Eine Annotation von Wolfgang Buth


Wendlandt, Peter:

Der tägliche Horror

Erzählungen.
edition fischer im R. G. Fischer Verlag, Frankfurt/M. 1997, 175 S.

Lieben Sie Satire und Ironie? Bekennen Sie sich zur Bosheit? Sind Sie makabren Dingen gegenüber aufgeschlossen? Dann halten Sie das richtige Buch in Händen! Der tägliche Horror ist das Erstlingswerk von Peter Wendlandt. Er schildert den ganz alltäglichen Wahnsinn, der uns alle umgibt und dem wir uns nicht entziehen können. Respektlos und boshaft werden Alltagssituationen und deren Auswirkungen unter die Lupe genommen.

Jede der zwanzig Kurzgeschichten bzw. Erzählungen ist auf einen bestimmten Punkt zugeschrieben; und fast alle enden heftig und für den Leser überraschend, wobei die Themenvielfalt sehr breit ist. Da versinkt die Mutter eines kleinen Jungen im See, und ein besoffener, aber noch zielsicher treffender Jahrmarktsbesucher treibt einen Schießbudenbesitzer fast in den Ruin. „Die gute Fee“ (so der Titel einer Erzählung) vollbringt drei Wunder auf dem Alexanderplatz in Ostberlin, damals noch Hauptstadt der DDR. In der „Romanze mit Pfiff“ versucht ein altes Ehepaar, sein Liebesleben mit Hilfe der Pharmazie zu beleben, und in der Erzählung „Der General“ wird der normale Alltag in der Bundeswehr köstlich durch den Kakao gezogen.

Peter Wendlandt liebt den schwarzen Humor - beste Beispiele dafür sind die Kurzgeschichten „Das Geheimnis der Plastetüte“ und „So ein Tier ist auch nur ein Mensch“. Mit solch verblüffend anderen (fast kriminellen) Wendungen hat der ahnungslose Leser nicht gerechnet.

Fragwürdig erscheinen mir die Erzählungen „Der Selbstmordkandidat“ und „Ein Fall von Antisemitismus“ aus dem Dritten Reich - damit sollte man keinen noch so schwarzen Humor treiben.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08+09/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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