Berlin im Jahr 1850
01. 01. Die Oberpostdirektion Berlin mit ihrem Dienstsitz in der Königstraße 60 (ab 12. April 1951 Rathausstraße, Mitte) wird gegründet.
02. 01. Die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn geht zwangsweise in Staatsverwaltung über. Damit wurde der erste staatliche Eisenbahnbetrieb in Preußen begründet.
06. 01. Eduard Bernstein wird in Berlin geboren. Bernstein wirkte als sozialdemokratischer Theoretiker. Er war von 1902-1906 und von 1912- 1918 Reichstagsabgeordneter und verfaßte ein Werk zur Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert.
22. 01. Paul Vincenz Busch wird in Berlin geboren. Der Zirkusdirektor eröffnete 1895 seinen Zirkusbau am Bahnhof Börse (Hackescher Markt, Mitte).
22. 01. Die niedrigste Lufttemperatur des 19. Jahrhunderts in Berlin wird mit -25°C gemessen.
27. 01. Der Bildhauer und Graphiker Johann Gottfried Schadow stirbt in Berlin. Sein Ehrengrab erhielt er auf dem Dorotheenstädtischen/Friedrichswerderschen Kirchhof, Chausseestraße 126 (Mitte).
01. 02. Ludwig Bisky, Vorsitzender des Berliner Bezirkskomitees der »Arbeiterverbrüderung«, wird polizeilich aus Berlin ausgewiesen. Aufgrund der Ausweisung legte er sechs Tage später den Vorsitz des Bezirkskomitees nieder.
06. 02. Der preußische Ministerpräsident Friedrich Wilhelm Graf von Brandenburg wird Ehrenbürger der Stadt.
06. 02. König Friedrich Wilhelm IV. leistet vor beiden Kammern des preußischen Parlaments im Berliner Schloß den Schwur auf die Verfassung.
07. 02. Die Militärstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen. Am 31. Oktober 1864 wurde sie in Möckernstraße umbenannt.
22. 02. Friedrich Hebbels Trauerspiel »Maria Magdalene« wird zum erstenmal auf der Hofbühne aufgeführt.
06. 03. Adolf Martens wird in Bakendorf bei Hagenow geboren. Martens war Direktor der Königlichen Mechanischen Versuchsanstalt zu Charlottenburg (Bundesanstalt für Materialforschung, BAM, in Dahlem).
11. 03. Alle über 24 Jahre alten männlichen Einwohner, die Steuern zahlen, ein Gewerbe betreiben oder über Einkünfte verfügen, erhalten auf der Grundlage der neuen preußischen Gemeindeordnung das Berliner Bürgerrecht.
11. 03. Berlin erhält eine an der preußischen Staatsverfassung orientierte Kommunalverfassung.
11. 03. Ein Polizeigesetz über die Straßenbenennungen Preußens wird erlassen.
11. 03. Ein Gesetz des preußischen Staates verpflichtet die Gemeinden zum Ersatz für Schäden, die durch öffentliche Tumulte u.ä. entstehen.
11. 03. Mit dem preußischen Vereinsgesetz erhält die Polizei ein Werkzeug zum rücksichtslosen Vorgehen. Auf dessen Grundlage wurde in der Folgezeit die Mehrzahl der Berliner Arbeiter- und Demokratenvereine verboten.
22. 03. Der Professor für Botanik Karl Sigismund Kunth stirbt in Berlin. In seiner wissenschaftlichen Arbeit beschrieb er u.a. die von Humboldt und Bonpland in Südamerika gesammelten 4 500 Pflanzen.
27. 03. Der Astronom und Bankier Wilhelm Beer, Bruder des Komponisten Giacomo Meyerbeer, stirbt in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof der Jüdischen Gemeinde, Schönhauser Allee 23-25 (Prenzlauer Berg). Beer betrieb eine Privatsternwarte im Tiergarten.
31. 03. Adolph Ferdinand Wenceslaus Brix beendet seine Tätigkeit als Lehrer am Gewerbeinstitut in der Klosterstraße (Mitte).
01. 04. Prof. Ringleb scheidet aus dem Lehrkörper des Gewerbeinstitutes in der Klosterstraße (Mitte) aus.
01. 04. Carl Friedrich Rammelsberg beginnt seine Lehrtätigkeit im Fach Chemie und Mineralogie im Gewerbeinstitut in der Klosterstraße (Mitte).
15. 04. Der Berliner Techniker Werner Siemens hält vor der Pariser Akademie der Wissenschaften einen Vortrag über die elektrische Telegraphie, in dem auch die praktischen Ergebnisse der zwei deutschen Telegraphenlinien vorgestellt werden.
16. 04. Der preußische Beamte Johann David Heegewaldt, Ehrenbürger der Stadt, stirbt in Berlin. Heegewaldt hatte sich um den Aufbau der kommunalen Armenverwaltung und -fürsorge verdient gemacht.
27. 04. Die im Jahre 1847 eingesetzte ständige Kommission für die Einrichtung und Verwaltung der Volksbibliotheken erläßt ein Statut, das die Bestimmungen über die Benutzung dieser Berliner Bibliotheken enthält. Es wurde 1869 ergänzt.
30. 04. Der Komponist Albert Lortzing kehrt nach Berlin zurück und geht eine Verpflichtung am Friedrich-Wilhelmstädtischen-Theater ein. Lortzing hatte von 1846 bis 1848 ein Engagement am Theater an der Wien und war danach reisender Schauspieler. 1851 starb er.
07. 05. Hans Jancke wird in Sanssouci geboren. Jancke besuchte von 1869 bis 1870 die Königliche Gärtnerlehranstalt, war von 1880 bis 1884 Lehrer an dieser Anstalt in Sanssouci und ab 1884 Königlicher Oberhofgärtner in Bellevue.
10. 05. König Friedrich Wilhelm IV. eröffnet in Berlin die Konferenzen der deutschen Fürsten zur Begründung der engeren Union deutscher Einzelstaaten.
10. 05. Der Berliner Verein der Maschinenbauarbeiter wird von der Polizei geschlossen, da er als politischer Verein angesehen wurde und der Vorsitzende Behrends bis zu diesem Tag die verlangte Auskunft über die Mitglieder nicht erteilen konnte.
11. 05. Der Arzt Justus Friedrich Karl Hecker stirbt in Berlin. Von 1834 an war er bis zu seinem Tode ordentlicher Professor für Geschichte der Medizin an der Universität zu Berlin. Hecker verfaßte zahlreiche medizinische Werke.
12. 05. In Pankow feiert die gemeinnützige Berliner Baugesellschaft im Garten der Gesellschaftshäuser in der Wollankstraße 8 und 9 den Gründungstag ihrer ersten Mietsgenossenschaften.
17. 05. Das Friedrich-Wilhelmstädtische Theater in der Schumannstraße (Mitte) wird feierlich eröffnet. Die Feier begann mit einer von Albert Lortzing komponierten und dirigierten Festouvertüre. Später erhielt auf dem Gelände das Deutsche Theater seinen Sitz.
18. 05. Prinzessin Charlotte, Tochter des Prinzen Albrecht von Preußen, vermählt sich mit Erbprinz Georg von Sachsen-Meiningen.
22. 05. Der invalide Feuerwerksunteroffizier der Garde-Artillerie Max Joseph Sefeloge unternimmt einen Attentatsversuch auf König Friedrich Wilhelm IV. Der Vorfall war Anlaß für eine Verhaftungswelle gegen Mitglieder politischer Organisationen in Berlin.
31. 05. Im Diorama der Brüder Carl Wilhelm und Martin Carl Philipp Gropius in der Georgenstraße findet die letzte Vorführung statt.
01. 06. Die ersten vier städtischen Volksbibliotheken werden für das Publikum geöffnet. Sie befanden sich im Friedrichs-Werderschen Gymnasium, in der Königsstädtischen Realschule, der Dorotheenstädtischen Realschule und der Luisenstädtischen Realschule.
05. 06. Ein neues »Regulativ für die Organisation des Königlichen Gewerbe-Instituts« tritt in Kraft. Es ordnete Eingangsvoraussetzungen, Studiendauer und Studienbereiche neu, wodurch in Berlin erstmalig ein halbwegs systematisches Chemiestudium angeboten wurde.
05. 06. Das gesamte Berliner Bezirkskomitee der »Arbeiterverbrüderung« (eine Anfang September 1848 von Arbeitervereinen gegründete erste stärkere Massenorganisation des Proletariats) wird polizeilich geschlossen und aufgelöst.
05. 06. Die Polizei verbietet zwölf Berliner Arbeiter- und Demokratenvereine, die mit dem Bezirkskomitee der Arbeiterverbrüderung in Verbindung stehen sowie die Berliner Hauptvereinigung des Gutenbergbundes und den Berliner Handwerkerverein.
12. 06. In Berlin erfolgt die Begründung des provisorischen Fürstenkollegiums unter den Mitgliedern der Union deutscher Einzelstaaten.
13. 06. Wilhelm Werner wird in Mühlhausen geboren. Der Geodät wurde 1902 an die Technische Hochschule in Charlottenburg berufen.
15. 06. Der Bibliothekar Samuel Heinrich Spiker scheidet infolge beruflicher Schwierigkeiten nach einer 44jährigen Dienstzeit an der Königlichen Bibliothek in Berlin freiwillig aus seinem Amt aus.
16. 06. Max Emil Julius Delbrück wird in Bergen (Rügen) geboren. Delbrück war 1882 als Professor für technische Chemie an die Landwirtschaftliche Hochschule in Berlin berufen worden.
18. 06. Wilhelm Erman wird als Sohn des Physikprofessors Adolf Erman in Berlin geboren. Erman war von März 1874 bis Anfang 1890 - zunächst als Hilfsarbeiter, dann als Kustos und Bibliothekar - in der Königlichen Bibliothek in Berlin tätig.
02. 07. In Berlin erfolgt der Friedensschluß zwischen Preußen, dem Deutschen Bund und Dänemark.
06. 07. Friedrich Bouché wird in Schöneberg bei Berlin geboren. Bouché besuchte von 1868 bis 1870 die Königliche Gärtnerlehranstalt, war später im Botanischen Garten zu Berlin tätig, ging 1873 nach Dresden und war dort Direktor des Großen Gartens.
14. 07. Prof. Johann Wilhelm August Neander stirbt in Berlin. Neander, einer der größten Kirchenhistoriker seiner Zeit, lehrte seit seiner Berufung im Jahre 1813 an der Berliner Universität.
01. 08. Das gemeinsame Bücherverzeichnis der vier städtischen Büchereien im Friedrichs-Werderschen Gymnasium und in den höheren Stadtschulen der Königs-, Dorotheen- und Luisenstadt weist einen Bestand von 7 400 Bänden aus. Die Bibliotheksnutzung war kostenlos.
05. 08. Angeregt durch den preußischen Staatsminister August Freiherr von der Heydt werden auf einer Konferenz in Dresden zwischen Preußen, Österreich, Bayern und Sachsen einheitliche Grundsätze der Nutzung der elektrischen Telegraphen beschlossen.
15. 08. Die bis zum 30. September dauernde Berliner Gewerbeausstellung wird im Krollschen Haus am Tiergarten eröffnet. Es beteiligten sich 850 Berliner Gewerbetreibende.
17. 08. An einem dreitägigen burschenschaftlichen Kongreß, der in Eisenach beginnt, nehmen Vertreter der Berliner Verbindung Teutonia teil. Auf dem Kongreß wurde die Gründung eines »Eisenacher Burschenbundes« beschlossen.
02. 09. In Berlin beginnen erstmals Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung nach dem Dreiklassenwahlrecht, die zu einer konservativen Kommunalvertretung führen. Wahlberechtigt waren Bürger mit wenigstens 300 Talern Jahreseinkommen, 5 % der Einwohner (21 000).
02. 09. Der nach Plänen von Peter Joseph Lenné gebaute Landwehrkanal wird für den Schiffsverkehr freigegeben. Im Juli 1845 wurde damit begonnen, den Landwehrgraben entlang der Köllnischen Feldmark auszubauen. Anlaß war der zunehmende Schiffsverkehr in Berlin.
05. 09. Eugen Goldstein wird in Gleiwitz (Schlesien) geboren. Der Wissenschaftler wirkte langjährig in Berlin auf den Gebieten Strahlungsphysik und Spektren.
17. 09. Ein Berliner Schuhmacher reicht ein Patent für einen »um einen Stift drehbaren Absatz« ein. Er sah darin ein Mittel gegen das Schieflaufen von Stiefelabsätzen.
24. 09. Der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung verleihen dem Kommandierenden General des III. Armeekorps (Mark Brandenburg, Sitz in Berlin) Friedrich Heinrich Ernst Graf von Wrangel die Ehrenbürgerwürde der Stadt.
01. 10. Der Bauinspektor Julius Manger beginnt seine Lehrtätigkeit im Fach Baukonstruktionslehre am Gewerbeinstitut in der Klosterstraße (Mitte).
01. 10. Der Physiker Heinrich Gustav Magnus beginnt seinen Unterricht im Fach Chemische Technologie am Gewerbeinstitut in der Klosterstraße (Mitte).
01. 10. Der außerordentliche Professor an der Universität Breslau, Dr. Theodor Mundt, wird zum Kustos und Leiter der Berliner Universitätsbibliothek ernannt. Seine Lehrtätigkeit an der Breslauer Universität gab er damit auf.
01. 10. Die Stadtverordnetenversammlung wird durch einen Gemeinderat ersetzt.
15. 10. Louis Schneider, Schauspieler, Lustspiel- und dramatischer Dichter, wird zum Vorleser des Königs Friedrich Wilhelm IV. mit dem Titel Hofrat ernannt.
15. 10. Der Philologe August Boeckh hält in der Berliner Universität eine Rede mit dem Thema »Zu zeitgenössischen Plänen einer Universitätsreform«.
28. 10. Giacomo Meyerbeer dirigiert seine Oper »Der Prophet« in Berlin.
05. 11. Mit einer Stimme Mehrheit wird der langjährige Oberbürgermeister Heinrich Wilhelm Krausnick wieder zum Berliner Stadtoberhaupt gewählt. Er war am 20. März 1848, nach den Kämpfen vom 18./19. März, als Oberbürgermeister zum Rücktritt gezwungen worden.
06. 11. Friedrich Wilhelm Graf von Brandenburg, Sohn des Königs Friedrich Wilhelm II. und der ihm »zur linken Hand« angetrauten Gräfin Sophie von Dönhoff, preußischer Ministerpräsident und Ehrenbürger der Stadt, stirbt in Berlin an Kopfgrippe.
06. 11. In der Nacht zum 7. November befreit der Student Carl Schurz den im Zuchthaus Spandau wegen »revolutionärer Umtriebe« einsitzenden Dichter J. Gottfried Kinkel aus seiner Kerkerhaft mit Hilfe eines bestochenen Wächters und etlicher Spandauer Demokraten.
15. 11. Die erste preußische Briefmarke, das Kopfbild Friedrich Wilhelms IV. im Profil zeigend, kommt in den postalischen Verkehr.
16. 11. Obgleich nach der geltenden Gemeindeordnung das Stadtoberhaupt grundsätzlich nur »Bürgermeister« heißt, wird Heinrich Wilhelm Krausnick als Berliner Stadtoberhaupt per königlichem Erlaß der Titel Oberbürgermeister verliehen.
16. 11. Die Straße Am Johannistisch (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
19. 11. Der Ingenieur für Festungsbau Moritz Karl Ernst von Prittwitz wird zum Oberst und Inspekteur der 1. Ingenieurinspektion ernannt und kehrt nach Berlin zurück.
20. 11. Im Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater, Schumannstraße (Mitte), findet die Erstaufführung des Dramas »Ferdinand von Schill« von Rudolf Gottschall mit Musik von Albert Lortzing statt. Nach der zweiten Aufführung wurde das Stück polizeilich verboten.
06. 12. Otto Theodor Freiherr von Manteuffel, von 1848 bis 1850 preußischer Innenminister, danach bis 1858 Ministerpräsident, wird Ehrenbürger der Stadt.
06. 12. Vor der Berliner Physikalischen Gesellschaft berichtet der Physiologe und Physiker Hermann Helmholtz erstmals über den von ihm erfundenen Augenspiegel.
08. 12. Der Chemiker Heinrich Rose schlägt den Chemiker und Kristallographen Carl Friedrich Rammelsberg für die Aufnahme als ordentliches Mitglied der physikalischen Klasse der Akademie der Wissenschaften vor.
09. 12. Der Mathematiker Gustav Peter Lejeune-Dirichlet schlägt den Mathematiker Ferdinand Gotthold Max Eisenstein für die Aufnahme als ordentliches Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften vor.
25. 12. Der preußische Generalstabsoffizier Franz August von Etzel stirbt in Berlin. Etzel war organisatorisch verantwortlich für den Bau der ersten optischen Telegraphenlinie Berlin - Koblenz.

© Edition Luisenstadt, 1998 - 2002         Stand:        www.berlin-chronik.de