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Hainer Weißpflug
Lehrer, Forscher und Politiker

Der Naturschützer Hans Klose
(1880–1963)

Hans Klose, der Verfasser des ersten für ganz Deutschland gültigen Naturschutzgesetzes, ist heute kaum noch bekannt. Dabei hat er, wie auch seine Lehrer und Mitstreiter Wilhelm Wetekamp (1859–1945; BM 2/93) und Hugo Conwentz (1855–1922; BM 2/92) oder auch Ernst Rudorff (1840–1916; BM 1/94) viel für die Erhaltung und den Schutz der Natur geleistet. Er führte das Erbe der Naturschützer nach dem Zweiten Weltkrieg fort und war Wegbereiter der Naturschutzbewegung der Bundesrepublik.
     Am 11. Februar 1880 wurde Johannes Karl Wilhelm Klose in Gelsenkirchen-Schalke geboren. Dort besuchte er von 1887 bis 1890 die Viktoriaschule und von 1890 bis 1899 das Realgymnasium. Nach dem Studium der Naturwissenschaften und Mathematik zu Münster (1899–1901) und Greifswald (1901–1903) wurde er 1904 an der Philosophischen Fakultät der Universität Greifswald promoviert. Klose absolvierte von 1905 bis 1910 eine pädagogische Ausbildung am Städtischen Gymnasium Münster, legte die Staats-

Hans Klose
prüfung für das Lehramt in Botanik, Zoologie, Erdkunde und Physik an höheren Schulen ab und war schließlich am Realgymnasium sowie der Oberrealschule in Gelsenkirchen als Lehrer tätig. Am 1. Oktober 1910 kam er als Oberlehrer an die Oberrealschule Berlin-Wilmersdorf.
     Klose war während seines Studiums gemeinsam mit anderen jungen Naturwissenschaftlern zum Danziger naturkundlichen und vorgeschichtlichen Museum delegiert worden. Dort lernte er den damaligen Direktor des Museums, Hugo Conwentz, kennen, mit dem er seit jener Zeit engen Kontakt hielt. Conwentz war es auch, der sein Inter-
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esse am Naturschutz geweckt hatte. Inzwischen Direktor der nach Berlin verlegten Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege, veranlaßte er Kloses Beurlaubung vom Schuldienst (Oktober 1911 bis März 1913) und stellte ihn als wissenschaftlichen Mitarbeiter ein. Am 1. April 1913 wurde Klose Stellvertreter Wilhelm Wetekamps, der der Brandenburgischen Provinzialkommission für Naturdenkmalpflege vorstand.

Naturschutz an der Volkshochschule

Nach dem Ersten Weltkrieg begann Hans Klose eine Lehrtätigkeit an den Volkshochschulen Wilmersdorf und Groß-Berlin; fünf Jahre lang war er dort Dozent für Fragen des Naturschutzes. Als Stellvertreter Wetekamps setzte er sich intensiv für die Schaffung der Bezirkskomitees und Kreisstellen für Naturdenkmalpflege ein und arbeitete eng mit Preußens Behörden zusammen. Klose war hier genauso aktiv, wie in der Vortragstätigkeit.
     Großen Anteil hatte er an der Ermittlung, Erforschung und Beobachtung der Naturdenkmäler in der Mark. Wilhelm Wetekamp hatte begonnen, die großen Findlinge in der Mark zu erfassen und zu dokumentieren. Klose brachte diese Arbeit zum Abschluß und veröffentlichte ihre wichtigsten Ergebnisse. Zusammen mit Wetekamp initiierte er die Erfassung besonderer Bäume als Natur-

denkmale in Berlin und Brandenburg wie auch die Ausweisung der ersten märkischen Naturschutzgebiete.
     Als Hugo Conwentz 1922 verstarb, wurde allgemein erwartet, daß Hans Klose, sein langjähriger erfahrener Mitarbeiter und Freund, an seine Stelle treten würde. Doch das Kultusministerium berief Walter Schönichen (1876–1956) zum Geschäftsführer.
     Am 31. Dezember 1923 übernahm Klose die Geschäftsführung der Provinzialkommission von Wilhelm Wetekamp, der aus Altersgründen von diesem Amt zurücktrat und von nun an sein Stellvertreter war.
Neben dieser Tätigkeit widmete sich Klose der Organisation einer Naturschutzbewegung außerhalb der staatlichen Stellen für Naturdenkmalpflege – eine Idee, die auf Hugo Conwentz zurückging. »Zusammen mit Conwentz begründete ich den Volksbund Naturschutz«, schrieb Klose in seinem Buch »Fünfzig Jahre Naturschutz«. Conwentz, der die Gründung des Volksbundes am 21. Juni 1922 nicht mehr erlebte, hatte unter dem Motto »Naturschutz ist Volkssache« selbst auf eine Ergänzung seiner Arbeit als »Naturschutzkommissar« durch einen Bürgerverein hingearbeitet und die bevorstehende Gründung persönlich mit 300 Goldmark unterstützt. Klose führte den Volksbund bis in die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Allerdings gelang es ihm vor dem Krieg nicht, einen gesamtdeutschen Naturschutz-
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verband zu formieren, wie Conwentz und er immer geplant hatten. Der Volksbund blieb auf Berlin und Brandenburg beschränkt. Zu stark wirkten wirtschaftliche und finanzielle Schranken, Traditionen und Kompetenzstreitigkeiten, die bis dahin auch ein einheitliches Naturschutzgesetz verhindert hatten.
     Hans Klose war auch an der Herausgabe und Redaktion mehrerer Zeitschriften beteiligt. So gehörte er zur Schriftleitung der seit den zwanziger Jahren erscheinenden Monatsschrift »Naturschutz« (die ab 1. Mai 1951 unter seiner Leitung mit dem Namen »Naturschutz und Landschaftspflege«, seit 1953 »Natur und Landschaft«, als Organ der Bundesanstalt für Naturschutz und Landschaftspflege erschien). Zusammen mit Max Hilzheimer (1877–1946; BM 9/95), dem Leiter der 1927 geschaffenen Berliner Stelle für Naturdenkmalpflege, gab er ab 1929 die Zeitschrift »Naturdenkmalpflege und Naturschutz in Berlin und Brandenburg« heraus.

Verfasser des ersten deutschen Naturschutzgesetzes

Ein Naturschutzgesetz, gültig für das ganze Deutsche Reich, hatte bereits Hugo Conwentz gefordert. Zusammen mit Hans Klose und anderen Mitarbeitern erarbeitete er einen entsprechenden Entwurf. Aber alle Bemühungen scheiterten an den Partikular-

interessen der deutschen Länder. 1919 war es jedoch gelungen, den Naturschutzgedanken in den Artikel 150 der Reichsverfassung aufzunehmen. Auf Kloses Initiative wurden auf dem 1. und 2. deutschen Naturschutztag (1925, 1927) Gesetzesregelungen gefordert, die dem Verfassungsauftrag entsprachen. »Der 2. Deutsche Naturschutztag hält in Anbetracht der außerordentlichen Bedeutung der Natur für alle Kreis des Volkes eine für alle deutschen Länder möglichst einheitliche Regelung der wichtigsten Forderungen des Naturschutzes für dringend geboten«, hieß es in der Entschließung. Doch noch immer gab es kein Reichsnaturschutzgesetz. So wurden während des 4.Deutschen Naturschutztages 1931 in Berlin Flugblätter verteilt: »Vier Millionen Berliner – ein einziger Schrei nach dem Reichsgesetz: Wie lange noch wollen Reichsregierung und Reichstag dieser Sachlage untätig gegenüberstehen?« Aber es gab keine Regierungsbehörde, die dafür zuständig war. Zudem drängten Wirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit die Naturschutzforderungen in den Hintergrund. Mit Hitlers Machtantritt und den Maßnahmen der Nationalsozialisten zum Abbau der Arbeitslosigkeit durch den Arbeitsdienst schienen Forderungen zum Schutz wertvoller Naturräume völlig verfehlt. Jedes Stück Land sollte kultiviert werden, Moore wurden trockengelegt, Ödland aufgeforstet bzw. landwirtschaftlich genutzt. Autobahnen zerschnitten Landschaften ohne
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Rücksicht auf Naturschutzfragen. Klose schrieb zur Lage: »In diesen Zeiten hat der Naturschutz zurückzutreten, hieß es bei den Behörden des Reiches und der Länder, wie bei den Ämtern der Partei . . . der Naturschutz (war) 1933 vom Regen in die Traufe gekommen.«
     Aber dann kam es zu einem Wechsel in der Naturschutzpolitik. Am 1. April 1935 wurde Hans Klose zum Reichsforstamt berufen und erhielt den Auftrag, unter Mitarbeit von Ministerialrat Vollbach so schnell wie möglich den Entwurf eines Reichsnaturschutzgesetzes zu erarbeiten. Innerhalb von sieben Wochen formulierte Klose den Gesetzestext, und am 26. Mai 1935 wurde er als Gesetz vom damaligen Reichsforst- und Reichsjägermeister erlassen. Dem Gesetz folgten bis zum Frühjahr 1937 Durchführungsbestimmungen, Verordnungen zur Erhaltung der Wallhecken, zum Schutz wildwachsender Pflanzen und nichtjagdbarer Tiere.
     In Berlin wurden 1935 fünf neue Naturschutzgebiete geschaffen. 1940 wies das »Reichsnaturschutzbuch« schon über 800 eingetragene Naturschutzgebiete auf, in den Naturdenkmalbüchern der Kreise waren mehr als 50 000 Naturdenkmale verzeichnet.
     Hans Klose, der nach dem Rücktritt Walter Schönichens im November 1938 die Leitung der Reichsstelle für Naturschutz (die frühere Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege
Preußens) übernahm und am 1. April 1939 zum Direktor bestellt wurde, bezeichnete rückblickend die Zeit von 1935 bis 1939 als vielversprechenden Abschnitt des deutschen Naturschutzes: »Alles in allem: die wenigen Jahre Friedensarbeit von 1935 bis 1939 bedeuteten zweifellos die hohe Zeit des Naturschutzes in 50 Jahren.« Diese Bewertung wurde Klose als Verklärung des Nationalsozialismus vorgeworfen. Der Berliner Naturschützer Heinrich Weiß, Gründer und langjähriger Vorsitzender der »Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz«, Vorstandsmitglied der Stiftung Naturschutz Berlin und Mitbegründer des Ökowerkes Teufelsee, schrieb dazu in einem Artikel anläßlich des 75. Jahrestages der Gründung des Volksbundes Naturschutz e. V.: »Dabei ist doch mit Händen zu greifen, daß diese Verklärung nichts mit brauner Ideologie, sondern alles mit der Freude darüber zu tun hat, daß es seit 1935 ein rasch wirksam werdendes Naturschutzgesetz gibt.« Hans Klose selbst verwies darauf, daß man »spezifisch nationalsozialistisches Gedankengut (im Reichsnaturschutzgesetz) nicht entdecken« konnte, »und zwar aus dem einfachen Grunde, weil hiervon nichts darin steht«. Vielmehr fanden die Erfahrungen und Erkenntnisse aus drei Jahrzehnten Naturschutzarbeit ihren Niederschlag. Wohl deshalb blieb das Gesetz auch bis in die siebziger Jahre als Naturschutzgesetz der damaligen BRD gültig.
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Der Zweite Weltkrieg beendete die Aktivitäten der Naturschützer.
     Auch das Gebäude der Reichsstelle wurde zerstört und zahlreiche Unterlagen, Dokumente und Teile der Bibliothek vernichtet. Die Bestände, die gerettet werden konnten, wurden nach Bellinchen an der Oder gebracht. Ihr Verbleib ist bis heute ungeklärt. Reste der Bibliothek und einiges Inventar kamen zunächst nach Rüdersdorf, und noch in den letzten Kriegswochen wurden sie nach Egestorf in der Lüneburger Heide ausgelagert.

Wegbereiter der Naturschutzbewegung

Bereits im April 1945 schickte Hans Klose ein Rundschreiben an alle Bezirks und Kreisnaturschutzbeauftragten, in dem er die ersten Maßnahmen der Wiederaufnahme der Arbeit erläuterte. Die Reichsstelle blieb von der Auflösung aller deutschen Behörden nach Sieg der Alliierten verschont, und Klose begann die Bedingungen für eine Weiterführung der staatlichen Naturschutzarbeit vorzubereiten. Gemeinsam mit Verbündeten aus einzelnen Länderministerien gelang es, die ehemalige Reichsstelle in die Zentralstelle für Naturschutz und Landschaftspflege umzuwandeln und in die entstehende Verwaltungsstruktur der künftigen Bundesrepublik zu integrieren. Und zu den ersten Erfolgen gehörte die Aufnahme des

Naturschutzgedankens ins Grundgesetz der Bundesrepublik. 1953 schließlich bezog die inzwischen in Bundesanstalt für Naturschutz und Landschaftspflege umbenannte Einrichtung des Bundes ihr Domizil in Bonn, Bad Godesberg. Anfang April 1954 ging Hans Klose in den Ruhestand. Aber er setzte sich weiterhin für den Naturschutz ein. So übernahm er von 1954 bis 1958 nochmals den Vorsitz des Volksbundes Naturschutz und blieb bis zu seinem Tode dessen Vorstandsmitglied. Bis 1963 war er Schriftführer der von ihm selbst 1957 gegründeten »Berliner Naturschutzblätter«. Erinnert sei auch an Kloses Mitgliedschaft in der Deutschen Akademie der Naturforscher zu Halle sowie die Würdigung seiner Verdienste mit der »Ernst-Friedel-Medaille« der Gesellschaft Brandenburgia und mit dem Bundesverdienstkreuz.
     Am 28. Februar 1963 vollendete sich so das Leben eines Mannes, der die gesamte Entwicklung des Naturschutzes in Deutschland erlebt, wesentlich getragen und vorangetrieben hat.

Bildquelle:
Fünfzig Jahre Naturschutz. Gießen 1957

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