Eine Rezension von Helmut Caspar


Die Berliner und ihre Liebe zum Grün

Anke Kuhbier: Berlin Grün
Historische Gärten und Parks der Stadt.

L & H Verlag, Hamburg 2000, 192 S.

 

Die Berliner und ihre Gärten, das ist eine lange Liebesgeschichte. Schon in der Zeit der Kurfürsten und Könige hat es in der Stadt oftmals landwirtschaftlich oder als Kräutergarten genutzte Grünflächen gegeben. Die Stadt war durchzogen von Grünflächen, oftmals auf Terrain, das ursprünglich von Bastionen und Festungsmauern besetzt war. Der Tiergarten indes diente als hochherrschaftliches Jagdrevier, der von den Hohenzollern angelegte Lustgarten in der Nähe des Schlosses wurde mit Figuren und einem Bassin geschmückt. Vor einiger Zeit wurde dieser prominente Platz vor Schinkels Altem Museum nach historischen Vorbildern in der Form des 19. Jahrhunderts rekonstruiert. Wiederbegrünt wurden in Anlehnung an ältere Vorbilder auch der Gendarmenmarkt, der Pariser Platz und die Straße Unter den Linden.

Was Berlin sonst an historischem Grün zwischen Britz, Buch und Biesdorf, Charlottenburg, Glienicke, Friedrichshain und Köpenick, Tegel, Treptow und Tiergarten vorzuweisen hat und welche Entwicklung diese Gärten und Parks genommen haben, listet ein reich illustriertes Inventar auf, das vom Berliner Landesdenkmalamt herausgebracht wurde und eine ansehnliche Bilanz jahrzehntelangen erfolgreichen Ringens um oftmals lange vernachlässigte und rigoros umgestaltete Flächen zieht. Anke Kuhbier zeigt, daß Berlin keineswegs eine öde Steinstadt ist, sondern zu Recht den Ehrennamen „grüne Metropole in Europa“ trägt. Die Autorin würdigt die Tätigkeit bedeutender Gartengestalter der letzten 300 Jahre, allen voran Peter Joseph Lenné und Gustav Meyer, die dem Stadtgrün ihren Stempel aufgedrückt haben. Insgesamt werden, beginnend im Tiergarten, 43 Anlagen vom großflächigen Park bis zum kleinen Platz im Kiez oder zum qualitätvollen Villengarten und Gutspark erfaßt. Zu den in diesem Kurzinventar beschriebenen Objekten gehören auch einige historische Friedhöfe wie der Invalidenfriedhof und der Französische Friedhof, auf denen Wegesysteme und Grabstellen rekonstruiert wurden, der Viktoriapark mit dem Kreuzbergdenkmal obenauf, der den Wasserfall und andere gartenhistorische Kleinode zurückbekam, der von Lenné in einen reizvollen Landschaftspark umgewandelte Schloßgarten Niederschönhausen oder auch der Mierendorffplatz, Schillerpark und der Volkspark Rehberge, die ebenfalls mit Hilfe der Gartendenkmalpflege in einen vorzeigbaren Zustand versetzt wurden.

In der Einleitung zu diesem Wegweiser erinnert Berlins oberster Gartendenkmalpfleger Klaus von Krosigk daran, daß die Berliner Denkmalpflege an der Wiederentdeckung des Stadtgrüns sowie der Rehabilitierung und Regenerierung des gartenkulturellen Erbes in den vergangenen Jahrzehnten großen Anteil gehabt hat, und dies beiderseits der Mauer. Wichtige Impulse für die Aufarbeitung dieses Erbes habe das Europäische Denkmalschutzjahr 1975 vermittelt. Das Berliner Beispiel habe entschieden dazu beigetragen, „sich aufs neue der eminenten gesellschaftlichen Funktion und Kraft des öffentlichen und privaten Grüns zu erinnern und alle Anstrengungen zu unternehmen, um alter und neuer Gartenkunst als essentieller Teil unserer Lebensqualität zum Durchbruch zu verhelfen“, so von Krosigk.

Daß trotz großer Mühen und erheblichem Geldaufwand auch weiterhin Handlungsbedarf besteht, zeigen die jetzt in Gang kommenden Arbeiten zur Wiedergewinnung der authentischen Barockfassung des Gartenparterres im Schloßpark Charlottenburg sowie Maßnahmen im 150 Jahre alten Volkspark Friedrichshain oder bei der Regenerierung des zu einem Grünzug umgestalteten Luisenstädtischen Kanals, der sich langsam von den Schäden erholt, die ihm in „Mauerzeiten“ zugefügt wurden.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 05/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
www.luise-berlin.de

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