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isch »Verein Berliner Presse« genannt und am 20. August 1862 ins Register eingetragen. Erster Vorsitzender wurde Alexis Schmidt, der Chefredakteur der »Spenerschen Zeitung«. Zu den 43 Gründungsmitgliedern gehörte auch der später durch seine »Bilder aus dem Berliner Leben« bekannt gewordene Feuilletonist Julius Rodenberg. Zweck des Vereins war, laut erster Satzung, »persönliche Bekanntschaft mit geselligem Zusammensein zwischen den Schriftstellern verschiedener Parteirichtung und Lebensstellung«. Erstes Vereinslokal wurde das Café Belvedere hinter der Katholischen Kirche, wo seinerzeit auch schon der »Tunnel« getagt hatte. »Die erste Form, in der sich der Stiftungsgedanke geselliger Zusammenkünfte ausdrückte«, heißt es in der erwähnten Festschrift, »waren Eßabende«. Der erste fand am 8. Oktober 1862 statt. Auch war es inzwischen üblich geworden, zu festlichen Abenden einzuladen, bei denen es zu musikalischen und theatralischen Vorträgen von Vereinsmitgliedern und geladenen Künstlern kam. In Vorbereitung des zehnjährigen Vereinsjubiläums ging am 9. März 1872 ein solcher künstlerischer Abend – diesmal fand er im Berliner Konzerthaus statt – erstmals in einen großen Ball über, der, wie die »Vossische Zeitung« damals schrieb, die anwesenden Damen und Herren »noch einige Stunden sehr angenehm beschäftigte«. Der Berliner Presseball (BM 3/93) war geboren.
Horst Wagner
20. August 1862:
Verein Berliner Presse gegründet

Der Berliner Presseball ist als alljährliches gesellschaftliches Großereignis gut bekannt. Man weiß auch, daß es ihn schon lange gibt. Weniger bekannt sein dürfte, wie es zu ihm kam. Geht man der Sache auf den Grund, kommt man zum Schluß, daß am Anfang des Berliner Presseballs eigentlich die Eröffnung der Eisenbahn Halberstadt–Thale im Sommer 1862 stand. Zu der Einweihung hatte man namhafte Berliner Journalisten und Schriftsteller eingeladen. Schon bei der gemeinsamen Hinreise soll einer von ihnen gerufen haben: »Kinder, bleiben wir doch zusammen!« Im Hotel »Zehnpfund« zu Thale und auf der Heimreise – so jedenfalls kann man es in der 1912 erschienenen Festschrift »Der Verein Berliner Presse und seine Mitglieder« nachlesen – wurde die Idee des Zusammenschlusses weiter erörtert. Namen wie »Feder« und »Tintenfaß« für die zu gründende Vereinigung tauchten auf, auch wurde an die Tradition des seinerzeit von Saphir gegründeten Literaturvereins »Tunnel über der Spree« erinnert. Wieder an der Spree angekommen, wurde der neue Zusammenschluß dann ganz prosa-

© Edition Luisenstadt, 1997
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