Berlin im Jahr 1896
01. 01. Die Grundgebühren für Glüh- und Bogenlampen werden aufgehoben.
01. 01. Die Kilowattstunde (kWh) wird als Maßeinheit der Leistung eingeführt. Gesetzlich erfolgte die Einführung erst 1901. Durch den Umbau der Amperestundenzähler in Wattstundenzähler wurde die Abrechnung wesentlich vereinfacht.
04. 01. Wilhelm Conrad Röntgen stellt auf der Jubiläumssitzung der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin anläßlich ihres 50jährigen Bestehens die Entdeckung der X-Strahlen (später nach ihm Röntgenstrahlen genannt) der wissenschaftlichen Öffentlichkeit vor.
04. 01. Unter Leitung des Vorsitzenden der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin, Wilhelm von Bezold, wird das 50jährige Stiftungsfest der Gesellschaft nachträglich begangen. Bezold hielt die Festrede.
06. 01. Das Bootshaus des Berliner Ruderclubs (gegründet 1880), Stralauer Allee 12, brennt ab. Bis auf drei Wanderboote wird das gesamte Bootsmaterial (58 Boote) vernichtet.
06. 01. Auf der Sitzung des Vereins für innere Medizin in Berlin wird der medizinischen Öffentlichkeit in einem Referat von Moritz Jastrowitz die Entdeckung Wilhelm Conrad Röntgens (X-Strahlen, später Röntgenstrahlen genannt) vorgestellt.
07. 01. Wilhelm von Bezold, Vorsitzender der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin, gratuliert in einem Brief Wilhelm Conrad Röntgen zu seiner Entdeckung.
07. 01. Die Berliner Tageszeitungen berichten über die Entdeckung der X-Strahlen durch Wilhelm Conrad Röntgen (später nach ihm Röntgenstrahlen genannt).
09. 01. In einem Telegramm bittet Kaiser Wilhelm II. Wilhelm Conrad Röntgen um einen Vortrag über seine Entdeckung.
11. 01. Wilhelm Conrad Röntgen kommt mit seinem Assistenten in Berlin an und steigt im Hotel Kaiserhof ab. Anlaß des Besuches war eine Demonstration seiner Entdeckung der X-Strahlen (später Röntgenstrahlen) bei Kaiser Wilhelm II.
12. 01. Wilhelm Conrad Röntgen hält im Sternsaal des Berliner Schlosses vor Kaiser Wilhelm II. und weiteren Persönlichkeiten einen Vortrag über seine Entdeckung der X-Strahlen (später Röntgenstrahlen).
13. 01. Auf der Sitzung des Vereins für innere Medizin stellt Moritz Jastrowitz eine in Berlin angefertigte Röntgenaufnahme vor. Als Urheber wurde der Physiker Paul Spies von der Urania genannt.
18. 01. Kaiser Wilhelm II. empfängt im Rahmen der »Erinnerungsfeste an den Krieg 1870-71« eine Deputation der Berliner Studentenschaft unter Führung der »Berliner Burschenschaft Germania«, die ihm eine »Huldigungsadresse« überreicht.
18. 01. Der 25. Jahrestag der Proklamierung des Deutschen Reiches wird in der Aula der Technischen Hochschule in Charlottenburg feierlich begangen. Die Festrede hielt Prof. Emil Lampe.
20. 01. Moritz Jastrowitz demonstriert auf der Sitzung des Vereins für innere Medizin die Röntgenaufnahme der Hand eines Arbeiters, welcher vor Jahren eine Verletzung der Hand erlitten hatte, die jetzt nachweisbar war.
22. 01. Gustav Christiani aus Südende bei Berlin wird seine »Einrichtung zur Müllverbrennung an Hausherden« patentiert.
30. 01. Der Berliner Magistrat beharrt darauf, daß im Interesse der Stadtgemeinde »eine Einverleibung größerer Gebiete (Vorortgemeinden) überhaupt nicht geboten« erscheine.
04. 02. In einem Rundschreiben des Vorstandes der Deutschen Chemischen Gesellschaft an ihre Mitglieder wird u.a. der Ankauf des »Chemischen Zentralblattes« mitgeteilt (Beschluß vom 30. November 1895).
23. 02. Bei den sonntäglichen Theatervorstellungen im Feldschlößchen (Müllerstraße, Wedding) wird »Die Bluthochzeit« von Friedrich Adami gespielt. Künstlerischer Leiter war der Begründer des späteren Rose-Theaters, Bernhard Rose.
27. 02. Ein Vertrag zwischen dem Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und drei Vereinsvorständen regelt den Bau und den Betrieb einer Lehr- und Versuchsanstalt für die Gärungsgewerbe.
03. 03. Der Meteorologe Gustav Hellmann hält auf einer Sitzung des Zweigvereins Berlin der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft einen Vortrag über indogermanischen Wetteraberglauben.
09. 03. Die »Freie Volksbühne« löst sich wegen andauernder Polizeizensur durch Beschluß der Generalversammlung des Vereins auf.
18. 03. Der Betrieb der Städtischen Straßenbahn Spandau wird eröffnet.
21. 03. Die Haushaltungsschule des 1866 in Berlin gegründeten »Vereins zur Förderung höherer Bildung und Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts« (Lette-Verein) erhält auf der gastronomischen Ausstellung einen ersten Preis.
24. 03. Die Firma Siemens & Halske erhält ein halbes Jahr nach der Entdeckung der X-Strahlen (Röntgenstrahlen) durch Wilhelm Conrad Röntgen ein erstes Patent (DRP 91028) auf eine für medizinische Zwecke bestimmte Röntgenröhre mit regulierbarem Vakuum.
26. 03. Die Stadtverwaltung beschließt die Annahme des Felinusschen Erbteils zugunsten der Armendirektion, wenn die Grabpflege auf dem Matthäi-Kirchhof nicht wie verfügt »ewig«, sondern »solange dieser besteht«, mit den Erben vereinbart wird.
01. 04. Der Königliche Kanzleirat Alexander Bethge, der sein Berufsleben 1846 als Gärtnergehilfe in Charlottenhof und in Monbijou begonnen hatte, wird nach 50jähriger Beschäftigung in den Königlichen Gärten pensioniert.
01. 04. An der Technischen Hochschule in Charlottenburg wird mit dem Bau eines Maschinenbaulaboratoriums begonnen.
07. 04. Fritz Hofmann, Turner und Leichtathlet der Turngemeinde Berlin, gewinnt bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 die Bronzemedaille über 400 m.
09. 04. Unter Beteiligung der Berliner Turner A. Flatow, G. F. Flatow, Hofmann, Manteuffel, Neukirch, Schuft, Schuhmann und Weingärtner gewinnt die deutsche Mannschaft am Barren und am Reck die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Athen 1896.
09. 04. Hermann Weingärtner, Turner der Berliner Turnerschaft Korporation 1863, gewinnt bei den Olympischen Spielen in Athen 1996 die Silbermedaille am Seitpferd und an den Ringen sowie mit der Mannschaft die Goldmedaille am Barren und Reck.
09. 04. Carl Schuhmann, Turner der Berliner Turnerschaft, erringt bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 mit der Goldmedaille im Pferdsprung den ersten deutschen Olympiasieg. Am selben Tag gewann er auch die Goldmedaille am Barren und Reck mit der Mannschaft.
09. 04. Alfred Flatow, Turner der Berliner Turnerschaft, gewinnt bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 die Silbermedaille im Reck-Einzel. Am selben Tag gewann er auch die Goldmedaillen am Barren und Reck mit der Mannschaft.
09. 04. Friedrich Adolph Traun, Tennisspieler des LTTC Rot-Weiß, gewinnt bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 die Goldmedaille im Doppel.
10. 04. Alfred Flatow, Turner der Berliner Turnerschaft, gewinnt bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 die Goldmedaille Barren-Einzel.
10. 04. Hermann Weingärtner, Turner der Berliner Turnerschaft Korporation 1863, gewinnt bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 die Bronzemedaille Barren-Einzel.
10. 04. Fritz Hofmann, Turner und Leichtathlet der Turngemeinde Berlin, gewinnt bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 die Bronzemedaille im Hangeln und die Silbermedaille über 100 m.
11. 04. Carl Schuhmann, Turner der Berliner Turnerschaft, erringt bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 die Goldmedaille im Ringen. Sein Sieg war eine große Sensation: Schuhmann war im Ringkampf ohne Gewichtsklassen der mit Abstand Leichteste und Kleinste.
14. 04. Die Stadtverwaltung nimmt das Felinussche Erbteil von 10 000 Mark zugunsten der Armendirektion an, nachdem die Bedingung, das Felinussche Erbbegräbnis »ewig« instand zu halten, an den Bestand des Kirchhofs gebunden wurde.
15. 04. Das Unternehmen »Elektrische Straßenbahn Berlin, Behrensstraße-Treptow« hat Betriebseröffnung. Die erste Strecke führte vom Görlitzer Bahnhof zum Rathaus Treptow.
22. 04. Der eigens für die Berliner Gewerbeausstellung, die am 1. Mai 1896 auf dem Gelände des neu angelegten Treptower Parks begann, an der Görlitzer Bahn eingerichtete Bahnhof Ausstellung wird eröffnet. Er wurde nach der Gewerbeausstellung wieder beseitigt.
01. 05. Die Große Berliner Gewerbeausstellung wird im Treptower Park auf dem Gelände des »Neuen Sees« offiziell eröffnet. Der vollständige Betrieb begann am 3. Mai. Zu besichtigen war die Ausstellung bis zum 15. Oktober.
01. 05. Für die zur Berliner Gewerbeausstellung gebauten elektrischen Straßenbahnlinien erfolgt die erste Bahnstromlieferung vom Kraftwerk in der Mauerstraße 80 (Mitte).
01. 05. Vom Stadtinnern zum Gelände der Gewerbeausstellung in Treptow werden durch die Große Berliner Pferde-Eisenbahn mehrere elektrisch betriebene Straßenbahnlinien teils mit Oberleitungen, teils mit Unterleitungen in Betrieb genommen.
01. 05. Der Bahnhof Eichkamp an der Wetzlarer Bahn (Charlottenburg) wird eröffnet.
03. 05. Auf dem Gelände des neu angelegten Treptower Parks ist die mit 3 780 Ausstellern bislang umfangreichste Berliner Gewerbeausstellung zugänglich. Das Austellungsterrain war mit über 900 000 mē größer als das der Weltausstellungen, die bislang stattfanden.
16. 05. Das Stück »Spreeamazone« von Paul Lincke wird im Apollo-Theater in der Friedrichstraße 218 (Kreuzberg) uraufgeführt.
06. 06. Der langjährige Stadtbaurat Hermann Wilhelm Albert Blankenstein tritt in den Ruhestand und wird zu diesem Anlaß zum Stadtältesten ernannt.
07. 06. Die Müllenhoffstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
07. 06. Das Kohlenufer (Kreuzberg) wird in Sedanufer umbenannt. Die Straße wurde 1954/55 für den öffentlichen Verkehr eingezogen.
07. 06. Die Oberbaumstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
09. 06. Die Kommission für die Einrichtung und Verwaltung der Berliner Volksbibliotheken beschließt, dem Magistrat zu empfehlen, zum 1. Oktober des Jahres in verschiedenen Bibliotheken Lesezimmer einzurichten.
10. 06. Auf der Lichtenberger Feldmark eröffnet die Stadt Berlin eine »Zwangs-Erziehungsanstalt« für 200 männliche Jugendliche (heute Kinder-Krankenhaus »Lindenhof«).
11. 06. Eine Versammlung der »Institution of Naval Architects« findet in der Aula der Technischen Hochschule in Charlottenburg statt.
14. 06. Im Rittersaal des Königlichen Schlosses findet die feierliche Audienz des chinesischen Staatsmannes Li-Hung-Tschang statt. Er bedankte sich für den Beistand Deutschlands bei den Friedensverhandlungen mit Japan.
29. 06. Auf einer Versammlung in Berlin protestieren Frauen gegen die Stellung der Frau im Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches.
02. 07. Der Physiker Friedrich Kohlrausch hält seine Antrittsrede in der Preußischen Akademie der Wissenschaften.
02. 07. Der Physiker Prof. Emil Gabriel Warburg hält seine Antrittsrede in der Preußischen Akademie der Wissenschaften.
02. 07. Der Physiko-Chemiker Jacobus Hendricus van't Hoff hält seine Antrittsrede in der Preußischen Akademie der Wissenschaften.
09. 07. Der Geologe und Paläontologe Heinrich Ernst Beyrich stirbt in Berlin. Beyrich war an der Berliner Universität, der Bergakademie und der Geologischen Landesanstalt tätig.
11. 07. Die Königliche Akademie der Künste zu Berlin feiert das Jubiläum ihres 200jährigen Bestehens. Der achtzigjährige Adolf Menzel widmete ihr aus diesem Anlaß eine allegorische Zeichnung.
30. 07. Der Deutsche Rennfahrerverband (Radrennfahrer) wird in Berlin gegründet.
01. 08. Der Bahnhof Savignyplatz wird eröffnet.
03. 08. In der Berliner Universität hält der Staatswissenschaftler Adolph Wagner eine Rektoratsrede zum Thema »Die Entwicklung der Universität Berlin 1810-1896«.
10. 08. Otto Lilienthal, Ingenieur und Flugpionier, stirbt in Berlin an den Folgen der Verletzungen, die er sich am Vortag beim Absturz aus 15 m Höhe mit seinem selbstgebauten Flugapparat in den Rhinower Bergen zugezogen hatte.
27. 08. Robert Schweitzer wird in Genthin bei Magdeburg geboren. Nach dem Studium zum Volkswirt in Berlin und Hamburg arbeitete er als Assistent bei Prof. Heinrich Nicklisch an der Handels-Hochschule Berlin.
28. 08. Während der Gewerbeausstellung in Treptow bei Berlin steigt Hermann Wölfert mit einem von ihm konstruierten halbstarren Luftschiff auf.
10. 09. Die Firma Siemens & Halske beginnt mit Fundamentarbeiten für den Bau der ersten elektrischen Hochbahn Gitschiner Straße/Ecke Alexandrinenstraße (Kreuzberg). Die vorgesehene Hochbahnstrecke sollte von der Warschauer Brücke zum Nollendorfplatz führen.
16. 09. In Berlin beginnt die viertägige Tagung des Internationalen Frauenkongresses unter der Leitung von Lina Morgenstern und Minna Cauer. Im Verlaufe des Kongresses kam es zu Auseinandersetzungen zwischen bürgerlichen und sozialistischen Frauenrechtlerinnen.
01. 10. Der Bahnhof Ausstellung an der Görlitzer Bahn wird geschlossen. Der Bahnhof war nur zur Berliner Gewerbeausstellung errichtet und am 22. April eröffnet worden.
01. 10. Der Gemeindevorstand der Gemeinde Lichtenberg beschließt den Bau eines eigenen Rathauses.
07. 10. Die Nacht-Omnibus-Gesellschaft Bumb nimmt den Betrieb auf.
12. 10. Die Große Berliner Omnibus AG wird von der Neuen Berliner Omnibus AG übernommen.
13. 10. Der Chemiker Eugen Sell, seit 1877 Leiter des chemischen Laboratoriums am Kaiserlichen Gesundheitsamt, stirbt in Berlin. Sell zählte zu den bedeutendsten Nahrungsmittelchemikern seiner Zeit.
19. 10. In zwei ehemaligen Klassenzimmern der 16. Gemeindeschule (Mohrenstraße 41, Mitte), in der auch die 1. Städtische Volksbibliothek untergebracht war, wird die erste öffentliche Lesehalle mit 40 Plätzen eröffnet.
26. 10. Die »Mergenthaler Setzmaschinen-Fabrik GmbH«, die erstmalig in Deutschland Linotype-Maschinen herstellte, wird von Carl Mühleisen gegründet.
03. 11. Der Biochemiker Eugen Baumann stirbt in Freiburg im Breisgau. Baumann war von 1877 bis 1883 Vorsteher der Chemischen Abteilung des Physiologischen Instituts der Berliner Universität. 1883 wurde er ordentlicher Professor an der Freiburger Universität.
09. 12. In Berlin wird die »Deutsche Eisenbahn-Speisewagen-Gesellschaft« (DESG) als Aktiengesellschaft gegründet.
13. 12. Das Männerasyl des Berliner Asylvereins für Obdachlose, Wiesenstraße 55-59 (Wedding), wird eingeweiht. Ausgestattet war das Heim mit 14 Schlafsälen für je 50 Personen, einem Waschsaal für 60 Personen und einem Badesaal mit 60 Brause- und Wannenbädern.
26. 12. In Berlin verstirbt der Mediziner Emil Du Bois-Reymond. Seit 1858 war er Ordinarius für Physiologie an der Charité. Er war Mitbegründer der »Berliner Physikalischen Gesellschaft« und Rektor der Universität. Anerkennung erlangte er als Elektrophysiologe.

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