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Heidrun Siebenhühner
Der Mathematiker und das Wetter

Es ist nicht viel bekannt über diesen Mathematiker, Astronomen und Astrologen Jakob Cuno, genannt Conon, der in der Zeit von 1555 bis 1562 in Berlin Witterungsbeobachtungen durchführte.
     Er stammte aus Sachsen und wurde vermutlich um das Jahr 1530 in Döbeln, der »Stadt der drei Tore«, geboren. Um das Jahr 1550 zählte die Stadt Döbeln etwa 1 400 Einwohner und war, trotz des großen Stadtbrandes von 1523, zu einer der bedeutendsten Landstädte Sachsens geworden.
     Jakob Cuno besuchte in seiner Geburtsstadt die Lateinschule und nahm danach ein Universitätsstudium auf. Wann genau und wo er dieses Studium begann und in welcher Stadt er welche Universität besuchte, ist nicht bekannt. Ziemlich sicher ist jedoch, daß er seine Studien an der Universität Wittenberg beendete, die im Jahre 1502 von Kurfürst Friedrich dem Weisen von Sachsen (1463–1525) gestiftet worden war. Jedenfalls befand sich sein Name unter den 50 Kandidaten, die am 31. Juli 1554 an dieser Universität zum Magister promovierten. Ein »Jakobus Conon Dobelensis« (Conon war die nach der Sitte der Zeit latinisierte Form des Fami-

liennamens »Cuno«), also Jakob Cuno aus Döbeln, wurde nämlich als Nr. 28 in die Matrikel eingetragen und später mit dem Zusatz »Mathematicus Electoris Brandenburgiensis« versehen. Dieser Zusatz bedeutete, daß Jakob Cuno, der die sogenannten »sieben freien Künste« studiert hatte, sich besonders für Mathematik, Astronomie und Astrologie interessierte und daß er als Magister in die Dienste des kurfürstlichen Hauses Brandenburg getreten war, wo er sich als Mathematiker vor allem mit der Berechnung astrologischer Prognosen aller Art zu befassen hatte.
     Es war Kurfürst Joachim II. Hektor von Brandenburg (1505–1571), der den jungen sächsischen Gelehrten, der sich nach seinem Studium bis Ende August 1555 in Breslau aufgehalten hatte und bereits dort vom 1. März 1555 an – wenn auch unregelmäßig – Witterungsbeobachtungen durchgeführt hatte, als Hofastrologen an den Berliner Hof berief.
     In der damaligen Zeit wurde astrologischen Prognosen an den meisten europäischen Fürstenhäusern eine große Bedeutung beigemessen. Auch die Hohenzollern machten hierbei keine Ausnahme. Schon der Vater von Kurfürst Joachim II. Hektor von Brandenburg – Joachim I. Nestor (1484–1535, Kurfürst seit 1499), der die am 26. April 1506 eingeweihte Universität Frankfurt an der Oder (Viadrina) gestiftet hatte und selbst ein großer Anhänger der Astrologie war – beschäf-
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tigte an seinem Hofe den aus Bietigheim in Württemberg stammenden Astrologen und Professor der Mathematik Johann Carion (1499–1538). Dieser führte übrigens die ersten regelmäßigen Witterungsbeobachtungen in Brandenburg, in Frankfurt an der Oder, von 1533 bis 1536 durch.
     Der junge Magister Jakob Cuno traf im September 1555 in Berlin ein und erhielt seine Bestallung als »Kurfürstlich Brandenburgischer Mathematiker und Hofastronom« vermutlich am 13. November 1555. So wird es angenommen, denn in seinem – aus Breslau stammenden und nun in Berlin weitergeführten – meteorologischen Beobachtungsbuch findet sich unter diesem Datum die Eintragung: »Acceptus sum praeter opinionem in Astronomos a Joachimo 2 Electore.« (Entgegen der Meinung der Astronomen wurde ich von Joachim II. Hector akzeptiert.)
     Mindestens bis zum 31. März 1562 lebte und arbeitete Jakob Cuno in Berlin am Hofe des Kurfürsten Joachim II. Hektor von Brandenburg, denn bis zu diesem Datum lassen sich Witterungsaufzeichnungen von ihm aus Berlin nachweisen. Es wird aber angenommen, daß er seine gut bezahlte Tätigkeit als Hofastrologe am Brandenburgischen Hof noch bis zum Tode des Kurfürsten fortsetzte. Joachim II. Hektor starb am 3. Januar 1571 plötzlich und unerwartet im Schloß Köpenick.
     Neuer Kurfürst von Brandenburg wurde
sein Sohn Johann Georg (1525–1598, Kurfürst seit 1571). Er führte ein strenges Regime ein und veranlaßte rigorose Untersuchungen gegen alle Personen, die in irgendeiner Weise in der Gunst des verstorbenen Kurfürsten gestanden hatten.
     Ob und in welcher Art auch Jakob Cuno, der hochgeachtete Mathematiker und Hofastronom, von diesen Maßnahmen betroffen wurde, ist nicht genau bekannt. Vermutlich verließ er aber im Jahr 1571 Berlin und den Brandenburger Hof. Oder er mußte ihn verlassen, da der neue Kurfürst zu diesem Zeitpunkt den weitgereisten und berühmten Arzt, Alchimisten und Astrologen Leonhard Thurneysser (1551–1596, siehe BM 7/96) als »Leibmedicus« in seine Dienste stellte.
     Über den weiteren Lebensweg des Jakob Cuno ist nichts bekannt.
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© Edition Luisenstadt, 1997
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