Berlin im Jahr 1891
01. 01. Nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes erscheint die erste Ausgabe der SPD-Parteizeitung »Vorwärts«, die aus dem von Paul Singer 1876 gegründeten »Berliner Volksblatt« hervorgegangen war. Die Leitung des »Vorwärts« übernahm Wilhelm Liebknecht.
08. 01. Walter Bothe wird in Oranienburg geboren. Der Physiker, ab 1927 Professor an der Berliner Universität, untersuchte u.a. die Kerngammastrahlung und entdeckte die künstliche Kernanregung. Bothe erhielt zusammen mit Max Born 1954 den Nobelpreis für Physik.
11. 01. Der Theaterverein »Freie Bühne« bringt im Residenz-Theater in der Blumenstraße 8 Gerhart Hauptmanns Stück »Einsame Menschen« zur Uraufführung.
12. 01. Die »Berliner Arbeiterschule« wird im Rahmen einer öffentlichen Volksversammlung in der Brauerei Friedrichshain gegründet. Wilhelm Liebknecht, an der Gründung der Arbeiterschule maßgeblich beteiligt, hielt das Referat.
13. 01. Adolf Kobligk, Inhaber der Apotheke zum Schwan, wird zum Ehrenmitglied des Berliner Apotheker-Vereins ernannt.
19. 01. Von dem Mediziner Hermann Carl Albert Gutzmann senior wird in Charlottenburg ein Ambulatorium für Sprach- und Stimmstörungen gegründet. Das Ambulatorium wurde 1912 an die Hals-Nasen-Klinik der Charité angegliedert.
22. 01. In einer Sitzung der »Pharmazeutischen Gesellschaft« wird deren Satzungsentwurf diskutiert. Die Gesellschaft gab ein eigenes Publikationsorgan heraus, das als »Berichte der Pharmazeutischen Gesellschaft« im März 1891 erstmalig erschien.
28. 01. Im Restaurant Schloß Hohenschönhausen wird der Arbeiterbildungsverein für Hohenschönhausen, Wilhelmsberg und Umgebung gegründet.
06. 02. Gustav und Friedrich Rading geben aus Anlaß ihres 25jährigen Chefjubiläums in der Neusilberfabrik Henniger & Co. ein »Arbeiterfest«.
12. 02. Bei einem Festmahl, das der französische Botschafter Herbette gibt, plaudert Wilhelm II. »hauptsächlich über Malerei«. Er äußerte gegenüber Herbette, »wie angenehm es ihm wäre, viele französische Bilder auf der Berliner Kunstausstellung zu sehen«.
12. 02. Der Vorstand des »Deutschen Frauen-Vereins Reform« richtet an den Reichstag ein Gesuch zur Zulassung von Frauen zum Medizinstudium.
14. 02. Im Reichstag in Berlin wird nach Vorschlägen einer eigens gebildeten Kommission die Arbeit an Sonntagen für kaufmännische Geschäfte untersagt. Die Sozialdemokraten hatten vorgeschlagen, die Arbeitszeit an Sonntagen auf drei Stunden festzusetzen.
16. 02. Durch ministerielle Verfügung werden die Kur- und Verpflegungssätze in der Charité erhöht. Für körperlich kranke Erwachsene stieg der Satz von 1,75 für den Tag auf 2,00 Mark, für Kinder von 1,25 auf 1,50 Mark.
17. 02. Der Verband Berliner Milchpächter hält in den »Armin-Hallen« seine außerordentliche Generalversammlung ab. Als erster Vorsitzender wurde Carl Bolle gewählt. Die Mitgliederzahl betrug zu diesem Zeitpunkt 319, das Vermögen 4 297 Mark.
17. 02. Die neue chinesische Gesandtschaft von insgesamt 44 Personen trifft in Berlin ein. Der scheidende Gesandtschaftschef Hung-Seun empfing seinen Nachfolger Hsü-Ching-Chéng zeremoniell auf dem Bahnhof Friedrichstraße.
17. 02. Eine öffentliche Versammlung der Schuhmacher beschäftigt sich mit der Frage: »Wie feiern wir den 1. Mai?
17. 02. Aus dem Postmuseum werden in den Mittagsstunden zum Teil unersetzliche Briefmarken aus Indien, Schottland, Venezuela, Chile, Peru und Neuseeland im Wert von 2 000 Mark gestohlen. Händler und Liebhaber wurden vor dem Ankauf der Briefmarken gewarnt.
18. 02. Professor Eduard Lürßen, einer der bekanntesten Bildhauer Berlins, stirbt durch Freitod. Der 50jährige tötete sich durch einen Revolverschuß in den Kopf.
18. 02. Der Hannoversche Männer-Gesangverein singt auf Wunsch von Kaiser Wilhelm II. im Berliner Stadtschloß. Zum Programm gehörten die Lieder »Röslein im Walde« von C. F. Fischer, »Spinn, spinn« von Jüngst und »Die drei Röselein« von Silcher.
18. 02. Der liberale Bezirksverein »Friedrichshain« feiert im großen Saal des »Elysium« sein 11. Stiftungsfest. Der Festredner, Großdestillateur Max Schulz, rief dazu auf, treue Wacht an den Gräbern der Märzgefallenen zu halten.
19. 02. Trinkfrohe und seßhafte Männer eröffnen im großen Saal der Bockbierbrauerei, Tempelhofer Berg, die Bockbiersaison. Mit Fanfarenstößen wurde der Moment des Bockanstichs feierlich verkündet.
19. 02. Der Stadtsyndikus Dullo hält vor dem Verein Berliner Wohnungsmieter im Neuen Klubhaus, Kommandantenstraße 72, einen Vortrag über »Mietpreissteigerungen und ein Mittel zur Abhilfe«.
20. 02. Carl Zellers Operette »Der Vogelhändler« wird mit großem Erfolg zum erstenmal im Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater aufgeführt.
20. 02. Mehr als 3 000 Personen nehmen an einer Volksversammlung im Saal der Brauerei Friedrichshain teil. Zur Debatte stand das »todeswürdige Verbrechen« des Abgeordneten Wilhelm Liebknecht, der zwei Festen der Buchdrucker in der Philharmonie beigewohnt hatte.
21. 02. Das Preußische Abgeordnetenhaus beschäftigt sich mit der Frage: »Was soll mit dem vielen Gelde geschehen?« Anlaß: Das neue Einkommensteuergesetz des Herrn Miquel hatte zur Folge, daß es viele Millionen mehr ergab, als für den Staat erforderlich waren.
21. 02. Im Zirkus Schumann (Am Zirkus, Mitte) geht die neue Land- und Wasserpantomime »Marionetten im Damen-Pensionat« vielumjubelt in Szene.
22. 02. Bei einem Leichenbegängnis auf dem Kirchhof der Dankeskirchen-Gemeinde in Reinickendorf stört ein Gendarm die Trauerfeier. Er wollte den sozialdemokratischen Gesangverein »Weiße Rose« daran hindern, ein politisch umgemünztes Lied zu singen.
23. 02. In der königlichen Militärturnanstalt (Scharnhorststraße, Mitt) findet am Vormittag vor Kaiser Wilhelm II. die Schlußvorstellung des am 1. Oktober 1890 mit 110 Offizieren eröffneten Turnkursus statt.
23. 02. Am Landsberger Tor (Friedrichshain) stößt ein 16jähriger mit dem Stiefelabsatz einem Pferd in die Weichen. Das aufgescheuchte Pferd »schlug dem rohen Burschen mit dem linken Hinterfuß derart ins Gesicht, daß seine Nase buchstäblich herunterflog«.
23. 02. Im Preußischen Abgeordnetenhaus kommt die Debatte über die Verwendung der Überschüsse aus der neuen Einkommensteuer wiederum nicht zum Abschluß.
23. 02. Der General der Heilsarmee, Booth, weilt zu einem Vortrag in Berlin. Die Redaktion der Zeitung »Berliner Presse« resümierte: »Wer also ein bißchen Klimbim erwartet hatte, sah sich getäuscht; alles verlief in möglichster Ruhe und Ordnung.
24. 02. Der Berliner Artist Gustav George wird wegen Einbruchdiebstahls in einem Braunschweiger Juwelierladen festgenommen.
24. 02. Im Preußischen Abgeordnetenhaus kommt die Beratung über die Verwendung der Überschüsse aus der neuen Einkommensteuer zum Abschluß. Sie sollten den kommunalen Verbänden zugute kommen.
24. 02. Der Philologe, Theologe und Oberlehrer Dr. Mathias Koch, der seit 1871 am Luisenstädtischen Gymnasium in Berlin tätig war, stirbt in Berlin.
24. 02. Eine große öffentliche Versammlung von Kaufleuten beschäftigt sich erneut mit der Sonntagsruhe in kaufmännischen Betrieben. Im Interesse der geistigen und körperlichen Entwicklung der Angehörigen des Kaufmannsstandes wurde volle Sonntagsruhe gefordert.
25. 02. Wegen erheblicher »Lohndifferenzen« legen die Steinbildhauer am Reichstag die Arbeit nieder.
25. 02. Die Glogauer Straße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
25. 02. Gegen die Nr. 4 der in New York erscheinenden Zeitschrift »Mr. Phonograph« wird wegen »Majestätsbeleidigung« vor der 3. Strafkammer des Landesgerichts I verhandelt. Der Gerichtshof erkannte auf »Unbrauchbarmachung« der Zeitschriftennummer.
25. 02. In der Sitzung der Medizinischen Gesellschaft hält Professor Oskar Liebreich einen Vortrag über ein neues Mittel gegen Tuberkulose. Cantharidin, hergestellt aus den sogenannten spanischen Fliegen, sollte unter die Haut gespritzt werden.
27. 02. Der Berliner Sportler Otto Spiekermann stirbt 34jährig an Herzlähmung.
02. 03. Die Statistik der Selbstmorde von Berliner Schulkindern wird veröffentlicht. Seit dem 1. Januar 1890 hatten sich 46 Knaben und 16 Mädchen das Leben genommen. 24 Kinder hatten das 15., 14 das 14. Lebensjahr erreicht. Das jüngste war gerade 7 Jahre alt.
02. 03. Auf einem Festmahl anläßlich des 75. Jubiläums der Garde-Artillerie spricht der Chef des 1. Garde-Feld-Artillerie-Regiments, Kaiser Wilhelm II., euphorische Worte. Er nannte die Artilleriewaffe »das Rückgrat, das Mark der Schlacht«.
04. 03. Die Berliner Schlachterinnung faßt auf ihrer Monatsversammlung den Beschluß, beim Bundesrat um »Einführung der Untersuchung des aus dem Auslande eingeführten Fleisches an der Grenze vorstellig zu werden.
04. 03. Die Einzahlungen auf eine neue Reichsanleihe beherrschen das Geldgeschäft. Vom frühen Morgen an fuhren die Bankiers in Wagen vollgefüllte Körbe mit Interimsscheinen in die Oberwallstraße (Mitte) zur Bank des Berliner Kassen-Vereins.
05. 03. Ein orkanartiger Sturm versenkt auf der Havel hinter Spandau zwei Kähne. Die Kähne waren mit Mauersteinen bzw. Schmiedekohle beladen.
06. 03. Mr. Maybridge aus San Francisco, der erste »Momentphotograph«, dem es glückte, die Bilder galoppierender Pferde mit Reitern und Athleten bei ihrer Arbeit aufzunehmen, trifft in Berlin ein.
06. 03. Im Atelier des Architekten Franz Heinrich Schwechten besichtigt Kaiser Wilhelm II. das Modell der geplanten Kaiser-Wilhelm- Gedächtniskirche.
08. 03. Auf dem Kaninchenmarkt in der Neuen Friedrichstraße 44 (Mitte) ist schon nach kurzer Dauer alles »bis auf den letzten Schwanz geräumt«. Besonders gefragt waren Zuchttiere.
09. 03. Der Etats-Ausschuß der Stadtverordnetenversammlung genehmigt die vom Magistrat vorgeschlagene Erhöhung der Durchschnittsgehälter der Direktoren, Oberlehrer und ordentlichen Lehrer der höheren Lehranstalten.
09. 03. Der »Cäcilien-Verein« bringt unter Leitung von Professor Alexis Holländer das Oratorium »Christus« von Franz Liszt zur Aufführung.
09. 03. Im Theater der Urania gibt Mr. Maybridge aus San Francisco mit seinen neuen »Momentphotographien« seine erste Vorstellung in der Stadt. Er zeigte eindrucksvolle Momentbilder aus dem Leben der Tiere.
10. 03. Das Frauengefängnis in der Barnimstraße (Friedrichshain) ist mit 405 Insassen belegt. Hinzu kamen fünf Kleinkinder und zwölf Arbeitsgefangene.
10. 03. Die Haftanstalt Plötzensee hat mit ihrem Hilfsgefängnis Rummelsburg einen Gesamtbestand von 2 206 Insassen. Vier Wochen zuvor hatte Plötzensee nur 1 532 Insassen.
12. 03. Michael Polanyi wird in Budapest geboren. Der Physiker war am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Dahlem langjährig tätig.
12. 03. Das öffentliche Anschlagwesen wird vom Magistrat auf weitere zehn Jahre an die Firma Nauk & Hartmann für eine jährliche Pacht von 255 000 Mark vergeben.
12. 03. Im Preußischen Abgeordnetenhaus hält Minister Miquel »reiche Ernte«. Das Gewerbesteuergesetz, das er eingebracht hatte, und »das man zuerst als totgeborenes Kind verschrien hatte«, passierte ohne erhebliche Debatten die dritte Lesung.
15. 03. Dem Schankwirt Zietlowski, Lübbener Straße 1 (Kreuzberg), werden bei einem Einbruch 15 500 Mark in Wertpapieren gestohlen.
15. 03. Im Oberlichtsaal des Berliner Rathauses wird eine Ausstellung der Berliner Schülerwerkstätten eröffnet.
15. 03. Der im Alter von 69 Jahren verstorbene Schulvorsteher Friedrich Budezies, zweiter Vorsitzender des Vereins für die Geschichte Berlins, wird auf dem Jerusalemer Kirchhof (Kreuzberg) zu Grabe getragen.
16. 03. Die »Gesellschaft jüdischer Handwerker und Künstler« hält ihre 47. Generalversammlung ab. Der Vorsitzende, Hermann Landsberger, berichtete, daß die Zuwendungen für die Gesellschaft aus dem »eisernen Fonds« und aus Spezialstiftungen gestiegen seien.
17. 03. Die Kloedenstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
18. 03. In der königlichen Schießschule in Spandau werden größere Mengen von Patronen gestohlen. Der Dieb, ein Unteroffizier, hatte schon seit geraumer Zeit Patronen gestohlen und den Zentner für 22 Mark verkauft.
18. 03. Der »Demokratische Verein zu Berlin« läßt auf die Gräber der Märzgefallenen im Friedrichshain durch eine Abordnung einen Lorbeerkranz niederlegen.
20. 03. Der Magistrat übersendet der Stadtverordnetenversammlung das Projekt zum Neubau der Kottbusser Brücke zur Genehmigung. Der Kostenaufwand wurde mit 517 000 Mark veranschlagt.
21. 03. In der Urania gibt der Indienreisende Kurt Boeck »interessante Schilderungen aus dem Leben der Hindus, besonders aus dem Himalaya-Gebirge, diesem gewaltigen Gebirgskoloß der Erde«.
21. 03. Im Deutschen Theater findet die erste Aufführung von Gerhart Hauptmanns Tragödie »Einsame Menschen« in Anwesenheit des Dichters statt. Das Publikum verlangte nach jedem Akt das Erscheinen des Dichters auf der Bühne.
22. 03. Für die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wird der Grundstein gelegt.
23. 03. Heinrich Wiepking-Jürgensmann wird in Hannover geboren. Wiepking-Jürgensmann war seit 1934 Direktor des Instituts für Gartengestaltung. Er arbeitete mit an der Gestaltung der Grünanlagen des olympischen Dorfes in Döberitz und des Reichssportfeldes.
24. 03. Der Senior der Berliner Schulrektoren, Karl Kinzel, nimmt in der Aula der 4. und 5. Gemeindeschule seinen feierlichen Abschied aus dem Schuldienst.
24. 03. Der Musikdozent Max Michael, einer der ältesten Lehrer an der Berliner Kunstakademie, stirbt.
31. 03. Auf der Spree am Kupfergraben geht das erste Torpedoboot in Berlin vor Anker. Das Boot kam aus Potsdam und durfte am ersten Tag von den Berlinern besichtigt werden.
31. 03. Otto Liebing wird geboren. Der Ruderer der Berliner Ruder-Gesellschaft gewann bei den Olympischen Spielen in Stockholm 1912 die Bronzemedaille im Achter. Er war Deutscher Meister im Vierer ohne Steuermann 1911, im Achter 1912 und im »Zweier ohne« 1920.
31. 03. Eine Gedenktafel für E. T. A. Hoffmann und das Relief seines Porträts werden am Haus Taubenstraße 31 (Mitte) angebracht. Der Dichter hatte in dem Haus vom 1. Juni 1815 bis zu seinem Tod am 25. Juni 1822 gewohnt.
31. 03. Sämtliche Berliner Grünkramhändler-Vereine, Milchpächter sowie Kohlen- und Obsthändler wenden sich mit einer Petition an den Magistrat und an das Polizeipräsidium. Sie verlangten, daß der Straßen-Hausierhandel verboten wird.
01. 04. Starker Schneefall in den Morgenstunden führt in Berlin zu Verkehrsstörungen.
01. 04. Für die Dorotheen- und die nördliche Friedrichstadt wird eine neue Sanitätswache in der Mauerstraße 23 (Mitte) eröffnet. Unbemittelte erhielten dort kostenlose Hilfe.
01. 04. Der 20. Kongreß der »Deutschen Gesellschaft für Chirurgie« wird in der großen Aula der Universität eröffnet.
01. 04. Der Preis für eine Arbeiter-Wochenkarte auf der Eisenbahnstrecke Adlershof - Berlin (Görlitzer oder Schlesischer Bahnhof) wird von 1,20 auf eine Mark herabgesetzt.
01. 04. An der Schleusenbrücke (Mitte) wird ein gesunkener Spreekahn gehoben.
01. 04. Wegen »Duldens von Glücksspiel« steht der Inhaber des Cafés »Börse«, Adolf Stern, vor der dritten Strafkammer des Landesgerichts I. Eine Spielgesellschaft hatte in der »Börse« das aus Amerika eingeführte Kartenspiel »Bluff« praktiziert.
01. 04. Für den Personenverkehr auf den Strecken nach Strausberg, Fürstenwalde, Bernau, Oranienburg, Nauen, Potsdam, Werder, Lichterfelde-Ost, Zossen und Königs Wusterhausen wird ein Vororttarif eingeführt.
01. 04. Die Ringbahnstation des Potsdamer Bahnhofs (Tiergarten) wird eröffnet.
01. 04. Im Ostend-Theater wird William Shakespeares Drama »Maria Stuart« mit Elisabeth von Gorewa als Gast in der Titelrolle aufgeführt.
02. 04. Die Pharmazeutische Gesellschaft wählt ihr Vorstandsmitglied, Dr. Hermann Thoms, als 1. Vorsitzenden.
02. 04. Der schweizerische Alpinisten-Verein »Edelweiß« aus St. Jodok tritt mit einem Bergprogramm in der Urania auf. Die Alpinisten zeigten an einer improvisierten Kletterwand charakteristische Auf- und Abwärtsübungen.
02. 04. Am Vormittag erreicht der »Stelzenreisende« Sylvian Dornon, ein Bäcker aus Arcachon (Frankreich), Berlin. Er kam von Paris und wollte noch bis Moskau auf Stelzen laufen.
02. 04. Die Teilnehmer des 20. Chirurgenkongresses besichtigen am Vormittag das Krankenhaus Friedrichshain.
02. 04. Im Hof des Gefängnisses für jugendliche Verbrecher in Plötzensee wird um 7.00 Uhr morgens der Doppelmörder Klausin hingerichtet.
02. 04. Der erste Berliner Ferienkurs zur Weiterbildung für Physiklehrer an höheren Lehranstalten beginnt im Gebäude der »Alten Urania« in der Invalidenstraße. Diese Kurse sollten u.a. die Bindungen zwischen Universität und höheren Schulen festigen.
03. 04. Der Lektor der Suaheli-Sprache am Orientalischen Seminar der Universität, Sleman Bin Said, stirbt 23jährig. Er war erst Mitte 1889 aus Sansibar nach Berlin berufen worden.
03. 04. Ernestine Gerson, geb. Cohn, die Witwe Hermann Gersons, des Begründers der gleichnamigen Firma, stirbt 72jährig. Sie war als unermüdliche Wohltäterin bekannt und geschätzt.
04. 04. In der Neuen Schönhauser Straße 13 (Mitte) wird eine große Kaffee- und Speisehalle eröffnet.
04. 04. Neben dem Klinikum in der Ziegelstraße (Mitte) findet die feierliche Grundsteinlegung zum Langenbeck-Haus statt. Das nach dem in Berlin tätigen Chirurgen Bernhard von Langenbeck benannte Gebäude wurde Sitz der Berliner Medizinischen Gesellschaft.
04. 04. Zehn Kirchenglocken werden in der Glockengießerei Gustav Collier in Zehlendorf in einem Guß hergestellt.
04. 04. Der 20. Chirurgenkongreß wird beendet. Der Kassenführer Küster teilte am letzten Tag den Geschäftsbericht mit. Das Gesamtvermögen der Chirurgischen Gesellschaft belief sich demnach auf 11 703,30 Mark und war vorwiegend in Wertpapieren angelegt.
05. 04. Am Nachmittag werden die ersten Störche an der Oberspree bei Johannisthal gesichtet.
06. 04. Am Nachmittag wird zwischen den Stationen Westend und Charlottenburg auf einen vorbeifahrenden Stadtbahnzug geschossen. Eine Revolverkugel schweren Kalibers durchbohrte die Scheibe eines Coupés der 2. Klasse und schlug in die Holzwand gegenüber ein.
06. 04. Der Tierschutzverein beschäftigt sich mit der »Sonntagsheiligung« in Vogelhandlungen. Der Polizeipräsident hatte angeordnet, die Schaufenster der Vogelhandlungen an Sonn- und Feiertagen ganztägig zu verhängen.
06. 04. In Weißensee wird der schwarze Bär »Garibaldi«, ein wertvolles Schaustück der gastierenden Menagerie von Charles Kron, erschossen. Das Tier war zu mächtig geworden und paßte in keinen Käfig mehr hinein.
06. 04. Ein Wohltätigkeitskonzert in der Philharmonie zugunsten des Kaiser-Friedrich-Krankenhauses erbringt 16 055,55 Mark.
07. 04. Der Dresdener Naturprediger und Kleidungsreformator Johannes Guttzeit weilt zu einem Vortrag in der Stadt. Guttzeit hatte im Restaurant Dräsel, Friedrichstraße 35 (Kreuzberg), eine große Zuhörerschaft.
08. 04. In der Urania wird vor geladenem Publikum das von Richard Eisenmann erfundene elektrophonische Klavier vorgeführt.
08. 04. Die Schauspielerin Clara Meyer beendet in der Rolle der Porzia in William Shakespeares »Der Kaufmann von Venedig« im Königlichen Schauspielhaus ihre Theaterkarriere. Sie wurde mit Ovationen verabschiedet.
08. 04. Der dänische Komponist Emil Hartmann aus Kopenhagen dirigiert im Konzerthaus eigene Werke.
10. 04. Im Königstädtischen Casino hält der Architekt Cornelius Gurlitt vor dem Musterzeichner-Verband einen Vortrag zum Thema: Die deutsche Musterzeichnerkunst.
10. 04. Im Atelier des Passage-Panoptikums in der Friedrichstraße (Mitte) wird in Anwesenheit von Prof. Rudolf Virchow ein 17jähriger Inder mit zwei Körpern und einem Kopf vorgestellt.
10. 04. Der Magistrat stimmt dem Beschluß der Stadtverordnetenversammlung vom 25. März zu, wonach der Wassersturz auf dem Kreuzberg bis zur Kreuzbergstraße herabgeführt und der Viktoria-Park vergrößert werden soll.
10. 04. Die Sängerin Adeline Patti gibt mit Arien aus Giuseppe Verdis »La Traviata« ihr zweites Konzert in der Philharmonie.
10. 04. Der Maurermeister Carl Rabitz stirbt in Berlin. Rabitz hatte seit 1854 eine eigene Maurerfirma und entwickelte hier die sogenannte Rabitz- Wand, auf die er 1878 das Patent DRP 3789 erhielt.
10. 04. Der Luftschiffer Damm unternimmt von Lichtenberg aus mit seinem Ballon eine Reise. Erst am nächsten Tag landete er abends in der Nähe von Burg bei Magdeburg.
11. 04. Der 19jährige Kellner Franz Witzel wird in das Moabiter Untersuchungsgefängnis eingeliefert. Er hatte mehrfach abends in Frauenkleidern Männer angelockt und diese bestohlen und erpreßt.
12. 04. In der »Freien Volksbühne« wird Ludwig Fuldas Schauspiel »Das verlorene Paradies« mit stürmischem Jubel aufgenommen.
13. 04. Die Freie photographische Vereinigung zu Berlin veranstaltet in den Klubräumen des Vereins Berliner Künstler im Architektenhaus (Wilhelmstraße 92, Mitte) einen Projektionsabend. Gezeigt wurden kolorierte Bilder aus dem Himalaja von Dr. Kurt Boeck.
14. 04. Die Briefmarkenbörse wird von zahlreichen Händlern und Sammlern besucht und verzeichnet »dementsprechend bedeutende Umsätze«.
14. 04. Die städtische Park-Deputation richtet an den Magistrat den Antrag, die Frauen-Bedürfnisanstalt im Köllnischen Park (Mitte) nach dem Humboldthain, Ecke Brunnen- und Grenzstraße (Wedding), zu verlegen.
14. 04. Auf der Sitzung des geschäftsführenden Ausschusses des Zentral-Vereins für Arbeitsnachweis werden die Gebühren für Arbeitsnachweise auf 20 Pfennig festgelegt.
14. 04. Die Zahl der in Berlin bestehenden Fernsprechanschlüsse beläuft sich auf 15 770.
14. 04. In Charlottenburg stirbt 68jährig der ehemalige Kontobücherfabrikant Julius Rosenthal.
15. 04. Die Friedrichshagener Straßenbahn von Kreyfeld und Co. wird gegründet.
15. 04. Der »Kaiser-Bazar« am Friedrichs-Werderschen Markt/Jägerstraße (Mitte) wird eröffnet. Die Berliner strömten gleich nach Öffnung der Pforten zu Tausenden in das neue »Riesenkaufhaus«.
17. 04. Der »General« der »Friedens-Armee« (Heilsarmee), G. Gerbing junior, wird auf Verfügung der Staatsanwaltschaft in Haft genommen. Die Inhaftierung erfolgte wegen versuchten und vollendeten Betrugs.
20. 04. Im Ostend-Theater geht das Schauspiel »Im Banne der Schuld« von Albert vom Rhein in Szene. Die »Berliner Presse« schrieb hierzu: ein literarisches Erzeugnis, gegen das der »Verein zur Massenverbreitung guter Schriften ... mit Recht eifert«.
23. 04. Zwischen einer großen Anzahl zehn- bis zwölfjähriger Knaben findet in der Alten Jakobstraße (Mitte) eine verabredete Schülerschlacht statt.
24. 04. Generalfeldmarschall Helmuth Carl Bernhard Graf von Moltke, Ehrenbürger der Stadt, stirbt in Berlin.
25. 04. Eine interessante Naturerscheinung wird in den Morgenstunden den zahlreichen Besuchern des Tempelhofer Exerzierplatzes geboten. Auf der Chaussee nach Tempelhof hatte sich plötzlich eine Staubsäule gebildet, die schnell eine Höhe von 70 m erreichte.
26. 04. Mit Jeanne Mithène stirbt im 96. Lebensjahr die älteste Oberlehrerin der Stadt. Sie war Jahrzehnte erste Lehrerin an der königlichen Augusta-Schule. Auch an der Stiftung des Feierabendhauses für Lehrerinnen und Erzieherinnen nahm sie großen Anteil.
26. 04. Der Luftschiffer Grant gerät unweit des Spandauer Berges mit seinem Doppelballon in die Baumkronen des Grunewalds.
28. 04. Die Briefmarkenbörse im Architektenhaus in der Wilhelmstraße 92/93 (Mitte) ist stark besucht. Selbst aus Kapstadt und Hamburg hatten sich Händler eingefunden.
28. 04. Der einstige Direktor der Dalldorfer Irrenanstalt, Dr. Julius Jensen, stirbt nach mehrjährigem psychischem Leiden.
28. 04. In der Brauerei Friedrichshain legen die im Flaschenkeller beschäftigten Arbeiter die Arbeit nieder. Grund des Streiks war eine von der Direktion angeordnete Verlängerung der Arbeitszeit sowie Differenzen wegen der Bezahlung von Überstunden.
28. 04. Der Polizeipräsident erläßt eine Verordnung für Theater und Zirkusanlagen. Darin wurde gefordert, daß die nächsten Wege zu den Ausgängen ins Freie durch Richtungspfeile an den Wänden bezeichnet werden müssen.
29. 04. Auf einer Versammlung der Schweine-Engros-Schlächter in »Kellers Sälen« in der Köpenicker Straße (Kreuzberg) wird die Frage debattiert: »Warum kann das Fleisch in Berlin nicht billiger werden?
30. 04. Das Victoria-Theater in der Münzstraße (Mitte) gibt mit dem Zaubermärchen »Die sieben Raben« seine letzte Vorstellung. Das 1859 von Rudolf Cerf gegründete Theater wurde wegen des Ausbaus der Kaiser-Wilhelm-Straße (Karl-Liebknecht-Straße) abgerissen.
01. 05. Die Bauarbeiten für die Erweiterung der Chirurgischen Klinik der Berliner Universität in der Ziegelstraße (Mitte) beginnen.
02. 05. Dressierte Störche werden einem geladenen Publikum zur Eröffnungsvorstellung der »Neuen Walhalla« in der Hasenheide (Kreuzberg) vorgeführt. Die Störche zeigten sich dem staunenden Publikum als Seiltänzer, Spring- und Marschkünstler.
03. 05. Der sozialdemokratische Agitator Karklimis verläßt nach fast dreijähriger Haft das Gefängnis am Molkenmarkt. Karklimis war der letzte aufgrund des Sozialistengesetzes verurteilte Berliner.
04. 05. Den Kaufmann Theodor Langheld erreicht aus Afrika eine Sammlung von Waffen und Mobilien der Duala-Neger. Besonders hervorgehoben wurde der Thronsessel des Häuptlings Akwa, der bei Kriegszügen mitgenommen wurde.
05. 05. Bei der Stichwahl im 17. Berliner Kommunalbezirk erhält der Kandidat der Freisinnigen, der Bezirksvorsteher Liebenow, 895 Stimmen. Sein sozialdemokratischer Gegenkandidat Börner bekam 801 Stimmen.
06. 05. In der außerordentlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung wird ein Antrag des Stadtverordneten Weiß angenommen. Weiß hatte für die Pferdebahn nach Charlottenburg die Schließung der Vordertüren des Wagens und die Teilung der Sitze verlangt.
08. 05. Zum Himmelfahrtstag unternimmt die Heilsarmee eine »Felddienst-Übung« mit »vollem Gepäck«. Vom Bahnhof Bellevue (Tiergarten) marschierte das 50köpfige Korps zur Jungfernheide, wo ein »Heils-Biwak« aufgeschlagen und gekocht wurde.
08. 05. Wegen Majestätsbeleidigung wird der Schneidergeselle Karl Bröse aus Reinickendorf vor der 2. Strafkammer des Landgerichts II zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
09. 05. Rudolf Beyschlag wird in Berlin geboren. Der Bergbauingenieur war von 1927 bis 1945 Privatdozent und Professor für Aufbereitung, Kohleveredlung und Tiefbohrtechnik an der Technischen Hochschule zu Berlin.
11. 05. Während der Vorstellung im Hippodrom ereignen sich mehrere Unglücksfälle. Beim Beduinenritt stürzten zwei Reiter, zwei Reiterinnen stießen mit ihren Pferden heftig aneinander, der Clown Stelling zog sich bei halsbrecherischer Arbeit eine Kopfwunde zu.
12. 05. Wertvolle Autographen berühmter Männer werden im Antiquariat von Leo Liepmann versteigert. Die beiden Gedichte »Der Asra« und »Frau Jutta« von Heinrich Heine wurden für 121 Mark verkauft.
13. 05. 15 000 Brieftauben steigen in Zehlendorf auf und fliegen vom neuen Güterbahnhof aus in Richtung Innenstadt.
13. 05. Auf der Pferderennbahn in Hoppegarten wird am Nachmittag ein Schwindler entlarvt. Er hatte aus einer »1« auf dem Wettbillett eine »11« gemacht, doch wurde der Betrug bei der Präsentation am Totalisator entdeckt.
17. 05. Das Unternehmen »Commanditgesellschaft Friedrichshagener Straßenbahn von Kreyfeld & Co.« hat Betriebseröffnung.
17. 05. Die Pferdestraßenbahn Friedrichshagen (teilweise auch Dampfbetrieb) zwischen Bahnhof und Restaurant Bad Bellevue wird eröffnet.
19. 05. In Berlin wird die »Vereinigung von Freunden der Astronomie und der kosmischen Physik« gegründet. An der Gründung dieser Vereinigung war der Astronom Wilhelm Julius Foerster maßgeblich beteiligt.
20. 05. Eine kleine Gesellschaft von sieben Personen unternimmt mit einem neuen Verkehrsmittel eine Probefahrt von der Jannowitzbrücke nach Rummelsburg. Es handelte sich dabei um die Einweihung eines neuen Petrolmotorbootes.
20. 05. Mit der Eintragung der Handelsgesellshaft »Sigmund Bergmann & Co.« in das Handelsregister wird dieses Datum als Gründungstag der deutschen industriellen Unternehmen Sigmund Bergmanns angesehen (u.a. Bergmann-Elektricitäts-Werke AG ).
20. 05. Vom Polizeipräsidium ergeht eine Verfügung, wonach alle Hof-Schlächtermeister, Hof-Schuhmachermeister und Hof-Tapezierer sich fortan auf ihren Firmenschildern nur einfach als Hoflieferanten zu bezeichnen haben.
20. 05. Für die evangelische Gethsemanekirche an der Stargarder Straße wird der Grundstein gelegt. Die »Volkskirche«, vom Geheimen Baurat August Orth auf dem Gelände, das Caroline von Griebenow der Gemeinde kostenlos überlassen hatte, gebaut und 1893 eingeweiht.
20. 05. Die vom Verein »Versuchs- und Lehranstalt für Brauereien in Berlin« erbaute Versuchs- und Lehrbrauerei in der Seestraße (Moabit) wird eröffnet.
21. 05. Die Probefahrt eines Bootes mit einem neuen Petrolmotor in Richtung Potsdam endet vorzeitig. In Höhe von Nikolskoe war plötzlich der Petroleumvorrat erschöpft.
21. 05. Der Zentralausschuß für Volks- und Jugendspiele wird in Berlin gegründet.
21. 05. Im Theaterraum der »Urania« findet unter Vorsitz von Professor Lehmann-Filhés eine Versammlung statt, auf der eine Vereinigung von Freunden der Astronomie und der kosmischen Physik gebildet wird.
22. 05. In der Villenkolonie Westend wird bei ruhiger, warmer Luft und fast heiterem Himmel eine »Sandhose« beobachtet, die sich mit großer Geschwindigkeit auf der Spandauer Chaussee fortbewegt.
22. 05. Johannes Robert Becher wird in München geboren. Becher war nach Studienabbruch überwiegend in Berlin als Schriftsteller tätig, emigrierte 1933 in die Sowjetunion und kehrte 1945 nach Berlin zurück. 1954-1958 war er Minister für Kultur der DDR.
22. 05. Die Brauereigesellschaft »Tivoli« genehmigt auf der außerordentlichen Generalversammlung den Antrag, mit der Schultheißbrauerei zu fusionieren.
22. 05. In den Markthallen kostet ein Pfund Frühkirschen eine Mark.
24. 05. Die Internationale Kunstausstellung hat mit 23 000 Besuchern ihre bisher »höchste Besuchsziffer«.
26. 05. Auf der Briefmarkenbörse erscheinen so hervorragende Markenkenner wie der Rechtsanwalt Schmidt aus Stockholm und der Kaufmann Hugo Griebert aus London.
26. 05. Auf der Trabrennbahn Westend (Charlottenburg) entsteht während des letzten Rennens ein Tumult. Ein Pferd, das in Führung gelegen hatte, wurde vom Jockey absichtlich zurückgehalten. Daraufhin erklärten die Preisrichter das Rennen für ungültig.
27. 05. Der Gesamtvorstand des Zentralvereins für Arbeitsnachweis berät in seiner Sitzung über die Errichtung von Wärmestuben für den kommenden Winter. Der Vorstand beschloß, am Alexanderplatz eine Wärmestube für etwa 500 Personen einzurichten.
27. 05. Der Ingenieur Hermann Ganswindt hält in der Berliner Philharmonie einen Vortrag über die künftige Weltraumfahrt. Er führte dabei eine eigene Darstellung eines Raumfahrzeugs mit Dynamit-Explosions-Antrieb vor.
28. 05. Ein deutsches Zentralkomitee für russische Juden konstituiert sich unter dem Vorsitz von Justizrat Makower.
28. 05. Auf der öffentlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung wird ein weiterer Beitrag für das zu errichtende Luther-Denkmal genehmigt.
28. 05. Während der öffentlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung wird eine Vorlage bewilligt, die die elektrische Beleuchtung der Schaukästen des Standesamtes im Berliner Rathaus vorsieht.
30. 05. Henrik Ibsens Schauspiel »Die Kronprätendenten« hat im Königlichen Schauspielhaus Premiere.
30. 05. Der größte Sandsteinblock für den Reichstagsbau trifft auf dem Schlesischen Güterbahnhof ein. Er wurde von der Steinmetzfirma Gebrüder Zeidler zum Bauplatz transportiert.
31. 05. Am letzten Sonntag im Monat beträgt der Eintrittspreis für das Berliner Aquarium (Unter den Linden/Ecke Schadowstraße, Mitte) nur 25 Pfennig pro Person.
31. 05. Die Dampfstraßenbahn Groß Lichterfelde - Teltow wird bis Stahnsdorf verlängert.
31. 05. Im Hauptdepot der Feuerwehr in der Lindenstraße (Kreuzberg) werden sechs Feuerwehrleute, die »treu ihren schweren Beruf erfüllt hatten«, prämiiert. Sie erhielten das Ehrenzeichen, das ihnen Kaiser Wilhelm II. verliehen hatte.
01. 06. Auf der Nordbahn wird bis nach Oranienburg neben dem Fernzugbetrieb die Vorortbahn eingerichtet. Der Ausbau zur viergleisigen Strecke folgte in den Jahren 1903 bis 1924.
01. 06. Der Rangierbahnhof Tempelhof an der Anhalter Bahn wird für den allgemeinen Personenverkehr geöffnet.
02. 06. Bei der Sprengung eines 26 m hohen Schornsteins auf dem Grundstück der chemischen Fabrik von Goldschmidt in der Graefestraße (Kreuzberg) fliegen unkontrolliert Trümmer in die Fenster der umliegenden Häuser. Zwei Männer wurden erheblich getroffen.
02. 06. Der Schriftsteller Arnold Perls spricht in der Versammlung des Vereins deutschfreisinniger Handlungsgehilfen in »Philipps Restaurant«, Rosenthaler Straße 38 (Mitte), über die »Teuerung und die Junker«.
03. 06. Im Verlag von Alexis Kießling erscheint die Sommerausgabe von »Kießlings Berliner Verkehr«. Die Ausgabe enthielt die Fahrpläne sämtlicher Berliner Eisenbahnen, der Dampfstraßenbahnen, elektrischen Bahnen und Pferdebahnen sowie der Omnibusse und Dampfer.
05. 06. Betrüger verändern mit Blut die roten Ziffern auf Wettkarten der Trabrennbahn Hoppegarten. Mit den gefälschten Billetts ergaunerten sie sich eine Gewinnsumme von 1 200 Mark.
06. 06. Der ehemalige Berliner Stadtverordnete und einer der Führer der Linken in der Preußischen Nationalversammlung 1848, Julius Berends, stirbt in Frauenfeld in der Schweiz.
06. 06. Das 25. Jubiläum der Berliner Volksküchen wird im Bürgersaal des Rathauses festlich begangen.
07. 06. Der Luftschiffer Kapitän Grant steigt mit seinem Zwillingsballon auf dem Gelände der Schloßbrauerei Schöneberg zu einer Luftfahrt ohne Gondel auf. Er landete nach dreiviertelstündiger Fahrt bei Staaken, bedeckt mit einer dicken Schneeschicht.
09. 06. Auf Einladung des deutschen Zentralkomitees für die russischen Juden findet eine Versammlung von Vertrauensmännern aus den wichtigsten Städten des Auslands und Deutschlands in Berlin statt. Beraten wurde über Auswanderungsprobleme russischer Juden.
11. 06. Die Stadtverordnetenversammlung von Charlottenburg nimmt eine Vorlage an, die den Bau des ersten Gasbehälters in der Lutherstraße vorsieht.
12. 06. Das erste »Kirschenschiff« des Jahres fährt von Werder nach Berlin.
12. 06. Falsche Einmarkstücke zirkulieren in der Stadt. Die Nachahmungen trugen sämtlich das Münzzeichen A, waren vorzüglich gearbeitet und nur am Klang vom echten Geld zu unterscheiden.
13. 06. In der Gynäkologischen Klinik der Charité stellt Professor Gusserow seinen Zuhörern einen äußerst gewichtigen Neugeborenen vor. Der elfeinhalbpfündige Junge war eine Totgeburt.
13. 06. Im Lessing-Theater findet die Berliner Uraufführung der Oper »Cavalleria Rusticana« von Pietro Mascagni statt. Es spielte das Prager Opernensemble unter Leitung von Angelo Neumann.
13. 06. Das Preußische Abgeordnetenhaus in Berlin berät über das Wildschadensgesetz.
13. 06. In Charlottenburg findet eine sanitäre Kontrolle der durchziehenden russischen Auswanderer statt. Die Ärzte stellten bei vielen Auswanderern Folgen körperlicher Mißhandlungen fest.
15. 06. Bei einer Gasexplosion im Belle-Alliance-Theater wird ein Mensch getötet.
15. 06. Das Wildschadensgesetz wird vom Preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin angenommen.
18. 06. Das Aquarium (Unter den Linden/Ecke Schadowstraße) wird von verschiedenen Abgeordnetengruppen der Stadtverordnetenversammlung besucht. Anlaß war die Bewilligung der Mittel für neue Arbeitsplätze in der Fangstation des Aquariums zu Rovigno (Italien).
19. 06. Der Frauen- und Jungfrauenverein veranstaltet im Zoologischen Garten ein Festessen für »alte Krieger«. Es kamen etwa 200 Soldaten, die an den Feldzügen 1864, 1866 und 1870 teilgenommen hatten.
19. 06. Die österreichische Hofopernsängerin Lola Beeth singt in Albert Lortzings Oper »Undine«, die im Königlichen Opernhaus, Unter den Linden (Mitte), aufgeführt wird, die Hauptrolle.
19. 06. Auf Befehl des Kaisers wird das Moltke-Porträt der ungarischen Malerin Vilma Parlaghy in der Internationalen Kunstausstellung aufgehängt. Die Jury der Ausstellung hatte zuvor das Bild zurückgewiesen.
20. 06. Der Kassenkontrolleur der Schlächterinnung, Josef Hofrichter, begeht Selbstmord.
21. 06. Auf dem Bahnhof Johannisthal kommt es unter zurückkehrenden Sonntagsausflüglern zu tumultartigen Szenen. Vielen Fahrgästen wurden buchstäblich die Kleider vom Leib gerissen.
24. 06. Der Böttchergeselle Paul Kugler wird von der ersten Strafkammer des Landgerichts I zu einer Gefängnisstrafe von vier Monaten verurteilt. Er hatte sich an einem Wirtshaustisch »in beleidigender Weise über den Kaiser geäußert«.
25. 06. Die Stadtverordnetenversammlung beschließt, dem Zentralverein für Arbeitsnachweis zur Errichtung einer Wärmestube eine Beihilfe von 3 000 Mark zu bewilligen.
26. 06. Eine Bande russischer Ladendiebe wird von der Kriminalpolizei festgenommen.
27. 06. Infolge eines Hitzschlages verstirbt auf dem Neubau Klosterstraße 61 (Mitte) der 35jährige Maurer Heinrich Jochmann aus Rixdorf.
27. 06. Die Architektur-Buchhandlung von Ernst Wasmuth, Markgrafenstraße 35 (Kreuzberg), teilt mit, sie lasse auf ihre Kosten alle dem Abbruch geweihten Häuser, welche historisch oder künstlerisch von Interesse sind, fotografieren.
28. 06. Die Sozialdemokraten veranstalten zum Sonntag zahlreiche Landpartien. Nach einer nächtlichen kleinen »Demonstration« wurde eine große rote Fahne auf einem Baum an der Ecke Perleberger/Quitzowstraße (Tiergarten) entdeckt.
30. 06. Der Bildhauer Bernhard Römer stirbt in Charlottenburg-Westend. Römer wurde durch seine Versuche, die Polychromie in die Plastik einzuführen, bekannt.
30. 06. Der Verein »Freie Volksbühne« ist, wie der Bezirksausschuß des Polizeipräsidiums feststellt, ein »nicht politischer Verein«.
30. 06. Ein nächtliches Gewitter dauert sieben Stunden.
01. 07. Im Adolf-Ernst-Theater beginnt das Gastspiel des »Wiener Ensembles« mit einem großen Heiterkeitserfolg. Es wurde die Posse »Die Gigerln von Wien« gegeben.
01. 07. Auf der Verlängerung der Südringstrecke Schöneberg - Potsdamer Bahnhof (Tiergarten) wird der Betrieb eröffnet.
01. 07. Der 1 000. Waggon der Großen Berliner Pferde-Eisenbahn befindet sich im Bau.
01. 07. Die wissenschaftliche Abteilung des Institutes für Infektionskrankheiten bezieht ein ehemaliges Wohngebäude auf dem der Charité unmittelbar benachbarten Gelände des »Triangels« zwischen Unterbaum-, Charité- und Schumannstraße.
07. 07. Am Vormittag bewegt sich in 500 m Höhe ein bemannter Ballon über der Straße Unter den Linden (Mitte). Durch einen leichten Südwind waren ein Luftschiffer-Offizier und ein Unteroffizier vom Übungsgelände Tempelhofer Feld abgedrängt worden.
07. 07. Eines der ältesten Häuser in der Leipziger Straße (Mitte) wird abgebrochen. Es war das Haus Nr. 131, in dem sich Jahrzehnte zuvor eines der bekanntesten Antiquariate Berlins, das von Pribil, befand.
08. 07. Die Berliner Bäckergesellen treten auf einer Versammlung im Varieté-Theater am Alexanderplatz für eine Verminderung der Arbeitszeit auf zwölf Stunden und die Wiedereinführung der Sonntagsruhe ein.
08. 07. In den Morgenstunden durchsucht die Polizei bei einem Gastwirt in der Brunnenstraße 38 (Mitte) die Räume und beschlagnahmt ein Paket mit sozialdemokratischen Schriften. An der Hausdurchsuchung nahmen sechs Kriminalbeamte und viele »Schutzleute« teil.
08. 07. Auf dem Kirchhof der Parochialgemeinde in der Friedenstraße (Friedrichshain) wird der am 4. Juli 1891 im Alter von 81 Jahren verstorbene Nestor der Orgelkünstler, August Haupt, bestattet.
09. 07. Der Verein der Berliner Weißbierwirte beschließt einstimmig, bei den städtischen Behörden um den Erlaß »oder doch eine Ermäßigung der Mietsteuer für Geschäftsräume vorstellig zu werden«.
09. 07. Der achtjährige Ernst Ewald läuft vom Halleschen Tor aus mit der Pferdebahn die ganze Ringbahnstrecke in anderthalb Stunden ab. Danach lief er nochmals anderthalb Stunden nach Mariendorf über Tempelhof und zurück.
10. 07. Ein Wirt in der Auguststraße (Mitte) gibt seinem Café den Namen »Illusion«. Die »Berliner Presse« kommentierte verständnisvoll: »Da weiß man gleich im voraus, woran man ist.
13. 07. Der Goldschmied Otto J. Odok stellt für einen Tag in seinem Ladengeschäft in der Turmstraße (Moabit) eine fünfzehn Zentimeter hohe Goldgondel aus. Aus Begeisterung für alle Berliner Luftschiffer hatte er das Prachtstück aus Blattgold angefertigt.
20. 07. Ein heftiger »Weiberkampf« tobt am Morgen vor dem Moabiter Kriminalgerichtsgebäude. Zeugen und Prostituierte, die zu einem Kuppelei-Prozeß kamen, waren aneinandergeraten.
21. 07. Der Speicher drei auf dem Packhof am Alten Museum (Mitte) wird wiederum für ein Jahr an den Rentier Löwe für 19 500 Mark verpachtet.
23. 07. In der »Neuen Walhalla« (Neukölln) besiegt Emil Borchardt im Berliner Meisterschaftsringkampf seinen Gegner Rudolf Kügler.
23. 07. Eine Frau, die einen ganzen Wagen voll verdorbener Blaubeeren mit sich führt, wird in der Ackerstraße (Mitte) festgenommen. Sie hatte die Beeren zum Verkauf feilgeboten.
28. 07. Der Gürtelringer Emil Borchardt gewinnt seinen Kampf im »Neuen Walhalla-Theater« (Neukölln) gegen den Ringkämpfer August Bundzus nach nur sieben Minuten.
28. 07. Die Prinz-Albrecht-Straße (Kreuzberg) erhält ihren Namen. Am 10. Mai 1951 erhielt sie den Namen Niederkirchnerstraße.
29. 07. Ein Riesenwels wird im Müggelsee unweit der Wasserwerke Köpenick von Arbeitern des Großfischers Schulz gefangen.
30. 07. Das »Thomas-Theater« öffnet seine Pforten mit der dreiaktigen Posse »Im siebenten Himmel« von Jean Kren.
30. 07. Im »Neuen Walhalla-Theater« (Neukölln) debütiert ein neues Spezialitäten-Ensemble. Es traten »hochkomische Clowns«, »vollendete Reckturner« und »Gymnastiker am schwebenden Bambus« auf. Großen Anklang fand u.a. der Damen-Imitator Lauritz Vriborg.
01. 08. Die Berliner Bahnhöfe wimmeln von Kindern, die »mit Kisten und Kasten von Ferienbesuchen bei Tanten und Großmüttern« zurückkehren.
01. 08. Die Pferde-Eisenbahn der Gemeinde Britz wird mit der Strecke Hermannstraße/Ecke Knesebeckstraße (Neukölln) - Britz, Rathaus eröffnet.
01. 08. Dem Direktor der Berliner Sternwarte, Prof. Wilhelm Julius Foerster, wird an der Universität die Ehrenwürde des Rector magnificus für das Studienjahr 1891/92 übertragen.
02. 08. Die Deputation der Vereinigten Staaten von Nordamerika, die für die große Weltausstellung in Chicago werben soll, trifft in Berlin ein. Major P. Handy und Benjamin Butterworth nahmen Quartier im Hotel »Kaiserhof«.
03. 08. Innenminister Herrfurth empfängt eine Deputation der Vororte Berlins. Diese trugen dem Minister die Bitte vor, daß er »seinen Einfluß für die Einverleibung der Vororte in den Gemeindebezirk der Reichshauptstadt geltend machen möge«.
03. 08. In den Abendstunden werden in der Rochstraße (Mitte) die in der Verbrecherwelt unter den Spitznamen »Bauern-Ede« und »Schwarzer Simson« bekannten Einbrecher verhaftet.
04. 08. In den Morgenstunden werden die Bäume Unter den Linden (Mitte) gewässert. Es war die sechste Bewässerung des Jahres, bei der jeder Baum etwa 900 Liter Wasser erhielt.
05. 08. Der obdachlose Arbeiter Scherzing wird in der Neuen Königstraße 20 (Prenzlauer Berg) tot aufgefunden. »Lieber Hungers sterben als arbeiten« war der Grundsatz des Verstorbenen.
05. 08. Gegen den flüchtigen Buchhalter der Deutschen Bank, Eduard Hermann Frank, wird ein Steckbrief erlassen. Bei seinen Spekulationsgeschäften hatte der Gesuchte der Bank Verluste in Höhe von zwei bis drei Millionen Mark zugefügt.
06. 08. Im »American-Sommer-Theater« stehen sich der Berliner Ringkämpfer August Dieckmann und der Amerikaner Tom Cannon gegenüber. Nach neun Minuten gelang es Cannon, seinen Gegner zu werfen.
07. 08. Das Magistrats-Kollegium beschließt, das Sedanfest »in gleicher Weise wie in den früheren Jahren seitens der städtischen Behörden« zu begehen.
07. 08. In der Treskowallee (Lichtenberg) werden einem Milchpanscher 18 Liter »Kuhmilch«, »gut gewässert und in schönster Bläue«, von der Polizei beschlagnahmt.
10. 08. Der Zeichner, Lithograph und Maler Oskar Wisnieski stirbt in Berlin.Wisnieski war Mitglied der Königlichen Akademie der Künste.
13. 08. Im »Türkischen Zelt« in der Berliner Straße 87 (Charlottenburg) wird gegen geringes Eintrittsgeld »das größte Rindvieh Deutschlands«, ein gewichtiger Ochse, vom Hofschlächtermeister W. Beck ausgestellt.
13. 08. Die Transparentträger und Geschäftsanzeigenverteiler gründen einen Verein zur Wahrung ihrer Interessen.
14. 08. Auf dem Lehrter Bahnhof (Tiergarten) trifft der Hagenbecksche Raubtiertransport aus Hamburg ein. Die Tiere sollten im »Neuen Walhalla- Theaterpark« (Neukölln) vorgeführt werden.
14. 08. Der Magistrat wählt anstelle des verstorbenen Garteninspektors Rönnekamp den bisherigen städtischen Obergärtner Fintelmann.
16. 08. Über 1 000 Arbeiter, die durch 13 Schutzleute überwacht werden, versammeln sich in der Gitschiner Straße (Kreuzberg). Die dort befindliche Elektrofabrik hatte einen Arbeiter gesucht.
17. 08. Als Glanzpunkt aller Veranstaltungen zum 6. Kongreß der Allgemeinen Radfahrer-Union findet ein großes »Konkurrenz- Kunstfahren« statt.
17. 08. Etwa 200 aus Amerika wieder zurückgekehrte Auswanderer lagern am Nachmittag auf dem Bahnhof in Spandau. Den Tagelöhnern aus Ostpreußen waren die Geldmittel ausgegangen. Sie wurden unentgeltlich in ihre Heimat zurückbefördert.
17. 08. Die Königliche Eisenbahn-Direktion Berlin gibt Tariferhöhungen für den 1. Oktober bekannt. Arbeitertages-, Tageskarten für Sonn- und Wochentage und Rundfahrkarten durch den Grunewald wurden aufgehoben. Eingeführt werden sollten einheitliche Vororttarife.
21. 08. Die Arbeiten zur Errichtung der unterirdischen Fernsprechkabel-Verbindung Berlin - München werden in den Mittagsstunden in München beendet.
22. 08. Kaiser Wilhelm II. besichtigt im Zeughaus Unter den Linden (Mitte) die Entwürfe zum Kaiser-Wilhelm-National-Denkmal. Unter den Entwürfen befand sich auch der Entwurf von Reinhold Begas, Schöpfer des Neptunbrunnens.
22. 08. Über die fertiggestellte Hälfte der Mühlendammbrücke (Mitte) wird zum erstenmal der Verkehr geleitet.
22. 08. Das Fahrradfahren auf den Berliner Straßen wird erlaubt. Ausnahmen bildeten die Straße Unter den Linden und die Friedrichstraße (Mitte).
24. 08. Das Garde-Korps verläßt in den Morgenstunden die Stadt in Richtung Jüterbog.
25. 08. Die Berliner AEG und die schweizerische Firma Oerlikon nehmen mit 1 000 Glühlampen die elektrische Beleuchtung der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung zu Frankfurt am Main durch Fernstromversorgung über 175 km in Betrieb.
25. 08. Kaiser Wilhelm II. unterzieht »während der Tafel das neuerdings aus Weizenmehl gebackene Kommißbrot einer eingehenden Prüfung«.
27. 08. Bei mehreren Garde-Regimentern wird in einem Befehl angedroht, »daß jeder Soldat, welcher sein Brot verkauft, mit drei Tagen Arrest bestraft werde«.
28. 08. Aus dem Rixdorfer Amtsgefängnis flieht die »gefährliche Diebin« Emma Bormann.
28. 08. An der Straße Unter den Linden (Mitte) wird das neue »Hotel Minerva« eröffnet.
28. 08. Im »Wallner-Theater« (Mitte) wird der musikalisch-parodistische Scherz »Cavalleria Berolina« von Maximilian Krämer uraufgeführt.
28. 08. Der bekannte Ornithologe Dr. Karl Ruß erscheint als Sachverständiger vor der Berufungskammer des Landgerichts I. Er hatte ein Gutachten über das Geschlecht eines Kanarienvogels abzugeben.
29. 08. Im Lessing-Theater (Kapelleufer/Unterbaumstraße, Mitte) geht unter lebhaftem Beifall ein nach dem Englischen von Oskar Blumenthal bearbeitetes Schauspiel »Falsche Heilige« in Szene.
29. 08. Das erste öffentliche Preis-Trabfahren (einspännig im Sulky) findet am Abend im Hippodrom (Tiergarten) statt.
30. 08. Auf der Spree erregt das mächtige Dampfschiff »Ludwig« aus Hamburg mit Doppelschraube und übermannsstarkem Schornstein großes Aufsehen.
31. 08. Aus Anlaß des 70. Geburtstages des Physiologen und Physikers Hermann von Helmholtz stiftet die Preußische Akademie der Wissenschaften als Anerkennung für hervorragende wissenschaftliche Leistungen die »Helmholtz-Medaille«.
01. 09. Auf der Trabrennbahn Weißensee werden die Rennen »Inländer-Handicap«, »Versöhnungs-Handicap« und »Wiedersehen-Handicap« gestartet.
02. 09. Auf der Sitzung des der Fortschrittspartei nahestehenden »Vereins Waldeck« im »Grand-Hotel« spricht Max Schulz über den Entwurf des neuen Trunksuchtgesetzes.
02. 09. Mit stürmischem Jubel wird der rasche Ausgang des Ringkampfes zwischen Eigenmann und Lomberg im Reichshallen-Theater begrüßt. Lomberg gewann schon nach vier Minuten und 33 Sekunden.
02. 09. Die Berliner Kriegervereine feiern den Sedantag in Vergnügungslokalen.
03. 09. Die Stadtverordnetenversammlung bewilligt 15 000 Mark zu Ehren des deutschen literarischen Kongresses. Der Kongreß fand am 16. September 1891 im Rathaus statt.
03. 09. Die Berliner Schlächter-Innung lehnt auf ihrer Monatsversammlung jede Beteiligung an einer geplanten Fleischerei-Ausstellung für Berlin ab.
06. 09. In der »Neuen Welt« (Neukölln) führen erstmalig für Berlin die Tierbändiger Batty und Prince reguläre Ringkämpfe mit ihren Riesenbären aus.
06. 09. In der Burgstraße (Mitte) wird mit dem »Feenpalast« ein neues Riesenetablissement, ein sogenanntes Spezialitäten-Theater, eröffnet.
07. 09. Die Stell- und Rademacher-Innung begeht im Festsaal des Buggenhagenschen Etablissements die Feier ihres 350jährigen Bestehens.
08. 09. Die »Berliner Presse« annonciert: »Künstliche Zähne in größter Vollkommenheit, unter Garantie der Brauchbarkeit zum Kauen von 2 Mark an empfiehlt Robert Kunst, Markusstraße 28a (Friedrichshain)«.
12. 09. Robert Lüthge (bekannt unter dem Namen Bobby E. Lüthge) wird in Gleiwitz geboren. Er war Schriftleiter der Zeitschrift »Bühne und Film«, Mitbegründer des »Film-Kurier«, Mitarbeiter am »Roland von Berlin« sowie Bühnen- und Filmautor.
15. 09. Über 1 600 000 Einwohner zählt zu diesem Zeitpunkt die Reichshauptstadt Berlin.
15. 09. Auf dem Spittelmarkt (Mitte) wird ein Bauzaun für die Errichtung des Spindlerbrunnens aufgestellt.
16. 09. Ein Doppeljubiläum begehen der Oberdrucker Louis Schmidt und der Prägemeister Wilhelm Lahst nach 25jähriger ununterbrochener Tätigkeit in der Firma der Luxuspapierfabrik von Karl Hellriegel, Kochstraße 5 (Kreuzberg).
17. 09. Wegen Krankheits-Simulation steht der Maurer Ernst Steffen vor dem Schöffengericht. Das Gericht sprach den Angeklagten frei, da ihm Simulation nicht nachgewiesen werden konnte. Die Berufsgenossenschaft fühlte sich um 140 Mark und 80 Pfennig betrogen.
21. 09. Der Historiker und Philologe Ernst Fischer, der von 1868 bis 1878 als Lehrer am Luisenstädtischen Gymnasium, danach am Königstädtischen Gymnasium tätig war und 1884 Professor wurde, stirbt in Berlin.
21. 09. Ein Verein der Vororte Berlins konstituiert sich aufgrund des immer stärker werdenden Wunsches nach Eingemeindung in die Stadt Berlin.
22. 09. Der Lesesaal der Königlichen Universitätsbibliothek (Mitte) wird nach mehrwöchiger Renovierung wieder geöffnet.
23. 09. Der Luftschiffer Friedrich Jodok von Triebes stürzt bei Gewitter unweit des Tempelhofer Feldes ab. Er überlebte den Absturz ohne ernsthafte Verletzungen.
01. 10. Der Bahnhof Großgörschenstraße wird eröffnet.
01. 10. Der Streckenabschnitt der Stadtbahn Neubabelsberg (Griebnitzsee) - Potsdam wird eröffnet.
01. 10. Prof. Moritz Fleischer übernimmt als Nachfolger von Prof. Hans Heinrich Landolt die Leitung des chemischen Laboratoriums der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin.
01. 10. Der Wannseebahnhof (gesonderte Anlage am Potsdamer Bahnhof, Tiergarten) wird eröffnet.
13. 10. Berlin verleiht dem Mediziner Prof. Rudolf Virchow zum 70. Geburtstag die Ehrenbürgerschaft.
15. 10. Der Astronom Prof. Wilhelm Julius Foerster hält seine Antrittsrede als Rektor der Berliner Universität.
27. 10. Der Astronom Friedrich Simon Archenhold entdeckt in der Außenstation der Berliner Sternwarte im Grunewald mittels Fotografie einen Nebel im Sternbild Perseus.
01. 11. Der monumentale Schloßbrunnen (Neptunbrunnen), ein Huldigungsgeschenk der Stadt Berlin an Kaiser Wilhelm II., der vom Bildhauer Reinhold Begas entworfen worden war, wird auf dem Schloßplatz feierlich enthüllt.
02. 11. Dem Rektor der Technischen Hochschule in Charlottenburg wird als Amtszeichen eine goldene Kette verliehen.
15. 11. An der Gaußstraße in Charlottenburg wird mit dem Bau eines Gaswerkes begonnen, das eine tägliche Kapazität von 100 000 Kubikmetern erreichen sollte.
01. 12. Zwischen Jonasstraße und Bremer Straße (Tiergarten) wird die Markthalle Nr. X eröffnet.
03. 12. Die erste Wärmehalle wird unweit des Alexanderplatzes unter einigen Stadtbahnbogen eröffnet.
08. 12. An der Berliner Universität wird eine Studentenversammlung abgehalten, die das Ziel hatte, eine Gesamtvertretung der Studentenschaft zu erwirken.
13. 12. Für das Vereinshaus des akademischen Vereins »Hütte« wird in der Bachstraße 9 (Tiergarten) der Grundstein gelegt.
14. 12. Das Verlagshaus Ullstein gibt das erste Heft der »Berliner Illustrirten Zeitung« heraus (das nach der heutigen Orthographie fehlende »e« wurde erst 1943 in den Zeitungskopf eingefügt).
16. 12. Konrad Herter wird in Berlin geboren. Herter war als Professor für Zoologie von 1945 bis 1951 Direktor des Zoologischen Instituts der Humboldt-Universität und von 1952 bis 1959 Mitdirektor des Zoologischen Instituts der Freien Universität Berlin.
24. 12. Nach der unlängst eingerichteten ersten Berliner Wärmehalle unweit des Alexanderplatzes wird eine zweite kleinere in der ehemaligen Päpkeschen Weißbierstube, Jerusalemer Straße 8 (Mitte), eröffnet.
28. 12. Hermann Ewald Wenck wird in Berlin geboren. Der Schauspieler und Kabarettist wurde populär durch seine Mitwirkung in der RIAS- Rundfunksendung »Günter Neumann und seine Insulaner«.
29. 12. Der Mathematiker Leopold Kronecker stirbt in Berlin. Er wurde auf dem Alten Kirchhof der St.-Matthäus-Gemeinde in Schöneberg beigesetzt.

© Edition Luisenstadt, 1998 - 2002         Stand:        www.berlin-chronik.de