Annotation von Kitty Kalina


 

Sachbuch


Blazek, Helmut:
Männerbünde
Eine Geschichte von Faszination und Macht.
Ch. Links Verlag, Berlin 1999, 264 S.

Eigentlich weiß Frau wenig über die Zusammenrottung von Männern zu „Männerbünden”. Vermutlich weiß auch Mann kaum mehr darüber. Allein der Begriff mutet skurril an: Was ist das und wozu? Diesen Fragen wird im Paperback „Männerbünde” nachgegangen. Der Autor informiert über diverse Männerbund-Theorien, ihre historischen, soziologischen und machtpolitischen Hintergründe. Neben kulturgeschichtlichen Überlegungen zur Stellung des Mannes und über die Rolle der Frau in der Gesellschaft gesellen sich psychosoziale Einblicke in das männliche Selbstverständnis, das in Männerbünden und ähnlichen Zusammenschlüssen gepflegt wird.

Was auf den ersten Blick vielleicht noch als sinnstiftende Geselligkeit durchgeht, entpuppt sich bei den meisten der im Buch angeführten Beispiele als abstoßende, gefährliche oder mörderische Mischung von Aggressivität, Elitebewußtsein, religiös-kultischen Elementen, ökonomischen und politischen Macht- und Karrierezielen. Der im Buch zitierte Völkerkundler Schweizer spricht u. a. von „männlicher Überlegenheitsideologie”, von „Dramatisierung der Männerrolle”, welche in „spontane Gewaltakte” münden kann. Kampf, Gewalt, Gehorsam gehören zu männerbündischen (oder soldatischen) Tugenden, ebenso Ausgrenzung von Frauen, Unterordnung und Härte - es sei denn, Mann ist besoffen (Burschenschaftstreffen u. ä.) und wird rührselig oder gehört einer freizeitgestaltenden Gruppe (z. B. schwule Uniform-Fetischisten) an.

Die durchweg sachliche Darstellung und Analyse männerbündischer Strukturen verdeutlicht, wie manipulierbar nicht nur einfach gestrickte Männergemüter sind - jeder Esel läuft einem Heubündel hinterher, gleich gar, wenn Geld, Erfolg oder Macht draufsteht. Strukturen auch, aus denen Kriege und Verbrechen wuchern, drapiert mit ästhetizistischem Getue, wie z. B. dem blutrünstigen Kriegskitsch von Ernst Jünger, der nach dem Ersten Weltkrieg von einer aus dem Geist des Krieges neu geborenen Rasse schwärmt - „prächtige Raubtiere”. Blutgeruch, der sich zunehmend verdichtet, in Nazi-Deutschland zum Mordrausch wird und in NS-Männerbünden wie Himmlers SS perversen germanischen Mummenschanz umwabert.

Die Beschreibung auch zeitgenössischer Männergemeinschaften belegt, wie diese Gruppen weiter durch Ausgrenzung und Anmaßung die männliche Vormachtstellung zementieren. In diesem Zusammenhang ist die Gegenkonzeption der bewegten Männer zwar interessant, aber nicht richtig wirkungsvoll.



Berliner LeseZeichen, Ausgabe 04/2000 © Edition Luisenstadt, 2000
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