Rezension von Bernd Heimberger



Dame mit Dolch?

Christopher Andersen: Hillary und Bill
Die Geschichte einer Ehe.
Aus dem Amerikanischen von Marcel Bieger.
Marion von Schröder Verlag, München 2000, 432 S.


Natürlich sind sie kein „natürliches“ Paar. Sie sind ein außergewöhnliches Paar. Sie sind ein „Power-Paar", aber bevor sich, eventuell, niemand mehr darüber das Maul zerreißt, mischt Christopher Andersen noch mal kräftig mit. Der Publizist versteht was vom Geschäft. Schließlich ist er Experte. Vor nicht langer Zeit traktierte er uns mit der schnulzigen Story Jack und Jackie. Gemeint waren die Kennedys. Jetzt hat er „Hillary und Bill" beim Wickel. Gemeint sind die Clintons. Man achte auf den kleinen Unterschied, das heißt die Reihenfolge der Namen. Macht das nicht den Experten aus, so fein zu nuancieren? Vom jüngsten Personen-Kult-Buch Andersens, der auch mit einem „Diana"-Buch Schaum schlug und sich das Portemonnaie prall füllte, wird gesagt, daß es „einen Blick hinter die Kulissen wirft" und „aufsehenerregende Enthüllungen" zu bieten hat. (Immer wieder dieser Ideenreichtum in der Werbung!) Andersen ist ein reichlich papierfressender Experte, der Eindruck schindet, indem er immer so tut, als sei er die allessehende und -hörende Tapete aller Räume, das alleserduldende Polster sämtlicher Liegen und Sitzgelegenheiten. Der Bescheidwisser, der Hillary und Bill verfaßte, hat das zusammengekniffene Auge des Schlüssellochguckers. Geschrieben wurde das Buch für die Erdnußflips-Cracker-Futterer, deren 24-Stunden-Programm das Fernsehprogramm ist. Unlogisch? Weil die gar nicht lesen? Irrtum! So eine „Geschichte einer Ehe" ist was fürs Zwischendurch, fürs Nebenher-Reinziehen, für Dösetage im Urlaub. Christopher Andersen ist der Dealer einer homöopathischen Droge. Gezüchtet in dem Garten, in dem einst die vielzitierte „Gartenlaube" stand. Enthüllend ist wahrlich nichts, was der Einluller den Lesern einträufelt. Sie bekommen, was sie bekommen wollen: den heftig am männlichen Merkmal gepackten Prinz Charming aus den Südweststaaten. Dazu die Dame aus dem Mittleren Westen, die ein Schwert mit scharfer Klinge schwingt. Alles sieht so schön nach Mantel des Schweigens und Dolch der Macht aus. Wie gehabt! Von Jack und Jackie bis Hillary und Bill. Alles austauschbar. Egal, welcher Name vorn steht. „Natürlich kam es zwischen beiden auch zum liebevollen Schlagabtausch ...", schreibt der Autor. Und meint? Früher die Vorgänger, nun die Nachrücker. Der klugen Frau Clinton gibt der Autor zu selten die Chance, einen klugen Satz zu sagen. Ist der Autor nicht gescheiter? Oder ist nur der Rezensent so dämlich, der nicht glauben will, daß Kitsch so kitschig sein kann.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 10/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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