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Es geschah gestern in Berlin
Juni 1997

Was gestern noch Schlagzeilen machte, ist heute fast schon wieder in Vergessenheit geraten. Wir dokumentieren deshalb Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit.

1. Juni
Die wirtschaftliche Lage Berlins
hat sich laut Bericht der Wirtschaftsverwaltung weiter verschlechtert. Im ersten Quartal des Jahres gab es erneut deutliche Einbrüche gegenüber Anfang 1996.

2. Juni
Ex-DDR- Geheimdienstchef Markus Wolf
stellt im Berliner Ensemble (Mitte) seine im List-Verlag erschienenen Memoiren »Spionagechef im geheimen Krieg« vor. Das Buch erscheint zeitgleich in weiteren 14 Ländern.

3. Juni
Das Bundeskartellamt in Berlin
verhängt wegen illegaler Preis- und Quotenabsprachen Geldstrafen von 265 Mill. DM gegen 14 Kabelhersteller. Die Siemens AG muß 88,6 Mill. DM zahlen.
     »La Paloma«, das größte Binnenfahrgastschiff der Region Berlin- Brandenburg, geht auf Jungfernfahrt. Das 82 m lange Schiff ist u.a. mit modernster Konferenztechnik ausgestattet.
     Der Orden »Pour le mérite« für Wissenschaft und Künste wird im Berliner Schauspielhaus (Mitte) an die Choreographin Pina Bausch, den Schweizer Germanisten Peter von Matt und den Physik- Nobelpreisträger Rudolf Mößbauer verliehen.

4. Juni
Vladimir Ashkenazy, künstlerischer Leiter
des Deutschen Symphonie- Orchesters Berlin, übernimmt in zweiter Funktion das Amt des Chefdirigenten der Tschechischen Philharmonie.
     Berliner Unternehmen, die in Schieflage geraten, bekommen zukünftig Hilfe aus Brüssel. Die Europäische Kommission hat dazu einen Beihilfen- Fonds mit einem Volumen von 100 Millionen DM und einer Laufzeit bis Ende 2006 gegründet.
     Zwei kolossale Granit- Wannen werden im Entrée zum Alten Museum am Lustgarten (Mitte) aufgestellt. Damit wird der frühere Zustand des Eingangsbereichs der Antikensammlung wiederhergestellt.

5. Juni
Berlin setzt sich gegen mehrere Großstädte durch
und wird Sitz der Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG. Die neue Zentrale soll mit ihren 150 Arbeitsplätzen in Berlin- Mitte liegen.

6. Juni
Der Berliner Parlamentspräsident Herwig Haase
erhält vom zuständigen Landesforstamt Königs Wusterhausen eine Ordnungswidrigkeits- Anzeige, weil er neben seinem Lichtenrader Grundstück vier 45jährige Linden gefällt und 11 weitere Bäume gestutzt hat.

7. Juni
Hochsommerliches Wetter in Berlin
sorgt für Hochbetrieb an den Badeseen. Gegen Nachmittag muß der Zufahrtsweg zum Strandbad Wannsee wegen Überlastung gesperrt werden.
     Höhepunkt des diesjährigen Havelfestes ist ein Riesenfeuerwerk in Spandau. Das Fest steht ganz im Zeichen des 800. Jahrestags der urkundlichen Ersterwähnung der Havelstadt.

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8. Juni
86 mal Erste Hilfe müssen die Berliner Wasserretter
am Wochenende leisten. Vier Personen müssen ins Krankenhaus gebracht werden. Bei starkem Wind kenterten 52 Segelboote.
     Gegen den ausufernden Autoverkehr demonstrieren ca. 25 000 Radler mit einer Sternfahrt zum Brandenburger Tor. Erstmals gehört auch die AVUS ihnen allein.

9. Juni
Mit einem »Sleepin« kämpfen Berliner Obdachlose
gegen ihre »Vertreibung aus der Berliner Innenstadt«. Aus Protest breiten sie ihre Schlafsäcke in der Eingangshalle des Bahnhofs Zoo (Charlottenburg) zur Nacht aus.
     Als erstes U-Bahn-Netz der Welt ist das Berlins flächendeckend mit Mobilfunk ausgestattet, teilt die BVG mit. Die E-Plus- Mobilfunk- GmbH hat dafür über 20 Mill. Mark investiert.
     Die Einführung eines elektronisch überwachten Hausarrestes fordert die Vereinigung Berliner Strafverteidiger als Alternative zum geschlossenen oder offenen Strafvollzug in Berlin.

10. Juni
Ein Teil der abgetragenen Berliner Mauer
in der Bernauer Straße (Mitte) soll rekonstruiert und historisch getreu wiederhergestellt werden, beschließt der Berliner Senat.

11. Juni
Die Berliner SPD- Fraktion beschließt den Verkauf
aller Liegenschaften des Landes Berlin sowie aller öffentlichen Gebäude im Wert von 150 Milliarden DM zwecks Schuldentilgung.
     Ein fünftägiges Fest des deutschen Weines beginnt in Berlin. Rund um die Gedächtniskirche (Charlottenburg) werden über 150 Weine aus einheimischen Kellern präsentiert.

12. Juni
Der traditionsreiche Hersteller von Körperpflegemitteln
, die Berlin- Kosmetik GmbH, hat Antrag auf Gesamtvollstreckung gestellt. Das Ex-DDR- Unternehmen hatte ursprünglich 8 000, zum Schluß noch rund 100 Beschäftigte.
     Richtfest feiert der Rathaus- Neubau von Mitte. Das Gebäude entsteht anstelle des 1996 abgerissenen Hotels »Berolina« an der Karl-Marx- Allee und kostete rund 60 Mill. DM.

13. Juni
Der organisierte Zigarettenschmuggel in Berlin
soll so gut wie vollständig in der Hand russischer Hintermänner sein, teilt der Jahresbericht der Oberfinanzdirektion Berlin mit.
     Das 35. Deutsch- Französische Volksfest findet in Reinickendorf statt. Es ist den Schlössern an der Loire gewidmet.

14. Juni
Zum Gartenfest ins Schloß Bellevue
(Tiergarten) haben Bundespräsident Roman Herzog und Gattin Christiane 1 800 Gäste geladen. Sie bedanken sich auf diesem Weg für deren Engagement zugunsten der Mukoviszidose- Stiftung.

15. Juni
Im Rohbau des Reichstagsgebäudes
(Tiergarten) eröffnet Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth die »Schaustelle Berlin«. Schwerpunkte der 11wöchigen »Schaustelle« sind Führungen durch Ministerien und Baustellen im City- Bereich.
     Der Förderkreis Berliner Brunnen veranstaltet im Maritim Hotel pro Arte am Bahnhof Friedrichstraße (Mitte) eine Benefiz- Kunstauktion. Zur Versteigerung kommen mehr als 100 Bilder, Grafiken und Skulpturen bekannter Künstler.

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16. Juni
Die Humboldt- Universität belegt Platz 4
eines deutschlandweiten Universitäts- Test des Wochenmagazin »Focus«. Die Technische Universität landet auf Platz 19, die Freie Universität auf Platz 21, Sieger ist Marburg.

17. Juni
Grundsteinlegung zum Neubau
der Deutschen Genossenschaftsbank: Damit wird eine der letzten Baulücken an der Südseite des Pariser Platzes (Mitte) geschlossen. Der Bau wurde von dem US- Amerikaner Frank O. Gehry entworfen.
     Berlin steht nach Angaben des Bundeskriminalamtes nach Frankfurt/Main und Magdeburg auf Platz drei in der deutschen Kriminalitätsstatistik. Bei Mord und Totschlag liegt die Hauptstadt nach Kassel auf Platz zwei.

18. Juni
Eine Zehn-Zentner- Bombe britischer Herkunft
aus dem Zweiten Weltkrieg wird auf dem Gelände der Baustelle des neuen Präsidialamtes gefunden. Bundespräsident Herzog muß Schloß Bellevue aus Sicherheitsgründen räumen.

19. Juni
Überdurchschnittlich viele Ausländer leben in Berlin,
sie stellen knapp 13 % der Bevölkerung. Laut Statistischem Bundesamt in Wiesbaden lebten Ende 1996 rund 7,3 Millionen Ausländer in Deutschland, das sind 8,9 % an der Gesamtbevölkerung.

20. Juni
Ein »Ort der Erinnerung«
wird auf dem Gelände der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Synagoge in der Lindenstraße (Kreuzberg) eingeweiht. An dieser Stelle befindet sich heute die Landesvertretung der Barmer Ersatzkasse.

21. Juni
Die kalte Schulter zeigt Petrus
den Berlinern zum kalendarischen Sommeranfang. Die Temperaturen liegen 2 bis 3 Grad unter den für Juni normalen.

22. Juni
Das Gründerzeitmuseum im Gutshaus
am Hultschiner Damm 333 (Hellersdorf) wird wiedereröffnet. In der Ausstellung werden unbekannte Dokumente den Berlinern zugänglich gemacht. Museumsgründerin Charlotte von Mahlsdorf war kürzlich nach Schweden übergesiedelt.

23. Juni
Aus Anlaß des 75. Jahrestages der Ermordung
des Außenministers der Weimarer Republik, Walther Rathenau, am 24. Juni 1922 findet im Berliner Centrum Judaicum in der Oranienburger Straße (Mitte) eine Gedenkveranstaltung statt.

24. Juni
Einen »Rückverweisungsantrag« zum Verkauf
des Berliner Energieversorgers Bewag wird das Bundeskartellamt bei der EU-Kommission in Brüssel stellen, kündigt Dieter Wolf, Präsident der Behörde, in Berlin an.

25. Juni
Auf ein Gesamtsparpaket
einigt sich der Koalitionsausschuß von CDU und SPD nach 7stündiger Diskussion. Bereits ab 1999 sollen die Stadtbezirke von 23 auf 12 reduziert werden. Außerdem wurden ein kleineres Parlament und Vermögensverkäufe beschlossen.
     Andreas Nachama ist neuer Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Der 45jährige Historiker löst den derzeitigen Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, den 75jährigen Jerzy Kanal, ab.

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26. Juni
Auf einen kurzzeitigen Baustopp am Dorotheenblock
(Mitte) verständigen sich das Landesdenkmalamt und die Bauleitung. Das unter Denkmalschutz stehende Reichstagspräsidenten- Palais weist starke Risse auf. Es soll nun speziell gesichert werden.

27. Juni
Die Schließung des Flughafens Tempelhof
beantragt die Flughafen- Geschäftsführung im Aufsichtsrat der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF). Die BBF erwartet für 1997 in Tempelhof einen Verlust in Höhe von 21,3 Mill. Mark.

28. Juni
Zu Krawallen und schweren Auseinandersetzungen
mit der Polizei kommt es am Abend des Christopher- Street- Day's. Die Demonstranten führen aus Protest gegen die »Saubermannpolitik« des Senats eine Badewanne mit sich, aus der sie Schlamm verspritzen.
     Bei einer Nachtbus- Reportage wird ein SFB- Kameramann von Jugendlichen angegriffen und verletzt. Er filmte den Überfall von zwei Frauen auf einen Fahrgast.

29. Juni
Die Stephanus- Stiftung
in der Albertinenstraße (Weißensee), eine Wohlfahrtseinrichtung der evangelischen Kirche, u. a. für Behinderte, feiert ihr Jahresfest. Nach einem Festgottesdienst können die Besucher Behindertenerzeugnisse kaufen.

30. Juni
Die Neuauflage des Prozesses
gegen die frühere stellvertrende PDS- Vorsitzende Angela Marquardt beginnt vor dem Amtsgericht Tiergarten. Ihr wird »Beihilfe zur Anleitung von Straftaten« vorgeworfen. Der Prozeß endet mit einem Freispruch.

Erstmals nach mehr als zehn Jahren wird auf Berliner Baustellen wieder gestreikt. Betroffen sind nach Gewerkschaftsangaben 16 kleinere und mittlere Betriebe auf 60 Baustellen. Rund 650 Bauarbeiter sind beteiligt. Sie fordern u.a. 1,3 Prozent mehr Lohn.
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© Edition Luisenstadt, 1997
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