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stattliches Alter von über 120 Jahren.
     Die alte Kohlhas-Eiche soll etwa 1 000 Jahre alt gewesen sein, ihr Stammumfang über 4 Meter betragen haben. Im Jahre 1870 wurde sie von einem Blitz getroffen und starb allmählich ab. Der morsche Baum wurde immer mehr zu einer Gefahr für die Anwohner und Besucher und mußte im Herbst 1873 abgenommen werden. Ein Gastwirt aus Kohlhasenbrück, Heinrich Beyer, ließ sie ausgraben und einen noch gut erhaltenen Ring abnehmen, dessen Reste sich heute im Heimatmuseum Zehlendorf befinden. Dieser Gastwirt pflanzte am 2. September 1873 an derselben Stelle eine neue Eiche zur Erinnerung an die Kohlhas-Eiche und an den Sieg bei Sedan im Deutsch-Französischen Krieg. Die Tafel wurde am Sedantag 1913 angebracht.
     Der Name der Eiche geht auf die Sage vom Pferdehändler Hans Kohlhaase zurück. Die Geschichte ist vor allem durch Kleists Novelle bekannt. Kohlhaase, ein angesehener Viehhändler aus Kölln, fühlte sich in einem Rechtsstreit mit sächsischen Behörden ungerecht behandelt und griff kurzerhand zur Selbstjustiz. Mit seinen bewaffneten Knechten fiel er in Sachsen ein. Nachdem er dem Kurfürsten einen Fehdebrief geschickt hatte, belagerte er das Schloß des Ritters von Zaschwitz, der ihm Pferde gestohlen hatte. Dann brannte er das Schloß nieder und jagte den Ritter von Ort zu Ort, wobei mehrere unschuldige Menschen
Hainer Weißpflug
Die »Kohlhas- Erinnerungseiche«

Der Bezirk Zehlendorf ist so reich an Naturschönheiten und Sehenswürdigkeiten, daß seine Naturdenkmale kaum Beachtung finden. Dabei gibt es im Bezirk eine große Anzahl alter und prächtiger Bäume, die schon seit längerer Zeit unter Naturschutz stehen. Einige von ihnen tragen sogar einen Namen, hinter dem sich oft geschichtliche Ereignisse, Überlieferungen oder Sagen verbergen. Erwähnt seien nur die »Hubertuseiche« vor der Gaststätte Hubertusbaude am Prinz-Leopold-Kanal in Kohlhasenbrück, die »Rehwieseneiche« oder die »Kohlhas-Erinnerungseiche«, die in diesem Beitrag näher beschrieben werden soll. Man findet sie am sichersten, wenn man mit der Buslinie 118 zum Königsweg in Kohlhasenbrück fährt. Nur wenige Meter von der Bushaltestelle entfernt steht die mächtige Eiche am Straßenrand.
     An ihrem Stamm befindet sich eine Tafel mit der Information: »Am Sedantage 1873, an Stelle der eingegangenen, aus dem 15ten Jahrhundert stammenden alten Kohlhas-Eiche«. Mit einem Umfang von 1,5 Metern und einer Höhe von ca. 17 bis 20 Metern hat sie auch schon wieder ein

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zu Tode kamen. Kohlhaase war damit zum Mörder und Räuber geworden. Und wurde nun selbst vom sächsischen Kurfürsten verfolgt.
     Auch mit seinem eigenen Landesherrn Joachim II. Hektor (1505–1571; Kurfürst seit 1535) geriet er in Konflikt, als er einen Silbertransport aus dem Mansfeldischen überfiel und die Silberbarren an einer Brücke über die Bäke ins Wasser versenkte.
     Joachim II. wollte diese Tat nicht ungesühnt lassen. Da man Kohlhaase in den brandenburgischen Sümpfen nicht ergreifen konnte, lockte man ihn in die Berliner Nikolaikirche, wo er im Haus des Küsters in Gefangenschaft geriet. Am 22. März 1540 wurden er, sein Mithelfer Georg Nagelschmied und der Küster der Nikolaikirche unter großem Massenauflauf auf das Rad geflochten.
     40 seiner Leute wurden auf dem Schafott gerichtet.
     Den Ort Kohlhasenbrück, jenen heutigen Zehlendorfer Ortsteil, in dem die Eiche steht, gab es damals noch nicht. Es ist nur von einem Teerofen und einer Gaststätte an der kleinen, über das Flüßchen Bäke gehenden Kohlhasenbrücke die Rede. Nachfolger dieses alten Kruges war jenes Gaststättenetablissement, dessen Wirt Heinrich Beyer die neue »Kohlhas-Erinnerungseiche« setzten ließ. In der Literatur über die Geschichte des Ortes gibt es Hinweise darauf, daß besagter Gastwirt ein besonderes Interesse an Zeugnissen der Geschichte
seiner Heimat hatte. So wird berichtet, daß er auf seinen Äckern am Griebnitzsee Pfeilspitzen, Messer, Sicheln, Werkzeuge, Schmucksachen und Münzen gefunden, gesammelt und gern den Gästen seiner Wirtschaft gezeigt habe. Die Funde führten um 1865/66 zu archäologischen Untersuchungen dieses Gebietes durch den Direktor der Kgl. Kunstkammer, Freiherrn von Ledebur. Auch der Direktor des Märkischen Museums, Geheimrat Ernst Friedel, besuchte zwischen 1875 und 1878 mehrfach die Grabungsstelle, wie in der Nummer 3/1966 der Blätter für Heimatpflege im »Grünen Bezirk« berichtet wird.
     Die Bäke und ihre Brücke existieren spätestens seit dem Bau des Teltowkanals nicht mehr. Die alte Kohlhasenbrücke soll sich allerdings nicht an jener Stelle befunden haben, an der heute die Eisenbahn über den Teltowkanal führt, sondern südlich derselben. Pfähle und Balken in einem dort gelegenen Grundstück deuten darauf hin. Vermutlich steht unsere Eiche in der Nähe jener Stelle, an der die Brücke über die Bäke führte.
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Die Ecke der Friedrich- und Behrenstrasse mit der Passage
Bildquelle:
Max Ring, die deutsche Kaiserstadt Berlin und ihre Umgebung, Leipzig 1883

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