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Hans Hauser
Belvedere auf dem Ruinenberg

Auf dem Potsdamer Ruinenberg nördlich von Schloß Sanssouci hat man zu Zeiten Friedrichs des Großen mit erheblichem finanziellem und technischem Aufwand versucht, in einem Becken Wasser für die Springbrunnen im Park zu sammeln. Nur einmal, im April 1754, reichte die Menge aus, eine dünne Fontäne in die Höhe steigen zu lassen. Die um das Becken gruppierte künstliche Ruinenarchitektur wurde von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699–1753) entworfen und vom Bühnenmaler Innocente Bellavite ergänzt. Sie besteht aus einer Wand nach Art des Colosseums, einem oben offenen Rundtempel mit 16 Säulen und der Miniaturkopie einer ägyptischen Pyramide sowie drei senkrecht stehenden Säulen und einer weiteren, schräg dagegen gestellten Säule. Mit der Staffage huldigte der flötenspielende Schloßherr, der auch zahllose römische Bildwerke sammelte, der Antike als Mutter aller Künste. »Die halbrunde von Fensteröffnungen durchbrochene Rückmauer und die Säulenstellung mit einer schief angelehnten Säule schneiden sich sehr schön gegen den blauen Himmel ab«, heißt es in dem Büchlein »Einen Nachmittag in Sans-Souci« von 1850.

König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861, König ab 1840), der den verwaisten Sommersitz und Sterbeort seines berühmten Vorfahren wieder bewohnte, beauftragte seinen Gartendirektor Peter Joseph Lenné (1789–1866) mit der Neugestaltung des Ruinenberges und der Bornstedter Flur und ließ 1845 den »römischen« Ruinen einen mittelalterlich anmutenden Bau, den Normannischen Turm, als Aussichtsplattform anfügen. Das mehrgeschossige Belvedere aus Rüdersdorfer Kalkstein diente als Point de vue, besonders gut zu erkennen vom Ehrenhof des Schlosses Sanssouci. Nach dem Bau des als Moschee gestalteten Dampfmaschinenhauses an der Havel (BM 9/99) gelang es ab 1842 mühelos, das Becken zu füllen und die Wasserspiele im Park in die Höhe schießen zu lassen. Auch heute dient der riesige Behälter als Reservoir für die zahlreichen Fontänen und Quellen im Gartenparadies der Hohenzollern.
     Bei Kriegsende 1945 nach einem Granateneinschlag ausgebrannt, war der zinnenbewehrte Normannische Turm, ein Werk des Schinkel- Schülers Ferdinand von Arnim, ständigem Verfall ausgesetzt und unbenutzbar. Nach längerer Planungsarbeit wird der Bau aus Rüdersdorfer Kalkstein jetzt bis zur Bundesgartenschau 2001 wieder hergestellt. Architekt Thomas Alt spricht von der »Revitalisierung eines hohlen Vogels«, die rund 1,4 Millionen Mark kostet. Ziel sei es, die fehlenden Wände, Decken und Böden, die
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Die romantische Staffage – links neben der Colosseums- Wand der Normannische Turm – wird bis zur Bundesgartenschau 2001 revitalisiert
Die Stiftung hat eine Telefonkarte zu 24 Mark als »Baustein« für den Wiederaufbau des Normannischen Turms herausgegeben und hofft, auch damit fehlende Summen hereinzubekommen. Daß der Normannische Turm wie in der Vorkriegszeit als Restaurant und Wohnung genutzt wird, hält Generaldirektor Hans-Joachim Giersberg für ausgeschlossen. Wohl aber werde er schon zur Bundesgartenschau wie im vorigen Jahrhundert als Belvedere dienen und sowohl einen Blick zurück, auf die friderizianischen Schlösser und Gärten,
nur noch in Resten vorhandene inwendige Treppe und die Aussichtsplattform in 22 Meter Höhe zurückzugewinnen. Das werde in alter Handwerkstechnik geschehen, wobei in der Umgebung gefundene Bruchsteine wieder verwendet werden sollen. In einem späteren Bauabschnitt, sobald weiteres Geld vorhanden ist, will dieStiftung Preußische Schlösser und Gärten die desolaten und zum Teil auch von Graffiti- Sprühern beschmierten Römer-Ruinen aus der friderizianischen Zeit restaurieren. als auch nach vorn, auf die Gartenschau auf dem Bornstedter Feld, ermöglichen. Bereits in den vergangenen Jahren sei das Wegesystem in dem Hügelgelände rekonstruiert worden. Damit werde der Ruinenberg mit seiner an die Vergänglichkeit des Lebens und der Kunst gemahnenden Kulissenarchitektur wieder als integraler Bestandteil der historischen Parklandschaft von Sanssouci erlebbar.

Bildquelle: Autor

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© Edition Luisenstadt, 1999
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