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und Alles, was ihnen dort entgegenkam, niederstachen.« Nur einer der in das Rathaus geflüchteten Barrikadenkämpfer überlebte, weil er aus einer Mischung von Verzweiflung und Kaltblütigkeit hinter der vom Militär aufgebrochenen Rathaustür dem eindringenden kommandierenden Offizier mit angeschlagener Büchse entgegentrat und von diesem in momentaner Reaktion mit einem Säbelhieb über den Kopf niedergestreckt, wohl von den Soldaten daraufhin für tot gehalten und einfach liegengelassen wurde. Dieser Barrikadenkämpfer, der sich tot stellte und so inmitten von Leichen überlebte, war der Buchdruckereibesitzer Eduard Krause (18161882). Er hatte am Nachmittag in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied des Berliner »Handwerkervereins in der Johannistraße No. 4« zusammen mit Hunderten von Vereinsmitgliedern an der Demonstration vor dem Schloß teilgenommen, war auf die rasch entstandene Barrikade zugegangen und hatte dort dafür agitiert, die Kampfhandlungen nicht von selbst zu beginnen: Er selbst wolle mit dem ebenfalls aufgetauchten allseits bekannten Redakteur der »Vossischen Zeitung«, Ludwig Rellstab (17991860), der im Redaktionsgebäude der Zeitung, Breite Straße 8 gegenüber dem Ribbeck-Haus seine Wohnung hatte, sich für die Zurückziehung der Truppen einsetzen. Daraufhin waren beide gegen vier Uhr nachmittags zum Schloß abgeordnet worden. Auf dem | |||||
Kurt Wernicke
Als Unternehmer auf der Barrikade Die gut ausgebaute Barrikade, die die Breite Straße vom Köllnischen Fischmarkt abtrennte und sich dabei an das Köllnische Rathaus anlehnte, kam dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. am Nachmittag des 18. März 1848 als ganz besonders provokant vor: lag sie doch genau in der Sichtachse seiner Diensträume über Portal II des Schlosses. Die auf ihr flatternde große schwarzrotgoldene Fahne war seiner Majestät ein zusätzliches Ärgernis, und er wollte sie »aus den Augen« haben. Nachdem die Angriffsoperationen des Militärs erst einmal eröffnet waren, war speziell diese Barrikade das Zielobjekt wütender militärischer Attacken, die nach fünfmaligem Andringen und dem Einsatz von Artillerie kurz nach Mitternacht die Barrikade nahmen, vor allem deshalb, weil den Verteidigern die Munition ausgegangen war. »Die potsdamer Garde drang durch die Barrikade in das Rathaus und besetzte dasselbe. Hinter der Barrikade selbst hatte es mehrere Tote und Verwundete gegeben; eine wahre Metzelei begann aber von Seiten der Soldaten, als sie mit gezücktem Bajonett in das Haus vordrangen | |||||
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Wege dorthin hörten sie aber aus der
Königstraße schon Waffenlärm und waren sich
angesichts der damit begonnenen bewaffneten Auseinandersetzung der Vergeblichkeit
eines angestrebten Vermittlungsversuchs sofort bewußt. Rellstab zog sich daraufhin
als Beobachter in seine Wohnung zurück, Eduard Krause hingegen kehrte zur
Barrikade zurück mit der Nachricht, daß in der
Königstraße bereits mit Kartätschen auf das
Volk geschossen werde. Nach einer zündenden Ansprache Krauses, die zum Kampf für
die Freiheit aufrief, war die Mannschaft an der Barrikade sogar kaum zu zügeln gewesen in dem Drang, nun doch zum Schloßplatz aufzubrechen und das dort stehende
Militär anzugreifen. Der hartnäckige Widerstand gegen das von Prestigedenken getragene Unternehmen, gerade
diese Barrikade schnellstmöglich aus den königlichen Augen
zu schaffen, endete schließlich in dem
Blutbad an den inzwischen praktisch verteidigungsunfähigen Barrikadenkämpfern: Sie
hatten sich verschossen!
Krause selbst vertraute neun Jahre später dem Grundstein für sein neues Druckereigebäude ein Dokument an, in dem er sich zu seinem Einsatz auf der Barrikade bekannte: »In der Nacht vom 18. zum 19. März 1848 verteidigte ich die Barrikade am Cöllnischen Rathause und empfing bei der endlichen Einnahme derselben durch das Militär eine Stirnwunde.« Eduard Krause wurde am 25. März 1816 als | Sohn des in Putbus ansässigen
jüdischen Kaufmanns Israel Nathan in Stralsund
geboren. Der Vater konvertierte zwischen 1818 und 1822 und hieß seither Theodor
Krause. Eduard aber war noch jüdisch geboren,
erlernte als Zugehöriger der mosaischen Religion in Stralsund den
Schriftsetzerberuf und ging als Zwanzigjähriger auf
Wanderschaft, die ihn möglicherweise auf
den Spuren väterlicher Geschäftsverbindungen
beträchtlich in der Welt herumführte:
zuerst nach New York und nach seiner Rückkehr nach Europa nach Aachen, Brüssel, Paris und London. In letzterer Stadt trat er am 13. März 1842 zum Christentum über und wurde auf den Namen Edward Henry Bernard Krause getauft. 1843 kam er
nach Berlin, wo er fortan die Vornamen Eduard Heinrich Bernhard verwandte.
Eduard Krauses Rolle im Handwerkerverein In dem im ersten Halbjahr 1844 unter der Aufsicht des Magistrats entstehenden Handwerkerverein unter dem Stadtsyndikus Heinrich Hedemann (18001872) war Krause von Anfang an aktiv tätig. Als am 14. Oktober 1844 auf der ersten Generalversamlung die Vereinslehrer, die Selbständigen und die Gesellen und Gehilfen jeweils vier Vertreter für den Vorstand wählten, war aus dem Kreis der Gesellen Schriftsetzer Eduard Krause darunter. Entsprechend findet sich | |||||
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sein Name auch unter dem Aufruf »An
die Handwerker Berlins«, den die Gesellenrepräsentanten des Handwerkervereins
im Januar 1845 übrigens durchaus
erfolgreich mit einer Werbung für den Verein an
ihre Kollegen richteten: »Kommen Sie alle, und vereinigen Sie sich mit
uns, um in dem Streben nach veredelung unserer selbst,
unseres Standes und des Lebens dem Vaterlande ein
Muster fester Einigung und kräftigen Wirkens zu sein.«
Im ersten Vereinsjahr nahm Krause innerhalb des Vereins eine
gewisse Sonderstellung ein. Er gehörte zu den
Gesellen und Gehilfen und vertrat sie neben
anderen im Vorstand; er war aber gleichzeitig als einziger Geselle! Mitglied des
Lehrkörpers, denn er unterrichtete Französisch.
Dem Französisch-Unterricht entsagte Krause im folgenden Geschäftsjahr ebenso wie der Vertretung der Gesellen im Vereinsvorstand: Er hatte sich per 1. April 1845 selbständig gemacht und wurde bei der Generalversammlung am 17. April als Buchdrucker Krause in den vierköpfigen Ausschuß gewählt, der die Selbständigen im |
Vorstand repräsentierte. Den
Jahresbericht des Vereins für das Geschäftsjahr
1845/46, der im April vorgelegt wurde, druckte bereits »Eduard Krause, Neue Orangenstr.
74«. Die technische Ausstattung seines
Unternehmens war zunächst recht bescheiden: eine hölzerne
Handpresse.
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Eduard Krause | ||||||
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ihm persönlich befreundeten
Vereinslehrers Julius Berends (18171891) als Teilhaber
in die Firma; für Berends war der Einstieg in die Buchdruckerei eine Lebensnotwendigkeit, denn als Kandidat der
Theologie hatte er jede Aussicht auf ein Predigt
oder Schulamt verspielt, als er eine im Juni 1844 gehaltene Probepredigt entgegen dem
Verbot des kommunistische Ansichten witternden Konsistoriums hatte drucken lassen.
So erlernte Berends den Buchdruck und betätigte sich neben seiner Lehrertätigkeit im Handwerkerverein selbst am Preßbengel. Als Gewerbetreibender benötigte Berends aber das Berliner Bürgerrecht, und im Zusammenspiel von Innenministerium, Regierungspräsidenten, Berliner Polizeipräsidium und dem Vorsitzenden des Handwerkervereins wurde der behördlich als untragbarer Wühler eingeschätzte Berends im Frühjahr 1846 erst aus der Lehrerschaft des Vereins entfernt und anschließend erpreßt, gegen Gewährung des Bürgerrechts den Verein »freiwillig« zu verlassen. Wiewohl nur Krauses stiller Teilhaber, firmierte Berends fortan bei seinen politischen Aktivitäten die ihn im Juni 1847 in Berlins Stadtverordnetenversammlung, 1848 in die Preußische Konstituierende Versammlung, 1849 in die Zweite Kammer des Preußischen Parlaments und nach deren Auflösung an die Spitze der Berliner Volkspartei führten stets als Buchdruckereibesitzer und konnte auf der Basis der Krau- | seschen Offizin seine Aktivitäten
offenbar ohne wirtschaftliche Not ausüben.
Unternehmer, Vereinspolitiker und Mitkämpfer auf den Barrikaden Einen großen wirtschaftlichen Aufschwung brachte die enge Verbindung zum Handwerkerverein dem jungen Unternehmen offenbar nicht. Über dessen Publikationen hinaus findet sich der obligate Druckvermerk bei Berliner Publikationen kaum, und die 1846 erfolgte Adressenveränderung Orangenstraße 103 geht auch nicht auf einen Umzug in größere Räume der Firma, sondern auf die Zusammenlegung von Orangenstraße und der diese nach Ost und West verlängernden beiden Neuen Orangenstraßen zur bloßen Orangenstraße und einer daraus resultierenden Neunumerierung zurück. Ende 1847/Anfang 1848 aber erfolgte ein Umzug in die in der Nachbarschaft liegende Lindenstraße 81 und die Anschaffung einer Schnellpresse: Einer der publikatorischen Schnellschüsse zur Berliner Barrikadennacht, der etwa am 25./26. März erschien, trägt den Druckvermerk »Schnellpressendruck von Eduard Krause, Lindenstraße 81«. Inwiefern sicheres Gespür für kommende Ereignisse nicht nur die Programmschrift des Bundes der Kommunisten sah deutlich die kommende Krise, weil Deutschland am Vorabend einer bürgerlichen Revolution stünde, sondern das Ge- | |||||
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fühl, daß Änderungen bevorstünden,
war zur Jahreswende 1847/48 zumindest im Bildungsbürgertum weit verbreitet
eine Rolle spielte, steht dahin. Auf alle Fälle
stand Krause mitten in den Diskussionen um die gesellschaftliche und politische Krise
der Gegenwart, wie sie im Handwerkerverein bzw. in von dessen Mitgliedern
besuchten formlosen Zirkeln im Winter 1847/48 gang und gäbe waren, denn im
Geschäftsjahr 1847/48 war er im Handwerkerverein
nicht nur Vorstandsmitglied, sondern einer der beiden stellvertretenden Vorsitzenden.
Krauses aktiver Part in der Breiten Straße am Nachmittag des 18. März 1848 kommt daher auch nicht von ungefähr: Am Abend des 16. März war nach dem Bekanntwerden des Hinmordens von drei Zivilisten vor der Neuen Wache im Handwerkerverein ein Aktionsausschuß gebildet worden, der die Maßnahmen des Vereins »bei politischen Handlungen« bestimmen sollte. Eine dieser Maßnahmen war die Teilnahme des Vereins an der Demonstration der Schutzkommissionen am Mittag des 18. März auf dem Schloßplatz, während der er sich deutlich in der Breiten Straße postierte und eigene Ansichten zu den königlichen Verheißungen formulierte. Es bedarf daher keiner großen Vorstellungskraft, um die Herkunft der Barrikadenbauer am Köllnischen Rathaus und den Grund für die dortige Akzeptanz von Eduard Krause als Redner, potentiellem Verhandlungsführer und schließlich | Mitkämpfer einzuordnen. Krauses
unternehmerisches Talent wußte dann auch
sehr schnell die neuen Verhältnisse und den neugewonnenen Ruhm des Handwerkervereins als eines der bedeutendsten
Protagonisten der Barrikadenkämpfe
geschäftlich einzusetzen: Das im Vorjahr aus Krauses Offizin hervorgegangene »Liederbuch des Berliner Handwerker-Vereins« mutierte nach dem 19. März mit Windeseile zum »Liederbuch für Handwerker-Vereine.
Herausgegeben von dem Berliner Handwerker-Verein, Johannisstraße 4«. Gegenüber
der Ausgabe von 1847 kamen 27 neue Texte hinzu, jedoch war unter Zeitnot noch kein Beispiel der nach der Barrikadennacht
üppig wuchernden Revolutionslyrik aufgenommen worden.
Der ganz große geschäftliche Wurf der allerdings den Besitz einer Schnellpresse voraussetzte gelang jedoch zum 1. April 1848. Durch Berends' Vermittlung wurde Eduard Krause Drucker des zu diesem Tage ins Leben tretenden linksliberalen Blattes »Nationalzeitung«, das seine Redaktion und Expedition in Krauses Firmensitz einrichtete und mit dem er bis zu seinem Tode durch dick und dünn ging. Im Handwerkerverein war er aber weiterhin aktiv, zumal das Geschäftsjahr 1847/48 des Vereins nicht wie üblich im April endete, sondern unter dem Druck der drängenden Ereignisse bis zum 17. Juni 1848 verlängert wurde. An jenem Tag wurde er erneut in den Vorstand | |||||
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des Handwerkervereins gewählt und
nahm gleich am folgenden Tag als Mitglied von dessen siebenköpfiger Delegation an
dem vom Handwerkerverein für den 18. bis 20. Juni einberufenen Ersten Kongreß
deutscher Handwerker- und Arbeitervereine teil,
für den der Versuch einer Zentralisierung solcher Vereine ins Auge gefaßt wurde.
Krause wurde auch in das neunköpfige Komitee gewählt, das nach dem unbefriedigenden Verlauf des Kongresses den Auftrag
erhielt, einen besonderen »Kongreß zur
Behandlung der sozialen Frage« vorzubereiten.
Geschäftlich glaubte Krause, aus dem emotionalen Drängen der Handwerkervereine auf engeres Zusammengehen auch für sein Unternehmen einige Früchte ernten zu können: Er ließ auch im Namen seines Teilhabers Berends in einem Rundschreiben seines Freundes Otto Schomburgk (18101857), Vereinslehrer und Vorstandsmitglied des Handwerkervereins, unter dem 20. Juli 1848 seine Bereitschaft mitteilen, Druck und Verlag eines Organs der verbündeten Arbeiter-, Handwerker- und Bildungsvereine Norddeutschlands zu übernehmen, das in einem speziellen »Verlag der verbündeten Arbeiter-, Handwerker- und Bildungs-Vereine Norddeutschlands, Expedition Eduard Krause« erscheinen könne. Das von den Vereinen zu tragende Unternehmen sollte mit seinen erwarteten Überschüssen dann Zustimmung der anderen Vereine vorausgesetzt auch »dem allerdings trefflich er- | scheinenden Plane der Herren Berends
und Krause« zugute kommen, einen besonderen Verein zu schaffen, »der sich die
Herausgabe von Büchern zur Verbreitung wahrhaft
gemeinnütziger Kenntnisse in den weitesten Kreisen unserer Mitbürger, und dadurch die geistige Bildung dieser zur Aufgabe zu stellen hätte« was, mit Verlaub zu
sagen, einen schönen Absatz für die in Krauses Depot liegenden Erzeugnisse des »Norddeutschen Volksschriften-Vereins« mit sich
gebracht hätte.
Sozialer Interessenkonflikt zwischen Unternehmer und Handwerkergesellen In seiner mit dem Druck der »Nationalzeitung« neugewonnenen Position als halbwegs etablierter Unternehmer mit weitergehenden Plänen bekam Krause allerdings sehr bald zu spüren, daß sich seine sozialen Interessen von denen seiner früheren Gesellen-Kollegen unterschieden; in den z. T. schweren sozialen Auseinandersetzungen, die sich im Berlin des Revolutionsjahres 1848 abspielten, gingen die gut organisierten und über dem Durchschnitt der Handwerksgesellen gebildeten Buchdrucker mit zwei Streiks im April und August voran, und der Buchdruckereibesitzer Krause der mit Sicherheit an seine Stellung als einst anerkannter Sprecher von Geselleninteressen anzuknüpfen gedachte warf das Gewicht seiner Argumentation in die Waagschale, | |||||
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Krauses Druckerei in der Lindenstraße 81 | ||||||||
um den Standpunkt der Arbeitgeber im Arbeitskampf sowohl an die Gesellen als auch in die Öffentlichkeit zu tragen: Als die Berliner Buchdruckergesellen zum 1. August einen Streik ankündigten, um den zu Pfingsten in Mainz auf dem Nationalen Buchdrucker-Kongreß angenommenen Tarif auch gegenüber ihren Berliner Arbeitgebern durchzusetzen, wandte sich Eduard Krause mit einem offenen Sendschreiben »An die sämtlichen Gehilfen der Buchdruckerschaft | in Berlin« an die Streikbereiten und mahnte sie mit deutlichen, ja z. T. drohenden Worten ab. Dabei berief er sich nicht unberechtigt auf die Tatsache, daß der Mainzer Tarif nicht vereinbart, sondern von den Gesellen praktisch diktiert worden sei, und brachte mit berechnender Demagogie ins Spiel, daß der 18. März die Ära abgeschlossen habe, »wo wir Gesetzen gehorchten, an deren Fassung wir nicht selbständig mitgewirkt hatten!«. Es lag nahe, auch an das ge- | |||||||
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meinsame Streiten auf den Barrikaden zu erinnern, und obgleich Krause der einzige Buchdruckereibesitzer gewesen sein
dürfte, der aktiv daran teilgenommen hatte,
beschwor er den Kampf »in den Straßen
von Berlin unter dem Donner der Geschütze und dem grausen Geläute der
Sturmglocke«, um den Gesellen anzukreiden, daß sie
mit ihrer Willkür gegenüber den
Unternehmern die im März errungene Freiheit
mißbrauchten, um andere zu tyrannisieren. Daß
durch die Mainzer Beschlüsse das Prinzip der »Trennung und scharfen Sonderung der besitzenden und arbeitenden Klasse« aufgestellt wurde, ging Krause besonders nahe, der sich als Anhänger »einer
Verschmelzung der beiderseitigen Interessen« bekannte.
Ein Seitenhieb gegen einen unmittelbar vor Krauses Sendschreiben von Stephan Born (18241898) in dessen sozialpolitischer Zeitung »Das Volk« publizierten Artikel »Die Angelegenheit der Buchdrucker« vollendete den Bruch mit den Gesellen/Arbeitern: Als Präsident des Zentralkomitees für Arbeiter dem als mitgliederstärkste Organisation der Handwerkerverein angehörte und als Vorsitzender des Berliner Gesellenausschusses und damit des Streikkomitees der Buchdruckergesellen galt Born gerade in jenen Wochen als unbestrittene Führerpersönlichkeit bei den meisten Berliner Gesellenschaften. Ein Angriff auf ihn zerschnitt auch das Tischtuch zwischen einstigen Gefährten im | Barrikadenkampf, sofern sie nun auf
verschiedenen Seiten der Barrikade zwischen Unternehmern und Gesellen/Arbeitern standen. Dieser Konsequenz war sich Krause wahrscheinlich gar nicht bewußt gewesen.
Aber seither ließ auch der Handwerkerverein seine Druckerzeugnisse nicht mehr bei ihm erscheinen. Unter einem Protestplakat des Handwerkervereins vom 27. August gegen einen Überfall von Polizei und Bürgerwehr auf das Vereinslokal in der Nacht vom 25. zum 26. des Monats steht zwar Krauses Name bei den Vorstandsmitgliedern, aber als Drucker firmiert Ferdinand Reichardt, und alle künftigen Publikationen des Vereins druckte Ferdinand Zschiesche; auch der so beredt vorgetragene Aufruf zu einem Organ der norddeutschen Vereine verlief im Sande, und das im September entstehende Berliner Bezirkskomitee der Arbeiterverbrüderung dessen Vorsitzender Krauses alter Bekannter aus dem Handwerkerverein, Ludwig Bisky (18171863), wurde trat nicht in den Kreis seiner Kunden ein. Daß diese Entfremdung zu einstigen Weggefährten nicht ohne Eindruck bei Krause blieb, belegt eine noch wache und offenbar wehe Erinnerung, die nach einem Vierteljahrhundert wieder traumatisch ans Licht stieg: Als er 1872 einen Streik in seiner Firma erlebte, berichtete er mit bitteren Worten darüber an seinen Freund Berends im fernen Texas, der ihm tröstende Worte widmete und ihn daran | |||||
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erinnerte, daß es ihm nun wohl wieder
so ergehe »wie 1848, wo man Dich auch zuerst aufs Korn nahm«.
Krauses geschäftliche und politische Etablierung Der Niedergang der Revolution und der Triumph der Konterrevolution wirkten sich
auf den Geschäftsgang der Firma Eduard Krause nicht negativ aus: Die »Nationalzeitung« taktierte als Sprachrohr der linksliberal-konstitutionellen Kräfte geschickt
genug, um Belagerungszustand und Reaktionsperiode ohne größere Beschädigungen
als zwei kurzzeitige Verbote im November 1848 und im Mai 1849 zu bestehen, zumal es
gerade jene politische Schattierung bediente, die selbst die Reaktionsministerien als Ihrer Königlichen Majestät untertänige
Opposition nicht missen mochten. 1854 zählte
Krauses Druckerei vier Schnellpressen und zwei eiserne Handpressen, ab 1. Juli 1856 druckte er auch das 1848 begründete politischsatirische Wochenblatt »Kladderadatsch«,
das über Preußen und Deutschland hinaus selbst europäische Beachtung fand.
| senen Justizrat, besuchte.
Wirtschaftlich ging es Krause nun so gut, daß er nicht
nur an die Begründung eines Hausstandes, sondern auch an eine erhebliche Erweiterung seines Unternehmens denken
konnte: 1857 erwarb er das Grundstück
Französische Str. 51 und legte dort am 5. Mai den
Grundstein für ein neues Druckereigebäude.
Das handgeschriebene Dokument, das er dem Grundstein beigab, belegt eindringlich
sein Festhalten an Idealen, für die er 1848 auf der Barrikade gestanden hatte: Er bekennt sich darin nicht nur zu seinem Auftreten am 18. März 1848, sondern knüpft
daran auch die Reflexion »Ob auch die
Errungenschaften jenes Jahres längst verloren,
ob auch das herrschende Regiment bemüht sein möge, selbst die Erinnerung daran
zu verwischen, die Saat, die damals gesät wurde, wird nicht verloren sein trotz des langen Winters, der sie deckt.«
Stellte er sich mit solcher 1857 bei der Obrigkeit nicht eben fördernden Ansicht auch nicht gerade auf den Markt, so war er doch bei der Neuformierung der Achtundvierziger dabei: 1862 kandidierte er für die Berliner Stadtverordneten- Versammlung, der ausgesprochenen Hochburg der neugegründeten Fortschrittspartei, trat zu Jahresbeginn 1863 als Stadtverordneter ein und gehörte dem Kommunalparlament Berlins bis Jahresende 1869 an. Die 1859 erfolgte Wiederbegründung des 1850 polizeilich geschlossenen und 1851 gerichtlich verbotenen | |||||
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Berliner Handwerkervereins begrüßte
Krause mit einer charakteristischen Begleitmusik: Er legte das »Liederbuch für Handwerkervereine« von 1848 absolut
unverändert einschließlich der Druckfehler wieder auf, was darauf hinweist, daß er den Satz von 1848 hatte stehenlassen in der Hoffnung bzw. Gewißheit, daß die
Reaktionsperiode nur vorübergehender Natur
sei. Nach den Erfahrungen der Reaktionsära waren die 1848 aufgetauchten trennenden Momente unter den verschiedenen
Strömungen im Handwerkerverein nun so weit abgeschliffen, daß sich auch Krause
wieder »mit größtem und wärmsten Interesse«
zu engagieren vermochte.
Das im September 1857 eingeweihte neue Druckereigebäude, fortan auch Firmensitz der »Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung Eduard Krause«, Expedition der »Nationalzeitung« und Wohnsitz der Familie, ermöglichte endlich auch die Aufstellung einer Dampfmaschine, so daß der Schnellpressendruck erhebliche Kapazitätserweiterung erfahren konnte. 1865 wies die Firma eine Dampfmaschine, sieben Schnellpressen (davon zwei hochmoderne Doppelpressen), zwei eiserne und eine hölzerne Handpresse auf, die von rund 100 Buchdruckern (darunter allein 50 60 Schriftsetzern) bedient wurden. Gedruckt und verlegt wurden nun auch eine Reihe gewerblicher Fachblätter, dann die »Bank- und Handelszeitung«, die »Annalen der Landwirtschaft«, | das Familienblatt »Das Haus«, das
»Magazin für die Literatur des Auslands«. Das
Projekt einer Art »Deutscher Literaturzeitung«
für technische und naturwissenschaftliche fremdsprachige Literatur kam
hingegen über das Planungsstadium nicht hinaus.
Daß ein derart seriöser Berliner Unternehmer 1867 zur Pariser Weltausstellung fuhr, um die neuesten technischen Entwicklungen in Augenschein zu nehmen, war so gut wie selbstverständlich. Natürlich gehörte Krause auch dem Verein Berliner Buchdrucker an. Nach der Geburt einer Tochter im August 1857 konnte er am 29. Mai 1860 den Stammhalter feiern, der nach seinem Freund (und über eine Kapitalbeteiligung immer noch stillen Teilhaber) Berends im fernen Texas und nach seinem verstorbenen Vater in Putbus die Vornamen Julius Theodor erhielt. Es folgten noch fünf Töchter und ein weiterer Sohn. Der Erstgeborene und ausersehene Geschäftserbe machte dem Vater aber nicht allzu große Freude: Er kränkelte, war zu allem unlustig und zeigte charakterliche Schwächen; auch der Versuch, ihn auf dem Kottbusser Gymnasium unter der Obhut des alten Freundes aus den vierziger Jahren, des damaligen Handwerkervereinslehrers Heinrich Boltze (18131888), charakterlich reifen zu lassen, trug keine Früchte. So hat wohl Krause nicht allzu optimistisch auf die Zukunft der Firma gesehen, als er selbst beginnen mußte, mit seiner Ge- | ||||
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sundheit hauszuhalten und seit der zweiten Hälfte der siebziger Jahre alljährlich
eine Kur in Karlsbad zu absolvieren. Gerade von einer solchen Kur zurückgekehrt, wurde er in dem erst vor wenigen Monaten bezogenen neuen Wohnhaus der Familie, In den Zelten 8, von einem Brustkrampf überfallen, der nach heutigem medizinischen Standard wohl als Herzinfarkt zu diagnostizieren gewesen wäre, und dem er nach zweitägigem Leiden am Vormittag des 30.
August 1882 erlag.
Im Trauerkondukt, der am 2. September zum Dorotheenstädtischen Friedhof führte, wurde der Magistrat von Krauses altem Freund, Stadtrat Heinrich Runge (18171886), die Stadtverordnetenversammlung von einer Abordnung unter dem einstigen Stadtverordnetenvorsteher, nunmehrigem Ehrenbürger Heinrich Kochhann (18051890) und der Verein der Berliner Buchdrucker ebenso wie der Berliner Handwerkerverein von einer jeweils starken Delegation vertreten. Dabei fiel auf, daß letztere durch viele ältere Vereinsmitglieder gestellt wurde da schlug offenbar die Erinnerung an die Vormärz- und März-Geschichte des inzwischen ganz in der Berliner Gesellschaft etablierten Vereins voll zu Buche. Sollte Eduard Krause angesichts des schwachen Einschlagens seines Sohnes schwarz in die Zukunft des von ihm aus bescheidensten Anfängen geschaffenen Unternehmens geblickt haben, so erwies sich | solcher Pessimismus bald als nur allzu berechtigt: Der Abfall in der Geschäftsführung der Fa. Krause bewog die »Nationalzeitung« 1885 zum Umzug in die Mohrenstraße
und zur Inbetriebnahme einer eigenen Druckerei mit der daraus resultierenden Lösung der jahrzehntelangen geschäftlichen Verbindung mit der Buchdruckerei Krause. Schon zwei Jahre später konnte die Erbengemeinschaft dem verlockenden Angebot des Verkaufs des Grundstücks Französische Str. 51 an das in München beheimatete Pschorr-Bräu nicht widerstehen, das an der Ecke Friedrichstraße/ Französische Straße den ersten Berliner Bierpalast erbauen wollte. Die Firma Eduard Krause verschwand. Der auch auf ihrem Firmengrundstück entstandene pompös neobarocke Biertempel ist den Berlinern heute bekannt als »Haus der Demokratie«.
Quellen:
Bildquelle: Landesarchiv Berlin/ Bibliothek | |||||
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