Berlin im Jahr 1939
01. 01. Renate Breuer wird geboren. Die Berliner Kanurennsportlerin errang bei den Olympischen Spielen in Mexiko-Stadt 1968 die Silbermedaille im Einer-Kajak über 500 m. Im Vierer-Kajak über 500 m wurde sie 1966 Vize-Weltmeisterin.
01. 01. Das »Berliner Tageblatt« und die »Neue Preußische (Kreuz-)Zeitung« stellen ihr Erscheinen ein.
06. 01. In der Zeitschrift »Naturwissenschaften« erscheint der Artikel »Die bei der Bestrahlung des Urans mittels Neutronen entstehenden Erdalkalimetalle« von den Chemikern Otto Hahn und Fritz Straßmann.
06. 01. Im Sportpalast (Schöneberg) beginnen die ersten »Großdeutschen Meisterschaften für Herren und Paare« im Eiskunstlauf. Sie endeten am 8. Januar. Es siegten bei den Herren Horst Faber (München) und bei den Paaren Maxi Herber (München)/Ernst Beier (Berlin).
09. 01. Die Neue Reichskanzlei an der Wilhelmstraße/Voßstraße wird übergeben. Die Feier anläßlich ihrer Fertigstellung fand im Sportpalast an der Potsdamer Straße (Schöneberg) in Anwesenheit von 8 000 Bauarbeitern statt.
12. 01. Mit dem Neujahrsempfang für das diplomatische Korps weiht Adolf Hitler die nach Plänen von Albert Speer in nur neun Monaten erbaute Neue Reichskanzlei ein.
25. 01. Der Gau Berlin der NSDAP veranstaltet im Sportpalast (Schöneberg) eine Kundgebung zum Thema »Judenfrage in Deutschland und Italien«. Als Redner auf der Veranstaltung sprach u.a. der italienische Staatsminister Roberto Farinacci.
28. 01. Der Betriebswirtschaftler Willi Prion stirbt in Berlin. 1913 wurde er an die Handels-Hochschule Berlin berufen und er lehrte später an der Technischen Universität und der Berliner Universität. Prion veröffentlichte die »Lehre vom Wirtschaftsbetrieb«.
28. 01. Die Chemiker Otto Hahn und Fritz Straßmann reichen die Arbeit »Nachweis der Entstehung aktiver Bariumisotope aus Uran und Thorium durch Neutronenbestrahlung; Nachweis weiterer aktiver Bruchstücke bei der Uranspaltung« zur Veröffentlichung ein.
10. 02. In der Zeitschrift »Naturwissenschaften« erscheint die zweite Mitteilung der Chemiker Otto Hahn und Fritz Straßmann zur Kernspaltung.
13. 02. Im Berliner Sportpalast (Schöneberg) veranstaltet der Landdienst der Hitlerjugend eine Reichskundgebung. Auf der Veranstaltung traten Reichsminister und Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß und Reichsführer-SS Heinrich Himmler auf.
15. 02. Die Abteilung Wehrmacht der Deutschen Arbeitsfront veranstaltet im Sportpalast (Schöneberg) eine Feierstunde, auf der 15 Betriebsfahnen durch Generaloberst Wilhelm Keitel geweiht werden.
15. 02. Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda gibt dem Antrag Eugen Klöpfers zur Auflösung des Vereins »Volksbühne« statt.
19. 02. Die Revue »Ein Kuß reist um die Welt«, u.a. mit Rudolf Platte, Hilde Seipp und Aribert Mog, hat in der Deutschlandhalle am Funkturm (Charlottenburg) Premiere. Die Musik komponierte Josef Rixner.
20. 02. In Charlottenburg wird am Vormittag am dunkelgrauen Himmel ein heller, fast senkrechter trombenartiger Wolkenschlauch beobachtet, dessen Drehsinn jedoch nicht erkennbar ist.
21. 02. Der Meteorologe Gustav Hellmann, von 1907 bis 1922 Direktor des Königlich Preußischen Meteorologischen Institutes, stirbt in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof der St.-Nicolai- und der St.-Marien-Gemeinde, Prenzlauer Allee 1 (Prenzlauer Berg).
23. 02. Die NSDAP erwirbt das Grundstück Heerstraße 12-14/Ecke Bayernallee 51/52 (Charlottenburg), um darauf das Gebäude der Reichsjugendführung errichten zu lassen.
10. 03. Mit einer Verordnung werden die geologischen Landesanstalten und die - von Hermann Göring geschaffene - Dienststelle »Erforschung des Deutschen Bodens«, das »Büro Keppler«, zu einer »Reichsstelle für Bodenforschung« zusammengefaßt.
14. 03. Am Anhalter Bahnhof empfängt eine Ehrenkompanie den Staatspräsidenten der Tschecho-Slowakischen Republik, Dr. Emil Hácha, und den Außenminister Frantisek Chvalkovsky. Unter Drohungen stimmte Hácha der Errichtung eines Protektorats »Böhmen und Mähren« zu.
17. 03. Der Chemiker Fritz Ullmann, bekannt geworden durch seine »Enzyklopädie der technischen Chemie«, deren erste Auflage in zwölf Bänden in den Jahren 1912 bis 1922 erschien und während seiner Berliner Zeit entstand, stirbt in Genf.
18. 03. In Istanbul stirbt Wilhelm Liepmann, Begründer der sozialen Gynäkologie, der, 1933 wegen seiner jüdischen Abstammung in Berlin mit Berufsverbot belegt, einem Ruf an die Istanbuler Universitätsklinik gefolgt war.
20. 03. Im Hof der Berliner Hauptfeuerwache in der Lindenstraße 40-41 (Kreuzberg) werden 1 004 Gemälde, 3 825 Aquarelle und Grafiken, die von nationalsozialistischer Seite als »entartete Kunst« bewertet wurden, verbrannt.
23. 03. Der Verein Volksbühne e.V. wird vom Amtsgericht Berlin N 65, Gerichtsstraße 27, aus dem Vereinsregister gestrichen. Das Vermögen des Vereins fiel dem Deutschen Reich zu.
30. 03. Der Lustspieldichter und Übersetzer Dr. phil. Ludwig Anton Salomon Fulda stirbt in Berlin und wird auf dem Waldfriedhof Dahlem beigesetzt. Fulda war seit 1888 in Berlin ansässig. In seinen Werken wandte er sich dem dramatischen Stil des Naturalismus zu.
31. 03. Die Preußische Geologische Landesanstalt in Berlin hört auf, in ihrer bisherigen Form zu existieren. Sie wurde 1940 mit den anderen Geologischen Landesämtern zum »Reichsamt für Bodenforschung« vereinigt.
01. 04. Die Tobis Filmkunst GmbH veranstaltet im Sportpalast (Schöneberg) im Rahmen der Abschlußveranstaltung des Winterhilfswerks 1938/39 die Festveranstaltung »Die Nacht der 1 000 Wunder« mit Tanz und zahlreichen Vorführungen.
01. 04. Durch die Vereinigung mit Babelsberg (früher Nowawes und Villenkolonie Neubabelsberg) wird Potsdam zu einer Großstadt mit 127 167 Einwohnern.
01. 04. Eine Verordnung über die Benennung von Straßen wird erlassen.
06. 04. Im Sportpalast (Schöneberg) findet ein Großkonzert der Luftwaffe und der Werkscharmusiker statt. Es war die Abschlußveranstaltung des Volksmusikfestes 1939.
15. 04. Auf der von der Station Unter den Linden her verlängerten Nord-Süd-Bahn wird der unterirdische S-Bahnhof Potsdamer Platz eröffnet. Die durchgehende Verbindung zur Wannseebahn ging am 9. Oktober in Betrieb.
16. 04. Das »Forum des Zweiten Reiches« am Großen Stern (Tiergarten) wird eingeweiht. Im Rahmen einer »Neugestaltung der Reichshauptstadt« waren die Siegessäule und die Denkmäler des Königsplatzes zum Großen Stern versetzt worden.
17. 04. Das noch nicht vollständig fertiggestellte Haus der Deutschen Gemeinden in der Berliner Straße 4-9 (Straße des 17. Juni, Tiergarten), das erste größere neue Bauwerk an der Ost-West-Achse, wird vorläufig eingeweiht.
19. 04. Am Vorabend seines 50. Geburtstages fährt Reichskanzler Adolf Hitler den fertiggestellten Abschnitt der Ost-West-Achse vom Adolf-Hitler- Platz (Theodor-Heuss-Platz) bis zum Brandenburger Tor - die »Via Triumphalis« - ab und übergibt sie dem Verkehr.
20. 04. Am 50. Geburtstag von Adolf Hitler findet auf der Charlottenburger Chaussee (Straße des 17. Juni) zwischen Brandenburger Tor und Kaiserdamm eine Parade der Wehrmacht statt.
24. 04. Der Fachspartenleiter Physik des Reichsforschungsrates, Prof. Abraham Esau, lädt Wissenschaftler zu einer Besprechung über die Frage einer sich selbst fortpflanzenden Kernreaktion ein.
28. 04. Reichskanzler Adolf Hitler spricht vor dem Deutschen Reichstag in der Krolloper (Tiergarten) und kündigt aufgrund der britischen Polengarantie den Nichtangriffspakt mit Polen vom 26. Januar 1934.
29. 04. Peter Gröning wird in Berlin geboren. Der Radsportler des SC Dynamo Berlin gewann bei den Olympischen Spielen in Rom 1960 die Silbermedaille im 4000-m-Mannschaftsverfolgungsrennen.
29. 04. Im Reichserziehungsministerium Unter den Linden findet die erste Geheimsitzung zum Uranproblem statt.
03. 05. Der Geologe Paul Krusch, von 1901 bis 1918 Professor für Lagerstättenkunde an der Bergakademie und langjähriger Präsident der Geologischen Landesanstalt, stirbt in Berlin.
13. 05. Hildrun Clauss wird geboren. Die Leichtathletin gewann bei den Olympischen Spielen in Rom 1960 die Bronzemedaille im Weitsprung.
17. 05. Eine durchgeführte Volkszählung weist aus, daß der Bezirk Prenzlauer Berg 298 025 Einwohner hat. Das waren 6,8 % der Bevölkerung Berlins. Im Bezirk lebten nur noch 9 577 Menschen jüdischen Glaubens. Bei der Volkszählung am 16. Juni 1925 waren es 20 419.
17. 05. Eine Volkszählung ergibt, daß Berlin 4 338 756 Einwohner hat.
22. 05. Im Sportpalast geben die Musikgruppen der Siemenswerke aus Berlin, der »Ostmark« (annektiertes Österreich), Bayern und dem Rheinland ein Konzert. Unter den Gästen waren Dr. Carl Friedrich von Siemens und die Betriebsführer Dr. von Boul und Dr. Bingel.
01. 06. Der Physiker Abraham Esau, Leiter der »Fachgliederung Physik und Maschinenbau« im Reichsforschungsrat, wird zum Präsidenten der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt ernannt.
03. 06. Im Sportpalast (Schöneberg) gibt das Musikkorps des Luftwaffenregiments General Göring ein Militärkonzert zugunsten der Künstler-Altershilfe.
05. 06. In Berlin beginnt eine dreitägige Tagung der Kommission für maritime Meteorologie der Internationalen Meteorologischen Organisation.
06. 06. Die Legion Condor, die im spanischen Bürgerkrieg an der Seite Francos gegen die spanische Volksfrontregierung gekämpft hatte, marschiert über die Ost-West-Achse durch das Brandenburger Tor in Berlin ein.
08. 06. In Berlin beginnt eine achttägige Tagung der Kommission für Flugmeteorologie der Internationalen Meteorologischen Organisation.
14. 06. Im Sportpalast (Schöneberg) findet die Abschlußveranstaltung des Berliner Studententages 1939 statt.
14. 06. Die Trabrennbahn in Ruhleben an der Freiheit (Spandau) wird nach längerem Umbau in modernisierter Gestalt wiedereröffnet.
16. 06. In Berlin beginnt eine fünftägige Tagung der Aerologischen Kommission der Internationalen Meteorologischen Organisation.
21. 06. Im Straßenbild Berlins erscheint ein neuer Omnibustyp mit der Wagennummer 626 (Büssing), Dobus genannt, wobei das »D« für »Dreiachs-Doppeldecker« und das »o« für »ohne Motorvorbau« standen. Der Motor und der Kühler waren im Wagenkasten eingebaut.
21. 06. In Berlin beginnt eine fünftägige Tagung des Internationalen Meteorologischen Komitees.
01. 07. Der Filmregisseur Carl Froelich, der u.a. beim dritten Fridericus-Film »Der Choral von Leuthen« Regie führte, wird Präsident der Reichsfilmkammer.
04. 07. Aufgrund der 10. Verordnung zum Reichsbürgergesetz wird die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland mit Sitz in Berlin gegründet. Unter Aufsicht der Gestapo organisierte sie die Auswanderung von Juden unter Zurücklassung fast ihres gesamten Besitzes.
05. 07. Der österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein trifft in Berlin ein, um Abstammungsbescheide zu beschaffen, die seine Familie vor Verfolgung schützen sollen.
08. 07. Der Geograph Georg Wegener stirbt in Berlin. Seit 1911 las er über Länderkunde, Wirtschafts- und Verkehrgeographie an der Handels- Hochschule Berlin. Für das Amtsjahr 1926/27 war er Rektor der Hochschule.
15. 07. Der S-Bahnhof Düppel wird eröffnet.
19. 07. Joachim Werner wird geboren. Der Berliner Ruderer gewann bei den Olympischen Spielen in Tokio 1864 die Goldmedaille im Vierer mit Steuermann. Werner war 1963 Europameister, 1964 Vize-Europameister.
26. 07. In Berlin wird innerhalb einer großen Luftschutzübung ein Nachtangriff feindlicher Bomber simuliert.
28. 07. Bei der 16. Großen Deutschen Funkausstellung wird der erste deutsche »Fernseh-Einheitsempfänger E 1« mit Telefunken- Rechteck-Bildröhre (19,5 x 22,5 cm) vorgestellt. Sein Preis wurde mit 650 Reichsmark angegeben.
28. 07. Die 16. Große Deutsche Rundfunk- und Fernseh-Funkausstellung wird von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels eröffnet.
29. 07. Der Privatdozent A. Lehmann wird zum außerordentlichen Professor am Chemischen Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin ernannt. Von 1941 bis 1943 war er stellvertretender Direktor des Instituts.
30. 07. Im Olympiastadion (Charlottenburg) erreicht Christel Schulz aus Münster mit 6,12 Meter einen Weltrekord im Weitsprung.
02. 08. Für das Wohnviertel Charlottenburg-Nord erfolgt die Grundsteinlegung.
05. 08. Ein mit Stadtgas gefüllter bemannter Ballon steigt während der Funkausstellung vom Sommergarten am Funkturm (Charlottenburg) vor dem Objektiv der Fernsehkamera auf.
07. 08. Der »Fernsehsender Paul Nipkow, Berlin« in Charlottenburg beginnt ein Nachmittagsprogramm, das neben »Zeitdienst-Sendungen von verschiedenen Stellen Berlins auch Sendungen für Frauen und Kinder enthielt.
11. 08. Der »Fernsehsender Paul Nipkow, Berlin« in Charlottenburg überträgt erstmals einen Boxkampf (Adolf Heuser gegen Merlo Preciso) aus dem Sportpalast (Potsdamer Straße, Schöneberg).
14. 08. Die »Reichspost-Fernseh-GmbH« für Aufnahmedienst und Vorführung mit Großbildempfängern wird in das Berliner Handelsregister eingetragen.
15. 08. Die »Deutsche Allgemeine Zeitung« veröffentlicht den Aufsatz von Dr. Flügge, Mitarbeiter im Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie, der erstmalig in leicht verständlicher Form die Bedeutung der durch Otto Hahn entdeckten Urankernspaltung darstellt.
17. 08. Der Bärenzwinger am Köllnischen Park (Mitte) wird im Anwesenheit von Tausenden Berlinern durch Oberbürgermeister und Stadtpräsident Dr. Julius Lippert feierlich eröffnet. Die ersten Bewohner waren die Bären Jule, Lotte, Urs und Vreni.
19. 08. In Berlin wird ein deutsch-russisches Handels- und Kreditabkommen unterzeichnet.
20. 08. Ernst Gennat, der in der Zeit der Weimarer Republik in Berlin als Chef des Morddezernats bzw. der Zentralen Mordinspektion erfolgreichster Kriminalist der Polizei war, stirbt in Berlin.
21. 08. In Berlin beginnt der 6. Internationale Kongreß für Archäologie. Es war das letzte internationale Treffen von Wissenschaftlern vor Kriegsausbruch.
23. 08. Aus dem Haus des Rundfunks in der Masurenallee (Charlottenburg) wird eine Tarnmeldung verbreitet, die den auf See befindlichen deutschen Schiffen den Kriegsbeginn am 1. September ankündigt.
25. 08. Reichskanzler Adolf Hitler empfängt in Berlin den britischen Botschafter Arthur Henderson.
25. 08. Reichskanzler Adolf Hitler gibt in der Berliner Reichskanzlei den Angriffsbefehl für den Überfall auf Polen, den er jedoch nach wenigen Stunden widerruft.
27. 08. Angesichts des drohenden Kriegsausbruchs wird die Berliner Bevölkerung über die Ausgabe von Bezugsscheinen für Lebensmittel, Kohle und Treibstoff informiert.
27. 08. Ein in den Heinkel-Werken (Oranienburg bei Berlin) von dem Physiker Joachim Pabst von Ohain entwickeltes Strahltriebwerk wird in dem Düsenflugzeug He 178 erfolgreich getestet.
31. 08. Adolf Hitler erteilt in der Berliner Reichskanzlei den Oberbefehlshabern des Heeren den Befehl, Polen am 1. September 1939, 4.45 Uhr, gemäß dem Fall »Weiß« anzugreifen.
31. 08. Arnold Höllriegel (bürgerlich: Dr. phil. Richard Arnold Bermann) stirbt in Saratoga Springs (USA). Der Autor und Weltbürger Höllriegel lebte und schrieb in Wien und Berlin. 1933 mußte er Berlin verlassen. 1939 floh er nach New York (USA).
01. 09. Der Euthanasie-Erlaß tritt in Kraft. Damit war die Ermordung von Geisteskranken juristisch gedeckt.
01. 09. Im Alter von 75 Jahren emigriert der weltweit anerkannte Krebsdiagnostiker Prof. Robert Meyer, der als Jude nach Entzug der Lehrbefugnis (1935) noch bis 1938 ohne Bezüge an der Charité als Gutachter für Präparate aus aller Welt beschäftigt war.
01. 09. Die BVG beginnt mit der Ausbildung von Frauen für den Dienst als Straßenbahn-Schaffnerinnen.
01. 09. Vor dem versammelten Reichstag, der seit dem Reichstagsbrand in der Krolloper tagte, gibt Adolf Hitler den Beginn des Krieges gegen Polen bekannt. Am frühen Abend wurde probeweise der erste Fliegeralarm ausgelöst.
01. 09. In den frühen Morgenstunden erfahren die Berliner über den Rundfunk vom Ausbruch des Zweiten Weltkrieges.
01. 09. Die Ausgangsbeschränkungen für Juden werden in Berlin im Sommer ab 21.00 Uhr, im Winter ab 20.00 Uhr festgelegt.
01. 09. Nachmittags geben die Sirenen das erstemal Luftalarm. Zwei Berlin anfliegende polnische Flugzeuge wurden jedoch bereits im Raum Müncheberg abgefangen und abgeschossen. Die NS-Propaganda bezeichnete den Alarm als einen Irrtum.
02. 09. Der italienische Botschafter in Berlin, Attolico, überbringt Außenminister Joachim von Ribbentrop einen Vermittlungsvorschlag Mussolinis im Polenkrieg.
02. 09. Der »Berliner Lokalanzeiger« veröffentlicht die neueste Verordnung: »Das Abhören von politischen Nachrichten und Übertragungen ausländischer Sender wird unter Strafe gestellt.
03. 09. Der französische Botschafter Coulondre überbringt ein auf 17.00 Uhr befristetes Ultimatum zum Rückzug Deutschlands aus Polen. Ansonsten erfolge die Kriegserklärung Englands und Frankreichs an Deutschland.
03. 09. In Berlin trifft die Kriegserklärung Großbritanniens und Frankreichs an das Deutsche Reich ein.
03. 09. Der britische Botschafter Henderson überbringt ein auf 11.00 Uhr befristetes Ultimatum zum Rückzug Deutschlands aus Polen.
08. 09. Die beiden Jungkommunisten Heinz Kapelle und Erich Ziegler verbreiten in der Nacht zum 9. September das Flugblatt »Ich rufe die Jugend der Welt!«. Das Flublatt wurde in der Druckerei Albin Zeh in der Schönhauser Allee 9a gedruckt.
08. 09. Carsten Keller wird geboren. Der Hockeyspieler gewann bei den Olympischen Spielen in München 1972 als Berliner Vertreter mit der deutschen Mannschaft die Goldmedaille. Keller bestritt 83 Länderspiele.
16. 09. Die erste Verordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen in Berlin wird veröffentlicht.
17. 09. Botschafter Graf von der Schulenburg berichtet aus Moskau nach Berlin, daß er um 2.00 Uhr nachts von Stalin empfangen wurde und dieser ihm erklärte, daß die Rote Armee um 6.00 Uhr die Sowjetgrenze auf der ganzen Linie nach Polen überschreiten wird.
27. 09. Das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) unter Leitung des Chefs der Sicherheitspolizei Reinhard Heydrich wird gegründet. Die Zentrale des RSHA befand sich in der Prinz-Albrecht-Straße 8 (ab 10. Mai 1951 Niederkirchnerstraße, Kreuzberg).
28. 09. Die Reichsrundfunkkammer in Berlin wird aufgelöst. Ihre Aufgaben übernahm das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda.
30. 09. Der Sportpalast (Schöneberg) wird «... infolge des Kriegszustandes ... « vorläufig für Besucher geschlossen. Veranstaltungen wurden weiterhin abgehalten.
01. 10. Im Großen Sendesaal des Hauses des Rundfunks in der Masurenallee (Charlottenburg) beginnen wöchentliche Wunschkonzerte für die Wehrmacht (sonntags von 16.00 bis 20.00 Uhr), die bis zum 25. Mai 1941 durchgeführt und von Heinz Goedecke moderiert wurden.
01. 10. Der Geograph Edwin Fels, der seit 1937 Vorlesungen an der Handels-Hochschule Berlin hielt, wird zum Rektor der Hochschule ernannt.
04. 10. Das SS-Regiment »Leibstandarte Adolf Hitler« wird von Berlin nach Prag verlegt.
06. 10. Reichskanzler Adolf Hilter referiert vor dem Reichstag in Berlin über die »Neugestaltung Europas« und richtet an Großbritannien einen Friedensappell auf der Basis des Status quo.
09. 10. Die Verbindung der Wannseebahn mit der unterirdischen Nord-Süd-Bahn am Bahnhof Potsdamer Platz ist abgeschlossen - der durchgehende elektrischen S-Bahn-Betrieb von Gesundbrunnen bis Wannsee wird aufgenommen.
10. 10. Im Sportpalast (Schöneberg) findet eine Kundgebung zur Eröffnung des »Kriegswinterhilfswerks 1939/40« statt. Reichsminister Dr. Joseph Goebbels gab einen Rechenschaftsbericht und sprach zum Thema »Anpassung an die Kriegsverhältnisse«.
14. 10. Der Astronom Friedrich Simon Archenhold, der bis 1931 Direktor der Volkssternwarte in Treptow war, stirbt in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde, Gudrunstraße (Lichtenberg).
28. 10. SS-Reichsführer Heinrich Himmler erläßt in Berlin den »Zeugungs-Befehl« an SS und Polizei. Er empfahl die Zeugung von Kindern auch ohne Ehe vor dem Einrücken ins Feld.
02. 11. Der »Fernsehsender Paul Nipkow, Berlin« beginnt mit der Ausstrahlung einer »Monatsschau«, d.h. einem Zusammenschnitt aus den Wochenschauen des jeweiligen Monats.
05. 11. In der Nikolaikirche (Mitte) findet der letzte Gottesdienst statt. Sie wurde als Konzerthalle und Museum für kirchliche Altertümer umgebaut.
08. 11. Die Zoologin Paula Hertwig wird zur wissenschaftlichen Assistentin am Institut für Vererbungs- und Züchtungsforschung an der Berliner Universität ernannt.
14. 11. In Berlin wie im übrigen Deutschland werden die ersten »Reichskleiderkarten« ausgegeben.
15. 11. Auf einer Sitzung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft sprechen die Chemiker Otto Hahn und Fritz Straßmann »Über das Zerplatzen des Uran- und des Thoriumkerns in leichtere Atome«. 1966 erhielten sie zusammen mit Lise Meitner den Enrico-Fermi-Preis.
26. 11. Der »Fernsehsender Paul Nipkow, Berlin« überträgt das Fußballänderspiel Deutschland - Italien aus dem Olympiastadion (Charlottenburg).
30. 11. Der Techniker und Filmpionier Max Skladanowsky stirbt in Berlin. Skladanowsky hatte 1892 den Kinematographen konstruiert und ihn am 1. November 1895 im Berliner Wintergarten öffentlich vorgeführt. Beigesetzt wurde er auf dem Städtischen Friedhof Pankow.
02. 12. Die Landesstelle III des Deutschen Roten Kreuzes veranstaltet im Berliner Sportpalast (Schöneberg) eine Feierstunde zur Vereidigung von 3 000 Helferinnen und 600 Helfern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).
07. 12. Der hinter der Deutschlandhalle (Charlottenburg) liegende Pferdestall brennt infolge unvorschriftsmäßiger Schweißarbeiten ab und wird später wieder neu errichtet.
09. 12. Der Berliner Polizeipräsident Wolf Graf von Helldorf teilt der Jüdischen Gemeinde in einem Schreiben mit, »daß die Zweckbestimmung des jüdischen Friedhofes an der neuen Bergstraße in Berlin-Spandau ... mit sofortiger Wirkung aufgehoben ist«.
10. 12. Der Biochemiker Adolf Butenandt, seit 1936 Leiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Biochemie, erhält den Nobelpreis für Chemie.
20. 12. Der Atomforscher Max von Laue besucht das Laboratorium des Technikers Manfred von Ardenne in Lichterfelde.
24. 12. Der Physiker Walter Gordon, in Berlin durch seine Beiträge zur Atomphysik und Quantenmechanik bekannt geworden, stirbt in Stockholm.

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