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meint. Das habe gravierende Folgen für die Standfestigkeit von Mauern und Turm gehabt.
     »Die in den Gräben befindliche Kulturschicht aus organischem Material, vor allem Holz, ist im Laufe der Jahrhunderte verrottet. So kam es zum Nachsacken des Gemäuers.« Allein der Turm mit einem Gewicht von etwa 4 500 Tonnen versinkt im Jahr um sieben Millimeter. Die Folgen sind nicht zu übersehen: Risse, Setzungen, Abweichungen vom Lot. Hinzu kamen schon immer die Auswirkungen eines sich ständig verändernden Grundwasserspiegels und in den letzten Jahrzehnten auch die Erschütterungen durch den Schwerlast- und Autoverkehr auf einer stark befahrenen Straße in der Nähe. Die auf unprofessionelles Bauen im Mittelalter und allerlei Umweltbelastungen zurückzuführenden Schäden hat man auch in den sechziger Jahren dieses Jahrhunderts nicht aufhalten können. Alles zusammengenommen waren ab 1996 aufwendige und teure Gegenmaßnahmen nötig.
     Zusätzliche Fundamentierungen außen und innen, neue Spannanker und tief ins Erdreich gehende Bohrpfähle, die die Last der Mauern und Pfeiler aufnehmen. Außerdem wurden gefährliche Risse im Gewölbe mit Stahlbolzen verkeilt. Niemand muß mehr befürchten, daß Putz und Steine herunterfallen.
     Auch die aus dem 13. Jahrhundert stammenden romanischen Arkadenpfeiler müssen nachgebessert werden. Die Bauleute hat-
Hans Hauser
Brandenburger Dom kommt wieder ins Lot

Wenn alles nach Plan geht, wird eine der letzten Gedenkmünzen der Bundesrepublik Deutschland im kommenden Jahr, kurz bevor der Euro die Mark ablöst, dem Brandenburger Dom gewidmet werden. Der Reinerlös des Verkaufs dieses Silberlings wird auf einige Millionen geschätzt, dringend gebrauchtes Geld, das auch anderen berühmten »Bauwerken in Not« in den neuen Bundesländern zugute kommen soll. Auf Jahre noch ist der aus romanischen und gotischen Bauteilen bestehende Brandenburger Dom eine riesige Baustelle.
     Schon im frühen 19. Jahrhundert nahm sich Preußens oberster Baumeister, Karl Friedrich Schinkel, des Pflegefalles an. Er veranlaßte Stabilisierungsmaßnahmen, baute eine riesige Treppe zum Altar und beseitigte, weil aus der Mode, große Teile der barocken Ausstattung, was heute überaus bedauert wird.
     Offenbar hatte man im Mittelalter nicht sorgfältig gearbeitet, als das Gotteshaus »ohne ordentliche Gründung« auf verfüllten Wassergräben einer schon lange aufgegebenen slawischen Burg errichtet wurde, wie der zuständige Architekt Thomas Müller

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neben dem Dom ausgemacht hat. Die barocke Wagner- Orgel jedoch, eines derbedeutendsten Ausstattungsstücke des Doms aus dem frühen 18. Jahrhundert, ist schon ausgebaut und wird von der traditionsreichen Firma Schuke in Potsdam erneuert, während der mit dem schwarzen Preußenadler geschmückte Prospekt vor Ort restauriert wird. Am 30. Mai 1999 soll die Orgel wieder erklingen. Bereits am 23. August dieses Jahres wurde der Dom mit einem Festgottesdienst freigegeben.
Der Preußenadler
ten im 13. Jahrhundert die rundbogigen Stützen nicht massiv gemauert. Die in die Innenräume der Pfeiler geworfenen Steine sackten mit der Zeit zusammen. Die hohlen Stellen werden jetzt mit Betonmilch verpreßt. Die Emulsion wird durch zahlreiche Löcher injiziert und verfestigt sich mit dem lockeren Material, so daß die Pfeiler wieder Halt bekommen.
     Weil die Mittel begrenzt sind, hat die Sicherung der Domkirche, ihrer Dächer, Mauern, Pfeiler und Gewölbe Vorrang. So müssen aus Kostengründen Restaurierungsarbeiten an Kunstgütern und auch die Freilegung mittelalterlicher Bemalungen verschoben werden, die man bereits in verschiedenen Gewölben des Klausurgebäudes
Dazu wurden die hohen Gerüste im Kirchenschiff abgebaut, und auch der jetzt aufgerissene Fußboden erhält wieder seine alten Terrakottaplatten zurück. Schönheitsreparaturen im Inneren, etwa die Schließung von Putzlücken, müssen noch warten, weil Sicherung der Substanz oberste Priorität hat.
     Das Gesamtvolumen aller Bau- und Restaurierungsmaßnahmen auf der Dominsel wird für das aus Dom sowie ehemaligen Kloster-, Wohn- und Amtsgebäuden bestehende Ensemble auf etwa 90 Millionen Mark veranschlagt. Wenn zusätzliches Geld, etwa durch neue Spenden und die erwähnte Zehnmarkmünze, hereinkäme, könnte die auf etwa 15 Jahre berechnete Wiederherstellungszeit nicht unwesentlich verkürzt werden.

Bildquelle: H. Hauser

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© Edition Luisenstadt, 1998
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