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Horst Wagner
2. Oktober 1802:
Das Welpersche Badeschiff wird genehmigt

Es war die erste öffentliche Flußbadeanstalt Berlins und zugleich seine nobelste:
das Welpersche Badeschiff, auf der Spree an der Langen Brücke (heute Rathausbrücke) gelegen. Wann dort das erste Mal gebadet worden ist, darüber gehen die Angaben auseinander. Verbürgt ist der 2. Oktober 1802 als der Tag, da durch Allerhöchste Kabinettsorder das Gesuch des Stadtphysikus und Dekan des Medizinischen Oberkollegiums Dr. G. A. Welper genehmigt wurde, eine Badeanstalt an der Stelle anzulegen, wo nach seinen Untersuchungen das Spreewasser am reinsten war.
     Der Bau kam einem weit verbreiteten Bedürfnis nach. Die im Mittelalter üblichen öffentlichen Badestuben waren wegen der Verbreitung von Krankheiten und Seuchen schon lange geschlossen worden. Begüterte fuhren zwar in die diversen Badeorte, dem einfachen Volk blieb aber nur die Möglichkeit, in Seen und Flüssen zu baden, was natürlich nicht ungefährlich war, da die meisten Leute nicht richtig schwimmen konn-

ten. Auch deshalb erließ das Berliner Polizeidirektorium wiederholt Verbote wie dieses, in öffentlichen Gewässern zu baden:
» ... wird hiermit bey harter Ahndung untersagt und sollen die Übertreter dieses Verbots sofort arritirt werden«. Um 1790 veröffentlichte dann die Kunsthandlung Morino und Meltzer einen Aufruf, in dem für Berlin ein Badehaus gefordert wurde. Sie fragte bei allen Berliner Ärzten an, ob sie eine solche Einrichtung für notwendig und richtig hielten und bekam breite Zustimmung. Stadtphysikus Welper mußte sich zwar noch mit dem Gouverneur von Berlin, Generalfeldmarschall von Möllendorf, auseinandersetzen, der gegen das öffentliche Baden so nahe am Schloß war, was er offenbar für unschicklich oder sogar die Sicherheit der Majestäten beeinträchtigend hielt. Aber Welper hatte inzwischen schon den Zimmermeister Glatz mit dem Bau beauftragt, und auch der König persönlich gab schließlich seine Zustimmung für das Badeschiff und dessen Liegeplatz.
     So entstand bis Januar 1803 ein schwimmendes Badehaus im klassischen Stil. In seiner Mitte befanden sich Badezellen. Sie waren auf den Breit- und Schmalseiten des Schiffes durch einen Umgang verbunden, den zum Wasser hin dorisch-ionische Säulen schmückten. Die Baderäume waren in vier Klassen eingeteilt. Die der ersten Klasse erfreuten sich des Luxus von Papiertapeten und gemalten Decken, Lampen aus Alaba-
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Das Welpersche Badeschiff. Stich eines unbekannten Künstlers aus den L. L. Müllerschen Klebebänden, um 1820
ster und bis zum Boden reichenden Spiegeln. Die Wandregale und Fußbänke waren hier aus Mahagoni, die Kleiderhaken vergoldet, die hölzernen Badewannen innen mit Porzellankacheln belegt. Um auch im Winter baden zu können, gab es Öfen in den Baderäumen. In der ersten Klasse kostete das Warmbad einen Taler. In der schlichten vierten Klasse zwei Silbergroschen. »Personen mit zweifelhaftem Ruf« wurde es untersagt, das Schiff zu betreten und Bäder zu nehmen.
     Als 1827 dann das Welpersche Badehaus in der Neuen Packhofstraße öffnete, wurde der Badebetrieb auf dem Schiff an der Langen Brücke eingestellt. Inzwischen hatten
1811 eine von Palm und Friesen erbaute Flußbadeanstalt in Moabit, 1817 die Pfuel'sche Militärunterrichts- und Schwimmanstalt an der Köpenicker Straße und 1825 die Pochhammersche Badeanstalt an der Stralauer Brücke ihren Betrieb aufgenommen.

Bildquelle:
Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen Stiftung Preußischer Kulturbesitz

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