeit über den Krieg von 1866 kam 1870/71 heraus; und die Bände über den Deutsch-Französischen Krieg erschienen zwischen 1873 und 1876 unter den Titeln Der Krieg gegen das Kaiserreich und Der Krieg gegen die Republik. Später, in einem Brief aus dem Jahre 1891, erinnert er sich an diese Zeit: „Zwölf Jahre habe ich an diesen Kriegsbüchern Tag und Nacht gearbeitet; sie feiern nicht in großen, aber in empfundenen Worten unser Volk, unser Heer, unsren König und Kaiser.“

Die vorliegende Ausgabe des Kriegsbuches ist ein Nachdruck der Ausgabe von 1866 mit allen zeitgenössischen Abbildungen und Karten - was einen besonderen Reiz für den heutigen Leser hat - sowie einem neuen Vorwort von Sven-Aage Jorgensen. Der Anhang wurde von Eveline Maaßen erarbeitet und stützt sich auf eine Ausgabe aus dem Jahre 1985. Als Herausgeber fungiert Helmuth Nürnberger.

Aus den im Anhang abgedruckten brieflichen Zeugnissen zu diesem Buch wird deutlich, wie engagiert Fontane bei der Ausarbeitung und Veröffentlichung war, wie er aber im Alter auf Distanz zu dieser seiner Arbeit ging. Allerdings schrieb er schon 1866, „die Sache ist mir keine Herzenssache“. (vgl. S. 391)

Fontane gibt ein detailliertes Bild von den Geschehnissen des etwa sechs Monate andauernden Krieges. Er beginnt mit einer Einleitung zu Land, Leuten und Geschichte von Schleswig und Holstein, informiert über die Vorgeschichte und den Ausbruch des Krieges und stellt exakt die beteiligten militärischen Kräfte vor. Der Krieg selbst wird in fünf Kapiteln behandelt, die allerdings nicht alle der Chronologie der Ereignisse folgen, sondern auch geomilitärische Aspekte berücksichtigen, so „Der Krieg in Jütland“ und „Der Krieg zur See“. Im Mittelpunkt stehen aber die Kapitel „Das Dannewerk“ und natürlich „Düppel“. Das abschließende Kapitel „Der letzte Akt“ des Krieges beschreibt die Ereignisse nach der Erstürmung der Düppeler Schanzen bis hin zum Friedensschluß auf der vorbereitenden Konferenz in Wien im Juli und der Unterzeichnung des Friedensvertrages im Oktober 1864.

Die Kämpfe um die Düppeler Schanzen stehen natürlich im Mittelpunkt des Buches, nehmen auch mit über 160 Seiten (S. 97-262) den größten Raum ein. Hier wird jede Bewegung, jede Aktion, jede einzelne Kampfhandlung bis in alle Einzelheiten beschrieben. Man kann also sehr genau verfolgen, wie sich die verbündeten preußischen und österreichischen Truppen auf der einen Seite und die dänischen Streitkräfte auf der anderen Seite verhielten. Vom Tag des Sturms auf die Düppeler Schanzen am 18. April 1864 erfährt man faktisch jeden auch noch so kleinen Schritt. Daß dies ein blutiger Tag war, wird aus den Verlusten beider Seiten sichtbar, die Fontane detailliert anführt: Die Dänen verloren 4 846 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen, darunter 110 Offiziere. Die preußisch-österreichischen Truppen büßten 1 188 Mann ein, darunter 70 Offiziere. Unter ihnen war auch der preußische Generalmajor von Raven, den Fontane aus diesem Anlaß biographisch würdigt (vgl. S. 251 f.).

Die Berichterstattung Fontanes ist sachlich, nüchtern, ohne jedoch distanziert zu erscheinen. Man spürt stets, auf welcher Seite der Berichterstatter steht. Doch führt das nicht zu einseitigen Darstellungen oder gar einer Art Hurrapatriotismus, wie er ja gerade nach dem „Tag von Düppel“ in Deutschland aufkam. Bei der Darstellung von „Heldentaten“ und „Helden“ dieses Krieges weist Fontane am Beispiel des Pioniers Klinke darauf hin, daß sich das Volk - wie immer auch die tatsächlichen Fakten sein mögen - sein eigenes Bild von einem solchen „Helden“ nicht nehmen lasse. „Mit der historischen Aufhellung - die ohnehin höchst mißlich ist und oft noch mehr vorbeischießt als die Dichtung - ist dem Bedürfnis des Volkes nicht immer am meisten gedient“, merkt er dazu an. (S. 204)

Das Ergebnis des Krieges ist bekannt. Der dänische König verzichtete zugunsten von Preußen und Österreich auf die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Fontane sprach angesichts dieses politischen Erfolges der militärischen Aktion die Hoffnung aus, daß der Ära des Haders und des Krieges nun Friede folgen möge. Doch wir wissen: Nur zwei Jahre später standen sich die beiden gerade noch verbündeten Mächte Preußen und Österreich in einem neuen Krieg als Feinde gegenüber.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 12/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
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