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illegal erscheinenden Periodikum »Spartacus« der Name Spartakusgruppe einbürgerte, propagierte entsprechend den Vorkriegsbeschlüssen der internationalen sozialistischen Kongresse die Beendigung des Krieges und die Erkämpfung der Demokratie durch Massenaktionen bis zur revolutionären Erhebung. Damit setzte sich diese politische Gruppierung inhaltlich von der gerade entstehenden innerparteilichen SPD-Opposition ab, beteiligte sich aber zur gleichen Zeit am informellen Berliner Diskussionskreis, in dem alle Schattierungen von sozialdemokratischen Gegnern der Kriegskreditbewilligungspolitik vertreten waren, und arbeitete auch überregional mit der innerparteilichen Opposition zusammen. Diese Mitarbeit wurde im Februar 1916 durch den Ausschluß der Vertreter der Gruppe »Internationale« aus der Groß- Berliner Diskussionrunde nur vorübergehend unterbrochen.
     Durch Karl Liebknechts entschiedenes, öffentlichkeitswirksames Auftreten in den Parlamenten – Separatvotum gegen die Kriegskredite im Reichstag und scharfe Angriffe auf die Regierung im preußischen Landtag – sowie durch die entschiedene Kritik an Vertretern des Parteizentrums – besonders an Karl Kautsky – in der Zeitschrift »Die Internationale« wurde der Kreis um Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Franz Mehring Ansprech- und Sammelpunkt für die radikalen Elemente in der Partei. Dabei
Ottokar Lubahn
Die Berliner Basis der Spartakusgruppe (Herbst 1915 bis Oktober 1918)

Soziale Zusammensetzung und Zusammenarbeit mit der Spartakusführung

Die Geschichte der Arbeiterbewegung, insbesondere die der Sozialdemokratie, hatte in den 60er, 70er und teilweise noch in den 80er Jahren in der Historiographie beider deutscher Staaten einen relativ hohen Stellenwert. Ingo Materna hat diesem Themenkreis einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner wissenschaftlichen Arbeit gewidmet, darunter 1984 seine umfangreiche, höchst informative Habilitationsschrift über »Die revolutionäre Berliner Arbeiterbewegung 1914–1919. Die Herausbildung der KPD« gewidmet. Hierzu versuche ich, einige Ergänzungen zu geben.
     Der sich in der Ersten Weltkriegszeit in der Sozialdemokratie herausgebildet habende Kreis um Rosa Luxemburg, der sich nach seiner Zeitschrift Gruppe »Internationale« nannte und für den sich ab 1916 nach seinem

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wollten sowohl die führenden Mitglieder der Gruppe »Internationale« wie die sich um sie scharenden Genossinnen und Genossen keine neue sozialdemokratische Politik, sondern die konsequente Anwendung der für die Sozialdemokratie geltenden Beschlüsse aus der Vorkriegszeit.
     Wahrscheinlich in den letzten Monaten des Jahres 1915 kam es unter der Führung von Funktionären des Ortsvereins von [Berlin-] Neukölln zu gesonderten Besprechungen von aus verschiedenen Teilen Berlins und den Vororten stammenden Genossinnen und Genossen, die mit dem gemäßigten vorsichtigen Kurs der Berliner Opposition unzufrieden waren und ein energischeres Vorgehen gegen den Berliner Parteivorstand, in dieser Zeit noch mit Anhängern der Mehrheitsauffassung besetzt, sowie öffentliche Friedensaktionen forderten. Unter dem Deckmantel einer »Baugenossenschaft« besprachen diese radikalen Sozialdemokraten aktuelle politische Themen wie die Aktionsbereitschaft in der Arbeiterschaft und gaben bei bestimmten Fragen ihr Votum über den Kurs in der Gruppe »Internationale« ab, z. B. im Sommer 1916 darüber, ob die »Arbeiterpolitik« aus Bremen oder »Der Kampf« aus Duisburg den eigenen Anhängern als legale Zeitungen empfohlen werden sollten. Breiten Raum auf diesen Diskussionen nahm die Kritik an den Gewerkschaften ein. Die Initiative zur Gründung dieses Kreises ging höchstwahrscheinlich von der Basis aus und
nicht von den führenden Mitgliedern der Gruppe »Internationale«, die allerdings von Anfang an zu diesen Sitzungen hinzugezogen wurden und mit den wichtigsten Teilnehmern in intensivem Kontakt standen. Die Treffen der »Baugenossenschaft« dienten auch der Organisation des Versandes und der Verteilung der Spartakusflugschriften, was meist am Rande der Besprechungen – aus Gründen der Konspiration unter vier Augen oder im kleinsten Kreise – geregelt wurde.
     Von der Berliner Basis kommende Vorschläge – wie Anfang 1916 die Beitragssperre – griff die Führung der Gruppe »Internationale« auf und propagierte sie innerhalb der Gesamtopposition. Sie ließ diese Forderung jedoch wieder fallen, als im Sommer 1916 dafür keine Mehrheit in der Berliner Parteiorganisation zu erlangen war. Dem Druck von der Basis auf Gründung einer eigenen linksradikalen Partei wurde von den führenden Spartakusmitgliedern zu keinem Zeitpunkt nachgegeben, sondern intensiv für ein Verbleiben in der SPD bzw. für einen Anschluß an die USPD geworben, um nicht in die Isolation zu geraten. Von der Spartakusführung kommende Vorschläge für Resolutionen wurden nicht immer von der Basis in Berlin akzeptiert, wie Käte Duncker 1917 zu ihrem großen Ärger in der Kreisdelegiertenversammlung von Teltow- Beeskow- Storkow- [Berlin-] Charlottenburg erfahren mußte. Zumindest bis zum
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24. März 1918, als Leo Jogiches, der langjährige politische Kampfgefährte Rosa Luxemburgs, mit seiner Helfergruppe festgenommen wurde, standen die Vertreter der Spartakusführung – vor allem Jogiches – laufend im Kontakt mit der »Baugenossenschaft«, insbesondere mit ihren aktiven Mitgliedern. Die Spartakusführer gerieten allerdings dabei in Gefahr, die Meinung dieses radikal gesinnten kleinen Teils der organisierten Berliner Arbeiterschaft als in naher Zukunft mehrheitsfähig einzuschätzen, eine illusionäre Erwartung, die besonders zur Jahreswende 1915/16 zu einer verfehlten Taktik der Gruppe »Internationale« beitrug.
     Es war zwar aus einigen Publikationen bekannt, daß die Spartakusgruppe die Mehrheit im Wahlkreisverband Teltow- Beeskow- Storkow- Charlottenburg und einen starken Stützpunkt im Ortsverein Spandau besaß, jedoch war bisher in vielen Darstellungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung nichts über die »Baugenossenschaft«, also über die regelmäßigen Treffen von Spartakusanhängern aus verschiedenen Gegenden Groß-Berlins berichtet worden, obwohl dafür deutliche Nachweise in den Untersuchungsakten des Oberreichsanwalts beim Reichsgericht vorlagen. Offensichtlich auf Grund einer politischen Vorgabe durfte dieser früher im Zentralen Staatsarchiv der DDR in Potsdam lagernde Aktenbestand – heute im Bundesarchiv Berlin- Lichterfelde – vor der Wende nur
eingeschränkt genutzt oder ausgewertet werden.
     Diese Untersuchungsakten ermöglichen auch Aussagen über die soziale Zusammensetzung und die politisch- gewerkschaftliche Verankerung der Berliner Spartakusbasis. Hierzu wurden die Daten von 37 Personen benutzt, die nach der Verhaftung eines 15köpfigen Diskussionskreises der Berliner Spartakusgruppe, der »Baugenossenschaft«, am 24. Mai 1918 im Zuge der Ermittlungen in diesem, aber auch in anderen Untersuchungsverfahren als Spartakusanhänger festgestellt worden waren. Die Spartakusgruppe war keine Mitgliederorganisation, sondern jeder, der sich zu den in der illegalen Zeitschrift »Spartacus« propagierten Auffassungen bekannte, konnte sich als »Mitglied« oder Anhänger der Gruppe betrachten, auch wenn er nicht an der illegalen Arbeit der Spartakusgruppe direkt beteiligt war. Die 37 Personen, deren Daten ausgewertet wurden, hatten mehrfach an der Verteilung der illegalen Flugschriften oder an deren Versand in andere Orte teilgenommen oder waren im vollen Wissen an der Übermittlung konspirativer Nachrichten oder Geldsendungen beteiligt.
     Zum Punkt Alterszusammensetzung fällt auf, daß nicht etwa, wie von mir ursprünglich erwartet, bei den Spartakusanhängern ein Übergewicht von jüngeren Menschen festzustellen ist. Vielmehr sind die älteren und mittleren Jahrgänge stark vertreten:
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Von den 37 Personen waren sieben zwischen 51 und 60 Jahren, acht zwischen 41 und 50, 17 zwischen 31 und 40, nur vier zwischen 21 und 30, und eine Person war 16 Jahre alt. Hierzu in Verbindung steht die oft langjährige Mitgliedschaft in der Sozialdemokratie. Allerdings muß angemerkt werden, daß die Verbindung der Spartakusführung zur revolutionären Arbeiterjugend auf einer anderen Schiene lief. Die zentralen Helferinnen und Helfer aus der oppositionellen Arbeiterjugend gehörten der »Baugenossenschaft« zumindest Anfang 1918 nicht an.
     Die am häufigsten vertretene Berufsgruppe ist die der Arbeiter mit 19 Personen (sechs Metallarbeiter, fünf Tischler, drei Ungelernte, je ein Buchbinder, Glasmaler, Schuhmacher, Schneider und Schneiderin, vier Hausfrauen, vier Krankenkassenangestellte, drei Angehörige der technischen Intelligenz (zwei Techniker, ein Ingenieur), zwei Selbständige (Gärtnereibesitzer bzw. Uhrmacher und Goldwarenhändler), zwei Verkäuferinnen, ein Redakteur und eine Wirtschafterin.
     Beim Familienstand ist festzustellen, daß der größte Teil eine familiäre Bindung besitzt: 28 Verheiratete, davon 17 mit Kindern, nur fünf Ledige und zwei Verwitwete (zwei ohne Angaben).
     Auffallend zum Punkt Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei ist – entgegen meinen Erwartungen – die langjährige Mitgliedschaft bei einer größeren Zahl der Spartakusanhänger: Bei elf lag der Parteieintritt
vor über zehn Jahren, bei neun in den Jahren vor dem Weltkrieg, bei drei zu Beginn des Weltkrieges, wobei bei neun der Beginn der Mitgliedschaft nicht bekannt ist, zwei nicht der Partei angehörten und drei ohne Angaben sind. Unter den 37 zur Spartakusgruppe gehörenden Personen hatten während der Kriegszeit 18 Personen Parteifunktionen – in drei Fällen Doppelfunktionen – inne: drei gehörten dem Vorstand von Groß-Berlin an, einer war Vorsitzender, eine Beisitzerin einer Wahlkreiskommission, 15 waren Mitglieder des jeweiligen Ortsvorstandes, darunter vier Vorsitzende, zwei Kassierer, drei Schriftführer und sechs Bezirksführer, ein Genosse war in einer Statutenkommisison. Die meisten dieser Funktionäre finden sich im Ortsverein [Berlin-] Spandau (Teil von Liebknechts Reichstagswahlkreis) und in den Wahlkreisorganisationen Teltow- Beeskow- Storkow- Charlottenburg, hier besonders in den Ortsvereinen von Neukölln, Schöneberg, Friedenau und Charlottenburg.
     Zu den gewerkschaftlichen Verhältnissen der Spartakusgruppe in Berlin war bereits bekannt, daß neben dem unbedeutenden Verband der Kürschner die Berliner Geschäftsstelle des Verbandes der Handlungsgehilfen einen Stützpunkt der radikalen Linken bildete. Aus den Untersuchungsakten und Gewerkschaftsunterlagen konnten zwei weitere wichtige Verbindungsstränge der Spartakusgruppe zu Gewerk-
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   43   Probleme/Projekte/Prozesse Berliner Basis der Spartakusgruppe  Vorige SeiteNächste Seite
schaftsorganisationen in Berlin festgestellt werden: Die Tischler Alfred Wagner und Max Zirkel, zwei wichtige Helfer von Leo Jogiches, waren von den Berliner Delegierten des Holzarbeiterverbandes in der Kriegszeit als Beisitzer in den Bundesvorstand gewählt worden und nutzten erfolgreich ihre Stellung in der Berliner Holzarbeiterorganisation, um Unterstützer für die Spartakusgruppe zu gewinnen. Dagegen scheint der Techniker Richard Rosenstiel, ehrenamtlicher Vorsitzender des »Bundes der technisch- industriellen Beamten«, nur einige Einzelpersonen für die Spartakusarbeit gewonnen zu haben, darunter auch einen der Bundessekretäre, Willy Budich, später kurzzeitig Anführer des »Roten Soldatenbundes«. Der Maschinenmeister Wilhelm Müller aus [Berlin-] Spandau, 1916 und wahrscheinlich auch 1917 führend am Versand der Spartakusschriften beteiligt, war Schriftführer im Hauptvorstand des Verbandes der Maschinisten und Heizer, hat aber seine gewerkschaftliche Funktion nicht für eine bessere Verbreitung der Spartakusmaterialien nutzen können, jedenfalls gibt es keinen Beleg dafür in den Quellen.
     Insgesamt kann zur sozialen Zusammensetzung und zur politisch- gewerkschaftlichen Einbindung der Berliner Spartakusanhänger gesagt werden: In der Gruppe der aktiven Berliner Spartakusanhänger befanden sich keine Akademiker. Die Berufs und Alterszusammensetzung war breit gestreut.
Mehrere Personen aus der Spartakushelfergruppe bekleideten in ihren örtlichen Parteiorganisationen Funktionen, besaßen also das Vertrauen ihrer Genossinnen und Genossen. Einige dieser Spartakusanhänger bekleideten Spitzenpositionen in den Gewerkschaftsverbänden der Holzarbeiter, der technisch- industriellen Beamten und der Maschinisten und Heizer. Sie waren damit Vertrauenspersonen ihrer Kolleginnen und Kollegen. Die überwiegend aus Akademikern bestehende Führung der Gruppe »Internationale« besaß damit in Berlin eine direkte Bezugsgruppe, die voll zur Arbeiterschaft gehörte. Um nicht Fehleinschätzungen aufkommen zu lassen, ist hierbei zu betonen: Die Anhängerschaft der Spartakusgruppe stellte in der Groß-Berliner Parteiorganisation (zuerst SPD, später USPD) immer nur eine kleine Minderheit dar, wie verschiedene innerparteiliche Abstimmungen vom Sommer 1916 bis Dezember 1918 zeigten.
     Die Führung der Spartakusgruppe bestand im Gegensatz zur Basis überwiegend aus Intellektuellen, und zwar in einem Ausmaß wie kein anderer offizieller oder inoffizieller Leitungskreis in der Sozialdemokratie jener Zeit. Von den elf in der Kriegszeit zur Spartakusgruppe gehörenden Personen waren sechs promovierte Akademiker, ein Akademiker ohne Abschluß und eine Absolventin eines Lehrerinnenseminars, nur drei waren Facharbeiter, zwei davon unterdessen als
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   44   Probleme/Projekte/Prozesse Berliner Basis der Spartakusgruppe  Vorige SeiteNächste Seite
Parteiangestellte tätig.1) Dennoch handelte es sich hier nicht um eine Vereinigung von Theoretikern fern der Parteiorganisation und fern der Arbeiterschaft. Vielmehr besaßen die führenden Spartakusmitglieder auf Grund ihrer langjährigen aktiven Parteiarbeit – teilweise in Parteifunktionen, als Parteiangestellte oder Parteijournalisten – eine Vielzahl von Verbindungen zu den Genossinnen und Genossen in Berlin und im Reich, und sie waren fest in der Parteiorganisation verwurzelt und in dem sozialen Beziehungsgeflecht der sozialdemokratischen Bewegung voll eingebunden.
     Von den sieben Frauen der Berliner Spartakusbasis, zwei davon besonders aktiv an der illegalen Arbeit beteiligt, ist nicht bekannt, ob sie Funktionen in der sozialdemokratischen Berliner Frauenbewegung ausübten. Der Versuch der Spartakusführung, den Leitungskreis der bereits 1915 zu Aktionen schreitenden linken Berliner Genossinnen um Mathilde Wurm für die Auffassungen der Gruppe »Internationale« zu gewinnen, scheiterte sowohl im März 1916 wie Ende 1916.
     Dagegen war die Verbindung zur oppositionellen Berliner Arbeiterjugend zumindest in der Zeit von 1915 bis 1917 sehr eng. In der oppositionellen Arbeiterjugend stand der Spartakusgruppe sowohl in Berlin wie in anderen Gegenden des Reichs eine größere Helfergruppe zur Verfügung, zumindest bis September 1917, als viele an der Antikriegs-
arbeit beteiligte Jugendgenossen verhaftet oder an die Front geschickt wurden. Charakteristisch für die Beziehungen zwischen der Spartakusführung und der oppositionellen Arbeiterjugend war, daß die Spartakusführer die Eigenständigkeit der jungen Genossinnen und Genossen respektierten und sie nicht als willfährige Helferinnen und Helfer betrachteten. Hierzu verweise ich auf die detaillierten Angaben in der Dissertation des Leipziger Historikers Siegfried Scholze (Greifswald 1968) und in meinem Aufsatz im Archiv für Sozialgeschichte (1971).
     Abschließend soll hervorgehoben werden: Weder die führenden Mitglieder der Gruppe »Internationale« noch ihre Berliner Anhänger waren isolierte Außenseiter, sondern langjährige Mitglieder in der sozialdemokratischen Bewegung, zum Teil mit Funktionen auf verschiedenen Organisationsebenen der Partei und Gewerkschaft. Führung und Basis waren in den Arbeiterorganisationen und ihren Traditionen verwurzelt. Mit ihren politischen Auffassungen blieb die Spartakusgruppe aber nur eine kleine Minderheit, die – wenn man die in den Groß-Berliner Wahlkreisen plus Spandau verkauften Spartakusbriefe als Maßstab nimmt – wahrscheinlich ungefähr 1 000 Personen, im Höchstfalle 2 000, umfaßt haben mag, davon vielleicht 100 bis 200 aktive Helferinnen und Helfer. Angesichts dieser geringen Personalressourcen und der immer wieder auftretenden Ausfälle durch Verhaftungen und
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   45   Probleme/Projekte/Prozesse Berliner Basis der Spartakusgruppe  Vorige SeiteAnfang
strafweise Einberufungen zum Militär ist es erstaunlich, wie die Spartakusgruppe eine relativ intensive Flugblattverbreitung betreiben konnte, insbesondere vor und während der Massenstreiks im April 1917 und im Januar/Februar 1918 sowie in den Wochen vor der Novemberrevolution 1918.
     Die eine Voraussetzung für diese bei weitem umfangreichste Flugblattagitation auf dem linken Flügel der Sozialdemokratie war das organisatorische Geschick einiger Spartakusführer, vor allem von Leo Jogiches, der sich nicht scheute, für die Finanzierung des Flugschriftendrucks beträchtliche Summen von den linken bürgerlichen Pazifisten anzunehmen. Die andere Voraussetzung war eine aktive Basis der Spartakusgruppe in Berlin. Ohne die Einsatz- und Opferbereitschaft der kleinen Schar von Spartakusmitgliedern in Berlin hätte die Spartakusführung keine politische Wirksamkeit in den Massenaktionen während des Weltkrieges und am Ende des Weltkrieges erzielen können.

Anmerkung:
1     Promoviert: Rosa Luxemburg, Hermann Duncker, Karl Liebknecht, Julian Marchlewski (Karski), Franz Mehring, Ernst Meyer, Paul Levi; Studium ohne Abschluß: Berta Thalheimer, Leo Jogiches; Absolventin Lehrerinnenseminar Leipzig: Käte Duncker; Litograf: Hugo Eberlein; Tischler: Wilhelm Pieck, seit 1912 2. Sekretär des zentralen SPD-Bildungsausschusses und der Par-

teischule; Schmied: Karl Schulz, als Arbeitersekretär tätig (nur im Sommer 1918 zum Führungskreis gehörend)

Mit diesem Artikel setzen wir die Veröffentlichung von Beiträgen eines wissenschaftlichen Kolloquiums an der Humboldt- Universität zum Thema: »Stadt und Provinz, Berlin und Brandenburg« fort, das zu Ehren des 65. Geburtstages von Prof. Ingo Materna am 4. April 1997 stattfand.

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© Edition Luisenstadt, 1997
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