Erasmus Seidel

* 29. 11. 1594 in Treuenbrietzen
+ 30. 03. 1655 in Berlin

Bildnis Erasmus SeidelOberbürgermeister
von 1628 bis 1629

Erasmus Seidel, geboren am 29. November 1594 in Treuenbrietzen als jüngster Sohn des dortigen Bürgermeisters Friedrich von Seidel, verlor im Alter von vier Jahren seinen Vater, der an der Pest verstarb; bald darauf erlagen auch seine Mutter und eine Schwester der Epidemie. Des verwaisten Jungen nahm sich ein Vetter aus Zerbst an. Hier erhielt Erasmus Seidel seine erste Schulbildung, die er anschließend in dem 1607 gegründeten Joachimsthaler Gymnasium bei Berlin fortführte. Auf Grund seiner ausgezeichneten Leistungen und seines einwandfreien Betragens ("Wohlverhaltens") konnte er mit Zustimmung des Rektors 1616 die Universität zu Wittenberg beziehen. Er studierte Jura, belegte aber auch andere Wissenschaftsbereiche. Sein Universitätsstudium schloß Erasmus Seidel mit hervorragenden Ergebnissen ab und nahm 1620 in Berlin eine Tätigkeit als Ratssyndikus auf, die er bis 1635 ausübte - in dieser Zeit ging er auch die Ehe mit einer Tochter Bürgermeister Martin Pasches (Amtsantritt 1602) ein. Er suchte seine juristischen Kenntnisse weiter zu vervollkommnen und ließ sich zum Beispiel von dem damals berühmten Rechtsgelehrten Balthasar Dahmes in juristischer Praxis unterweisen. Erasmus Seidel stand als Jurist bald in so hohem Ansehen, daß auch Fürsten und andere vornehme Persönlichkeiten ihn immer häufiger in rechtlichen Angelegenheiten konsultierten.

Für eine kurze Zeit versah Erasmus Seidel auch das Amt des Bürgermeisters. Am 19. Dezember 1627 erwählte ihn der Berliner Rat zum Stadtoberhaupt; am 2. Januar 1628 übernahm er mit Ablegung seines Bürgermeistereides diese Funktion, die er bis zum Jahr 1629 ausübte. Möglicherweise auf eigenen Wunsch wurde er 1630 von diesem Amt wieder entbunden. 1636 ernannte ihn Kurfürst Georg Wilhelm zum Hofkammergerichts- und Kriegsrat, zwei Jahre darauf, 1638, zum Geheimen Staatsrat.

In dieser Zeit, zwischen 1637 und 1639, brach erneut eine Pestepidemie in der Residenz aus - die schwerste und zugleich letzte in der Geschichte Berlins -, die unzählige Opfer unter der Bevölkerung forderte. 1640 übernahm Kurfürst Friedrich Wilhelm, später der "Große Kurfürst" genannt, die Regentschaft in der Mark Brandenburg.

Erasmus Seidel stand auch bei dem neuen Landesherrn in hoher Gunst. 1652 begleitete er den Kurfürsten nach Prag - der Dreißigjährige Krieg, der eine verwüstete Mark Brandenburg und eine verelendete Bevölkerung hinterlassen hatte, war 1648 mit dem Westfälischen Frieden beendet worden -, um dort an der Versammlung der Stände am kaiserlichen Hof teilzunehmen. Der Kaiser selbst würdigte Erasmus Seidel einiger persönlicher Gespräche und trug ihm die Erhöhung in den Freiherrenstand an, was Erasmus Seidel aber nicht annehmen wollte - wohl aber die schriftliche Bestätigung seiner adligen Herkunft, die der Kaiser und der Kurfürst von Mainz mit ihren Unterschriften bezeugten.

Auf der Rückreise von Prag, die er gemeinsam mit seinem Landesherrn, Friedrich Wilhelm, und dem Kurfürsten von Sachsen antrat, wurde Erasmus Seidel von einer heftigen Kolik befallen, die - nach Chronistenberichten - beide Kurfürsten veranlaßte, seinetwegen die Reise für einen Tag zu unterbrechen. Der sächsische Kurfürst soll ihm sogar für die Weiterfahrt seinen eigenen Reisewagen angeboten haben, was Erasmus Seidel aber dankend ablehnte.

Nur wenige Jahre später, am 30. März 1655, verstarb Erasmus Seidel im Alter von 60 Jahren - ein, wie es hieß, um Hof und Vaterland wohlverdienter Mann. Auch der Kurfürst bekannte, daß er einen recht treuen Diener an ihm verloren habe. Der Historiograph Georg Gottfried Küster gab folgende Beschreibung der feierlichen Beisetzung von Erasmus Seidel: "Der erblaßte Leichnam ward in Begleitung Gräflicher und Freyherrlicher Personen, welche hierbey Chur- und Fürstliche Gesandtschaften hatten, in der Nikolai-Kirche in seinem Erbbegräbniß beygesetzt, wo ihm im hohen Chor neben seiner Gruft zum Gedächtniß ein groß Monument von rothen Marmor mit verguldeten Wapen und Zierathen errichtet worden. In dem Bogen über der Inscription ist sein Bildniß, und über selbigem ein brennender Phoenix ... "

 

© Edition Luisenstadt, 1998
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