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Vorschriften und Prüfungen, wenngleich territorial unterschiedlich, wobei die Berechtigung zur Eröffnung einer Apotheke vom fürstlichen Segen abhing. So ungeklärt bestimmte Aspekte des Betätigungsfeldes der Apotheker noch waren, es existierten eingefahrene Gewohnheiten, und so ließ sich die zuständige Obrigkeit über 30 Jahre Zeit, worüber der Große Kurfürst verstarb.
     Als es dann 1693 unter Kurfürst Friedrich III. (1657–1713; König Friedrich I. 1701–1713) zu einer erweiterten Fassung der Medizinalordnung von 1685 kam, war darin erstmals als selbständiger Bestandteil eine »Ordnung, wonach sich die Apotheker in Unseren Landen zu achten« haben. In der Ordnung von 1685 waren dem Apothekenwesen lediglich zwei Artikel (Nr. 11 und 12) gewidmet. Die 29 Artikel der neuen Ordnung wurden durch den Eid der Apotheker vom 30. August 1693 zusammengefaßt: »IHc ... schwere und gelobe GOTT den Allmächtigen und Allwissenden daß ich meiner Pflicht in der rechtmäßigen Vorsorge und Obsicht meiner Apotheken treulich wahrnehmen Seiner Churfürstlichen Durchlaucht, zu Brandenburg publicirte Apotheker-Taxe und Ordnung in allen und jeden Puncten und Articuln fest und unverbrüchlich halten und demselben nach meinem besten Verstand und Vermögen nachkommen die verschriebenen Recepte, in Nahmen und Gewichte Maaß oder sonsten nirgends worin ändern noch ein Stück vor das andere neh-
Bernhard Meyer
Eid der Apotheker

Handwerk und Handel waren seinerzeit in Brandenburg-Preußen, wie auch in anderen deutschen Landen, traditionell durch das Zunftwesen und deren Satzungen und Ordnungen geregelt. Die Apotheker, obwohl Hersteller und gleichzeitig Vertreibende, unterlagen nicht den Zunftzwängen. Das erbrachte ihnen mehr Vorals Nachteile, weil sie ihrem Gewerbe ungebundener nachgehen konnten, verschaffte ihnen jedoch seitens derer, die als »Materialisten« ebenfalls mit Kräutern, Salben, Ölen oder Pastillen handelten, Konkurrenz. Überhaupt herrschte, wie es in einem Brief von kurbrandenburgischen Leibärzten 1661 an Friedrich Wilhelm, den Großen Kurfürsten (1620–1688, Kfst. seit 1640) hieß, »grosse unordnung, nachlässigkeit« unter »apothekern, balbirern, badern, oculisten und steinschneidern, hebammen«, die mit ihrer Erwerbstätigkeit zwischen der Medizin und dem Zunftwesen standen. Während für die Ärzte der Eid des Hippokrates galt, bestand für andere medizinische Berufsgruppen bislang keine Eidesformel. Sie orientierten sich mehr oder weniger am hippokratischen Eid, ohne ihm verpflichtet zu sein. Für die Berufsausbildung der Apotheker bestanden allerdings

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aber das Curirens und Besuchens der Patienten mich enthalten insonderheit ohne der Medicorum Gutbefinden und Vorwissen keine Purgentia (Abführmittel – B. M.), Vomitoria (Brechmittel – B. M.), starcktreibende Medicamenta oder Opiata, vielweniger Gifft aus meiner Officin verkauffen oder jemand ohne gnugsame Untersuchung oder Versicherung abfolgen lassen und im übrigen mich also verhalten wolle wie es einem ehrlichen rechtschaffenden vorsichtigen und gewissenhaften Apotheker gebühret und wohl ansteht: So wahr mir GOTT helffe durch JEsum Christum.«
     Wie der Eid des Hippokrates, so besitzt auch der Apothekereid etliches von einem Appell, vor 300 Jahren gerichtet an das bürgerlich-moralische Verhalten bei der Herstellung und dem Vertrieb von Arzneimitteln. Der Eid konzentriert sich auf fünf wesentliche Aspekte einer standesgerechten Pflichterfüllung der Apotheker. Es sind dies die Einhaltung der Preise gemäß der Brandenburgischen Taxe, das Gebot der unverfälschten Ausführung der ärztlichen Rezepte, die Aufforderung zur Achtung der Ärzte, das Verbot zur Verabreichung von Opiaten und Giften an Patienten sowie die Untersagung von Patientenbesuchen. Es dominieren die Abgrenzung zum Geschäft der Ärzte und die Unterordnung unter die Ärzte. Dem Bürger als Patienten und Kunden dagegen wird eher eine sekundäre Rolle zugedacht, sein Wohlergehen nicht explizit betont.
men oder meinem Gesellen oder Jungen solches zu thun verstatten die sub mani approbatorium Medicorum zugefertigte Recepte treulich und sorgfältig verfertigen lassen
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