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men aus dem Jahr 1272, die letzten Eintragungen reichen bis 1498. Aus dem Generalplan des Buches, das gültige Recht der alten Stadt nach seinen verschiedenen »Abteilungen« aufzuzeichnen, fällt ein Teil besonders heraus: das »Buyk der Overtredunge«, das »Buch der Ausschreitungen« oder »Buch der Übertretungen«. Als interne Orientierungshilfe für die zeitgenössische Rechtsprechung gedacht, legte(n) der oder die Schreiber den Katalog von Aburteilungen und Abschreckungsstrafen »als Geheimsache« an und erhielten so der Nachwelt ein einzigartiges Verzeichnis von Kriminalfällen nebst der von den Schöffen verhängten Strafen im spätmittelalterlichen Berlin. Im Zeitraum von 1399 bis 1448 ist in diesem Justizbuch offenkundig »jedweder Kriminalfall sorgfältig aufgezeichnet worden«.3)      Widmen wir uns dieser fast 600 Jahre alten »Kriminalstatistik«!
     Das Auffälligste am damaligen Berliner Strafrecht ist die grausame, unerbittliche Härte, mit der ohne Ansehen der Person gegen Rechtsbrecher vorgegangen wurde. »Wo unsere Vorfahren straften, da war die Strafe auch stets eine blutige, ihr Strafgesetzbuch war mit Blut geschrieben.«4) Das Kriminalrecht des Schöffenbuches katalogisiert die Bestimmungen zur Strafbemessung für einzelne kriminelle Delikte, wobei zum einen die Unverhältnismäßigkeit im heutigen Sinne im Umgang mit der Todesstrafe und zum anderen die »Verschärfung« der Todesstrafe
Herbert Schwenk
»Den Dieb soll man hängen«

Berliner Kriminalität vor 600 Jahren

Kriminalität in Berlin ist nicht erst eine Erscheinung der Gegenwart, so erschreckend hoch sie auch heute ist. Gut unterrichtet sind wir auch über das Ausmaß der Kriminalität im spätmittelalterlichen Berlin dank einer hervorragenden Dokumentation: des sogenannten Berliner Stadtbuchs.
     Das Berliner (Berlinische) Stadtbuch ist eine Sammlung ältester Quellen der Stadtgeschichte Berlins, nachdem die verheerenden Stadtbrände von 1348, 1376 und 1380 vermutlich auch alle früheren Urkunden aus den ersten anderthalb Jahrhunderten Berliner Geschichte vernichtet hatten.1) Der märkische Chronist, Forscher und Dichter Oskar Schwebel (1845–1891) nennt das Berliner Stadtbuch wichtigstes Denkmal »unserer bürgerlichen Vorzeit«.2) Es stellt einen Codex von Abschriften wichtiger stadtgeschichtlicher Urkunden, Gesetzestexte und Gerichtsurteile dar, deren Grundlage das bedeutendste deutsche Rechtsbuch des Mittelalters, der sogenannte Sachsenspiegel, ist, und diente dem Rat als praktisches Handbuch. Die frühesten aufgenommenen Dokumente stam-

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durch besonders grausame Marter wie »aufs Rad flechten« oder »lebendig begraben« ins Auge fällt. »Nun vernehmet um Verbrechen, welch' Gericht darüber ergeht: Den Dieb soll man hängen. Dasselbe Gericht ergeht über unrechtes Maß, über unrechte Wage und über falschen Kauf, so oft man dessen findig wird. Alle Mörder und alle diejenigen, welche Pflüge rauben oder Mühlen, Kirchen und Kirchhöfe bestehlen, und alle Verräter und Mordbrenner oder alle, die ihre Bot- schaft zu ihrem Frommen benutzen (Siegelfälscher?), die soll man allzumal radebrechen. Wer einen Mann schlägt oder fängt oder beraubt oder verbrennet sonder Mordbrand (Brandstiftung bei Nacht, H. Sch.) oder ein Weib oder eine Maid nötiget oder wer den Frieden bricht oder im Ehebruche betroffen wird: dem soll man das Haupt abschlagen. Wer Gestohlenes hütet oder Raub oder einen Mann mit Hülfe dazu stärket, – wird er dessen überführt, so soll man ihn richten wie den Thäter selbst. Welch' Christenmensch aber mit Zauberei umgeht oder mit Giftmischerei, den soll man, wenn er dessen überwunden wird, auf einem Herde verbrennen; offenbare Fälscher aber soll man in einer Kufe sieden. Stehlen Frauen, so begräbt man sie lebendig; gehen sie mit Zauberei oder Vergiftung um, so muß man sie verbrennen.«5)
     Die im »Buch der Ausschreitungen« für den kurzen Zeitraum von 1399 bis 1448 erfaßten Kriminalfälle liefern den Beleg für die praktische Anwendung dieses überaus harten Strafrechts. Danach verurteilte das Berliner Stadtgericht in den etwa fünfzig Jahren 121 Menschen zum Tode. Die Todesstrafe wurde in sechs Kategorien vollstreckt, wie folgende Übersicht auflistet:6)
Kurfürst Friedrich II.
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1. aufs Rad geflochten wegen:
– Kirchenraubes 6 Personen
– Mordes und Brandes 2 Personen
– bloßer Brandstiftung 3 Personen
2. enthauptet wegen:
– Straßenraubes 24 Personen
– Brandstiftung 2 Personen
– Friedebruches 2 Personen
– versuchten Mordes 2 Personen
– Verkaufs von Kindern an Juden 2 Personen – Kirchenraubes 1 Person
– Schlägerei mit blutigem Ausgange 1 Person
3. verbrannt wegen:
– Kuppelei 1 Person
– Zauberei und Vergiftung 5 Personen
– Falschmünzerei 1 Person
– Kirchendiebstahls 2 Personen
– Betruges 3 Personen
– Spielens mit falschen Würfeln 2 Personen
4. gehängt wegen:
– Raubes 6 Personen
– Diebstahls 35 Personen
– Pferdediebstahls 9 Personen
– Hehlerei 1 Person
5. lebendig begraben wegen:
– Diebstahls 9 Personen
– Gewalttat 1 Person
6. im Turm verendet wegen:
– Brandstiftung 1 Person

Demnach wurde die übergroße Mehrheit der Todesstrafen, nämlich 92, wegen Raubes und Diebstahls verhängt. Die hohe Zahl der Hinrichtungen wegen Eigentumsdelikten, insbesondere die wegen »Pferdediebstahls« und »Kirchenraubes/-diebstahls« deutet darauf hin, daß sich die Mehrzahl der Täter aus plebejischen Schichten und deklassierten Menschen rekrutierte, denen der Diebstahl von Nahrungsmitteln und Kleidung bzw. Wertgegenständen oft als letzte Möglichkeit im Kampf ums Überleben erschien.

Tiefe Kluft zwischen
Straftat und Strafmaß

Zu den Todesstrafen gesellten sich weitere nicht minder grausame Bestrafungen: Im genannten Zeitraum von 1399 bis 1448 wurden in Berlin 37 Menschen »gestäubt« (d. h. ausgepeitscht) und »gebrannt« wegen Unfuges, Diebstahls, falschen Spiels und anderer Delikte sowie 9 Menschen »aus der Stadt verwiesen«.
     Berlin und Cölln kannten mehrere Richtplätze; das Hochgericht von Berlin, der sogenannte Rabenstein mit dem dreisäuligen Galgen, stand vor dem Oderberger Tor, wo die schwersten Strafen wie Rädern und Verbrennen vollzogen wurden; Hinrichtungen mit dem Schwert erfolgten auch vor den Rathäusern Berlins und Cöllns.
     Und es scheint sogar, mutmaßt der Berliner Schriftsteller und Historiker Adolf

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Streckfuß (1823–1895), »daß Verbrecher eingemauert worden sind. Als der am frühern Spandauer Thor befindliche Gefängnißthurm abgerissen wurde, fand man in den vermauerten Kellerräumen menschliche Gerippe.«7)
     Nehmen wir einige der Delikte heraus, die exemplarisch die groteske Kluft zwischen Straftaten und Strafmaßnahmen zeigen.8) Da sind die vielen Fälle von mehr oder weniger kleinen Diebstählen und »Mundraub«. »Ein Junge ward gehangen aus dem Anlaß, daß er nachts eine Tonne Heringe gestohlen hatte vor Claus Schulzen, des Schumachers Haus« (1402); ein gewisser Nicolaus verbrannt, »weil er Gefangenen mit Kunstgriffen (Zauberei) Geld abnahm, das er mit Weibern durchbrachte« (1406); eine Frau lebendig begraben, »weil sie dem Claus Domes ein Gewand gestohlen hat« (1412); zwei Männer gehängt, »weil sie Wasser und Teiche heimlich abgruben bei Neustadt und Straßenraub begingen« (1413); Jacob, der Sohn des Bademeisters, gehängt »mit seinen Genossen gleichermaßen, weil sie gestohlen haben Wassertiere (Fische), gehörend dem Finkeldey von Stralau« (1418); eine gewisse Dorothea lebendig begraben, »weil sie einem Bauern in Lichtenberg Speck, Gefäße, Kochkessel und verschiedene Dinge stahl« (1435); ein gewisser Jürgen gehängt, »weil er Börsen abgeschnitten hat (Taschendiebstahl) auf dem Fischmarkt und anderswo« (1435); eine Dirne namens Anna lebendig begraben,
weil sie »aus einer Schankwirtschaft in Lichtenberg Kleider und andere Gegenstände« stahl (1443) usw. usf.
     Gleichermaßen hart und häufig wurden Pferdediebstähle und Kirchenraub bestraft. Des Pfarrers Sohn aus Teltow wurde gehängt, »weil er ein weißes Pferd stahl« (1406); ebenso ein Bauknecht gehängt, »weil er in Neuhof und an anderen Orten Pferde gestohlen hatte« (1406); eine Frau verbrannt, »weil sie in Kirchen am Tage Allerheiligen Geldbörsen abgeschnitten hatte« (1409); »ein gewisser Hans Brasche, Bürger von Cölln, wurde vor Cölln enthauptet aus Gnade der regierenden Bürgermeister – man hätte ihn nach Rechtsgrundsätzen rädern können –, deswegen, weil er in der Sankt Petrikirche zu Cölln Abendmahlskelche gestohlen hatte« (1437); eine gewisse Barbara verbrannt, »weil sie Gegenstände aus der Kirche unserer glückhaften Jungfrau (Marienkirche) stahl« (1438), usw. usf.
     Mit Todesstrafen wurden auch »Delikte« wie diese geahndet: Eine Frau namens Wolborgh (Wollburg) »wurde verbrannt wegen Zauberei«, weil sie einer anderen Frau »zwei Beeren sandte, in die sie innen Gift getan hatte«; zwei Männer »selbstverständlich« hingerichtet, »weil sie Kinder an Juden verkaufen wollten« (1405); Peter Zimmermann enthauptet, »weil er trotz Verächtung und Verweisung in die Stadt zurückkehrte, die Stadtfreiheit brach« (1416); ein gewisser Otto gehängt und dessen Ehe-
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frau lebendig begraben, »weil sie betrügerisch vor Gericht geschworen hatten« (Meineid, 1422); drei Männer verbrannt, »weil sie Fälschungen begingen. Sie verkauften Blei »weil sie Salz von einem Wagen gestohlen hat« (1409); zwei Huren, »die das Geld eines Reiters in der Wagebude an sich brachten« (1418); eine alte Frau »vom Knecht ausge-
und Zinn als Silber« (1427); Frau Katharina Schrivers (Schreiber) lebendig begraben, »weil sie im Hause von Paul Wegener gewalttätig wurde« (1428); ein Mann, genannt »Cleyne Jurigen« (Kleiner Jürgen), verbrannt, »weil er mit falschen Würfeln spielte, welche er nachgemacht hatte in großer Zahl« (1430); der Schuhmachergeselle Hencze Strutz enthauptet, weil er die Ehefrau des Hans Angermunden »schlug und stieß öffentlich in vielen Straßen und Gassen, daß man es sehen konnte ... Sogar zur Nachtzeit stieg er empor in das Haus und in ihre Kammer ...« (1439)
»Glück« hatten dagegen jene Missetäter(innen), die »nur gestäubt« (ausgepeitscht) wurden: die Tochter des Kolditz,

Mögliche älteste Ansicht des Schlosses von Berlin

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peitscht deswegen, weil sie Bilsenkraut in die Öfen der Badestube am Krögel getan hat, daß die Leute im Bade beinahe erstickt wären« (1430); Else de Briczena (Else aus Britz) »ausgepeitscht vom Stadtknecht, weil sie dem Peter Wittenberg Geld entzogen hatte« (1438); eine gewisse Gertrude, Ehefrau des Tile Wolfes aus Cölln, wurde ausgepeitscht und außerdem »ihr ein Ohr abgeschnitten. Sie hatte in der Christnacht dem Peter Krüger aus Cölln einen Mantel gestohlen« (1441); »zwei öffentliche Dirnen, eine genannt Else Koniges, mit Spitznamen >Else mit den langen Titten (Else med den langen tytten)< stachen sich gegenseitig« (1442; Schwebel »übersetzt« das so: »d. h. sie sollten, nur mit dem Hemde bekleidet und aneinandergebunden, den flaschenförmig gestalteten >Lästerstein< tragen und mit spitzen Stöcken zum großen Jubel des Publikums auf einander losstechen«).9)

Privilegien im Kampf
gegen die Kriminalität

Woraus erklärt sich aber diese grausame Praxis des Strafrechts im spätmittelalterlichen Berlin?
     Zum einen waren es die politischen Verhältnisse jener Zeit schlechthin, die die kriminellen Hemmschwellen herabsetzten. Nach dem Aussterben der Askanier (1319/20) herrschten in der Mark Brandenburg kriegerische Zeiten. Die markgräfliche Herrschaft

unter den Dynastien der Wittelsbacher und Luxemburger war erheblich geschwächt.
     Adliges Raub- und Fehde-Unwesen, Straßenraub und Wegelagerei, Überfälle und Brandstiftungen und vor allem grassierendes Elend infolge Kriegen, Pest und Unmoral erzeugten Auflösungserscheinungen aller Art. Plünderung, Brandschatzung und Verheerung gehörten zum Alltag. Um dem wirksamer zu begegnen, hatten sich die märkischen Städte verstärkt Privilegien auch zur Bekämpfung der Kriminalität errungen; Berlin-Cölln zum Beispiel ließ sich diese Rechte 1384 von Markgraf Sigismund (1368–1437, Kurfürst 1378–1388 und 1411–1415) bestätigen. Nachdem Sigismund 1388 zum König von Ungarn gekrönt worden war, verpfändete er die Mark Brandenburg und ihre Städte an seinen Vetter, den Markgrafen Jobst von Mähren (1388–1411), gegen Zahlung von 565 263 Goldgulden.
     Der Markgraf überließ die Verwaltung der Mark seinen Statthaltern und Landeshauptleuten, so daß eine schwache Zentralgewalt kriminelles Treiben nur noch begünstigte. In jener Zeit wurde die Doppelstadt an der Spree eine nahezu freie Stadt, stieg zum städtischen Mittelpunkt der Mark Brandenburg auf und stand 1393 an der Spitze eines großen märkischen Städtebundes, der bemüht war, auch der grassierenden Kriminalität in den Städten wirksamer zu begegnen.
     Zum anderen gelang dem Rat von Berlin
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in dieser ebenso wirren wie spannungsvollen Zeit ein Coup von außerordentlichem Gewicht, »die wertvollste Erwerbung, die Berlin überhaupt im Mittelalter gemacht hat« (Berthold Schulze): Er kaufte gegen Zahlung von 356 Schock Groschen »das Schultheißenamt von Berlin und Cölln mit dem obersten und niedersten Gericht«. Der Erwerb der bis dahin landesherrlichen »hohen Gerichtsbarkeit«, des sog. Blutbanns, gab dem Stadtgericht freie Hand zur rigorosen Eindämmung der Kriminalität nach eigenem Ermessen. Das 1391 begonnene Berliner Stadtbuch diente mit seinen rechtlichen Fixierungen diesem Ziel. Es bringt das hohe städtische Selbstbewußtsein und die errungene Souveränität im Kampf gegen das Verbrechen zum Ausdruck. Härteste Strafbemessungen und Unverhältnismäßigkeit im heutigen Sinne im Umgang mit der Todesstrafe erklären sich aus dem Bemühen der Stadtobrigkeit, der damals ausufernden Kriminalität durch drastische Abschreckungsstrafen Herr zu werden. Nicht zufällig enden die Eintragungen über die Berliner Abschreckungsjustiz jener Zeit mit dem Gerichtsentzug von 1448, als Kurfürst Friedrich II. »Eisenzahn« (1413–1471, Kfst. 1440–1470) die städtische Unabhängigkeit der Doppelstadt gebrochen und das 1391 erkaufte höhere Gericht wieder entzogen hatte.
     So problematisch eine Gegenüberstellung jener Zeit mit unserer auch sein mag, darf
man bei aller Zurückhaltung doch festhalten: Kriminalität ist kein »Phänomen der Gegenwart«, keine »Ausgeburt moderner Zivilisation«. Die im Berliner Stadtbuch von 1399 bis 1448 erfaßten Kriminalfälle und 121 Todesurteile sprechen für sich. Und: Während heute in erster Linie die grausamen Verbrechen erschrecken, von denen wir täglich hören, erschrecken am Geschehen vor 600 Jahren in erster Linie die grausamen Strafen, mit denen Verbrechen damals geahndet wurden: Spieler mit falschen Würfeln erhielten die Todesstrafe, heute kann man sogar Hütchenspielern live beim Falschspiel zusehen ... Fortschritt der Zivilisation hat zwar die Barbarei damaliger Strafen aus unserem Leben verbannt, nicht aber die Barbarei krimineller Straftäter.
     Dazwischen klafft heute ein Abgrund, den zu überwinden eine der größten Herausforderungen unserer Zeit darstellt – auch und besonders in Berlin.

Quellen und Anmerkungen:
1 Der Berliner Rat ließ den übersichtlichen, in mehrere Abteilungen geordneten Text teils in mittelniederdeutscher und teils in lateinischer Sprache niederschreiben und binden. Dieses ebenso massiv wie kunstlos gefertigte Sammelwerk besteht aus insgesamt 163 Blättern, 128 Blättern eines Pergaments sowie 35 Papierblättern mit Wasserzeichen, die im 15. Jahrhundert das teure Pergament ablösten und nachgeheftet wurden. Der Plan zu diesem Werk

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entstand um 1382, nach dem furchtbaren Brand vom August 1380, um wieder verbindliche Rechtsvorschriften zu schaffen. Das Berliner Stadtbuch galt nach 1728 als verschollen und wurde erst 1834 durch den Berliner Bibliothekar S. H. Spiker in der Bremer Stadtbibliothek, von der es 1812 für 2 Taler und 42 Groschen angekauft worden war, wiederentdeckt. 1835 überließ der Bremer Senat die kostbare Handschrift dem Berliner Magistrat zur Abschrift; ein Jahr darauf machte er es der Stadt Berlin zum Geschenk. (Vgl. BM 10/95) Den Quellendruck von 1883 versah Paul Clauswitz (1839–1927), Historiker und Berliner Stadtarchivar, mit einer informativen Einleitung. Allerdings fehlte es an einer vollständigen Übersetzung ins Hochdeutsche, was der Bezirksbürgermeister a. D. und Oberregierungsrat i. R. Martin Ohm 1954 nachholte (Martin Ohm: Das mittelalterliche Stadtbuch von Berlin. Neu bearbeitet zu Studienzwecken auf Anregung der Verwaltungsakademie Berlin in den Jahren 1952 bis 1954, Privatsonderdruck, o. O. 1954). Das Original des Berliner Stadtbuches hat auch die Wirren des Zweiten Weltkrieges überlebt: Nachdem es in das Wallensteinschloß Friedland (Tschechoslowakei) ausgelagert worden war, erhielt es 1955 der damalige Ost-Berliner Magistrat von der CSR zurück, und es befindet sich heute im Landesarchiv Berlin. (Außenstelle Breite Straße)
2 Oskar Schwebel: Geschichte der Stadt Berlin, Berlin 1888, S. 229
3 Ebenda, S. 244
4 Adolf Streckfuß: 500 Jahre Berliner Geschichte. Vom Fischerdorf zur Weltstadt. Geschichte und Sage, Berlin 1886, S. 15
5 Vgl. Oskar Schwebel, a. a. O., S. 240/241
6 Ebenda, S. 244; vgl. auch Paul Clauswitz (Hrsg.): Das Berlinische Stadtbuch aus dem Ende des XIV. Jahrhunderts, Berlin (1883), S. XL–XLVI. In der Einleitung gibt Clauswitz einen kurzen Abriß der Geschichte des Berliner Stadtbuches und erläutert den Aufbau des Kleinods der Berlingeschichte
7 Adolf Streckfuß, a. a. O., S. 15
8 Zusammengestellt nach Paul Clauswitz (Hrsg.), a. a. O., S. XL–XLV und die jeweiligen Übersetzungen ins Hochdeutsche nach Martin Ohm, a. a. O., S. 197–225
9 Oskar Schwebel, a. a. O., S. 241

Bildquelle:
Max Ring, Kaiserstadt Berlin, Leipzig 1883

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© Edition Luisenstadt, 1998
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